Langjährige Vorsitzende der Vereinigung Alt-Brettheim feiert sein letztes Fest
Stadtvogt Peter Dick sagt leise „Servus“

Peter Dick mit seiner Frau Monika in früheren Jahren. | Foto: privat
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  • Peter Dick mit seiner Frau Monika in früheren Jahren.
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Bretten (swiz) Ein Name, der seit Jahrzehnten untrennbar mit dem Peter-und-Paul-Fest verbunden ist, lautet Peter Dick. Der langjährige Vorsitzende der Vereinigung Alt-Brettheim, Stadtvogt und frühere Marktplatzsprecher feiert in diesem Jahr im Schatten der Corona-Krise sein letztes Fest als Stadtvogt. Im großen Interview mit der Brettener Woche spricht er über seinen Werdegang in der Peter-und-Paul-Welt, ganz persönliche Momente und er verrät, welche Szenen auf dem Fest für ihn besonders emotional sind.

Vor 51 Jahren, genauer gesagt am Samstag, 5. Juli 1969, so überliefern die Quellen, hast du als Junglehrer der Hebelschule deinen Posten als Marktplatzsprecher während des Peter- und Paul-Festes in Bretten angetreten. Wie kam es dazu?
Als junger Lehrer trat ich im April 1969 meinen Dienst an der Johann-Peter-Hebel-Schule an. Circa Mitte Juni stand ich mit dem damaligen Konrektor Heinz Hofer im Turnlehrerzimmer. Er telefonierte gerade und fragte mich nach Beendigung des Telefonats, ob ich mir vorstellen könne, bei dem – mir bis zu meinem Dienstantritt in Bretten unbekannten – Peter-und-Paul-Fest mitzuwirken. Ich sagte zu, und so begann meine 25 Jahre andauernde Tätigkeit als Sprecher der VAB.

Wenn du zurückschaust, was waren für dich die Höhepunkte deines „Sprecher-Daseins“ bei Peter-und-Paul? Was ist dir besonders im Gedächtnis geblieben?
Da mein „Dienst“ mit Beginn des Programms (1969 war das der Samstagnachmittag) begann und erst mit dem Programmschluss am Montag zu Ende ging, gab es viele besondere Momente. Dazu gehört beispielsweise der kleine Junge, der seine Eltern verloren hatte und nun bei mir am offenen Fenster saß und vor lauter Staunen über das Geschehen auf dem Marktplatz ganz seinen Kummer vergaß. Bewegend waren für mich der mit vielen kleinen Kerzen in den Marktplatzfenstern illuminierte Zapfenstreich; dazu ein zahlreiches und ruhiges und aufmerksames Publikum, was insgesamt zu einer feierlichen Stimmung führte. Ein besonderer Moment war auch der Auftritt der US-Army-Band, bei dem die Musiker teilweise über den ganzen Marktplatz ausschwärmten und einige gar aus verschiedenen Fenstern den Marktplatz beschallten.

In der Versammlung der Vereinigung Alt Brettheim am 22. Februar 1994 wurdest du dann einstimmig zum Vorsitzenden der VAB gewählt. War das ein logischer Schritt nach deiner Aufgabe als Sprecher oder eine überraschende Nominierung?
Das war weder ein logischer Schritt noch eine Überraschung. Ende der 80er Jahre hatte der damalige Stadtvogt Werner Sailer gemeint, er könne sich mich als seinen Nachfolger vorstellen. Das sollte sich früher als geplant ergeben. Als er 1992 ernsthaft erkrankte und im Dezember 1993 starb, wollte Manfred Klöpfer als zweiter Vorsitzender nur kurzfristig als Vertreter fungieren. Ich wurde gefragt, ob ich bereit sei, das Amt des ersten Vorsitzenden und Stadtvogts zu übernehmen, und ich sagte erneut zu.

Was waren die größten Aufgaben, die du in deinen ersten Jahren als Stadtvogt zu bewältigen hattest?
Das Fest verlagerte sich zunehmend in die Brettener Altstadt. Waren Amtshof, Kirchplatz und der Rathausvorplatz bereits belegt, wurde mir kurz nach meiner Wahl der Plan der Bauerngruppe zum Wechsel auf den Seedammparkplatz auf den Tisch gelegt. Außerdem wurde mir im Frühsommer ein erster Plan zur Bebauung des Sporgassenparkplatzes überreicht. Im Herbst legte ich dann eine Planung zur Umorganisation des bisherigen historischen und technischen Beirats zur Bildung eines Festausschusses vor, die zunächst nicht überall auf Zustimmung stieß, letztendlich aber akzeptiert wurde und sich bis heute bewährt hat. Schließlich wurden bereits 1995 mit der Stadt Vorgespräche über den Kauf der heutigen Vogtey geführt, was im Dezember 1996 zu einem Kaufvertrag führte.

Im Jahr 2004, nach zehn Jahren im Amt, standen dann gleich zwei große Jubiläen an. Zum einen gab es 500 Jahre Peter und Paul, zum anderen 750 Jahre Stadtrechte von Bretten zu feiern. Wie erinnerst du dich an dieses Jahr?

Intensive Vorbereitungen waren notwendig, und das führte zu spektakulären Veranstaltungen. Bereits 1998 trafen wir uns an einem Wochenende zur Vorbereitung in Bad Herrenalb; ein weiteres folgte 2002 in Oberwolfach. Außerdem gab es mehrere Gespräche mit den Bürgermeistern von Illingen, Maulbronn und Knittlingen wegen der Durchführung des Trosses. Dieser entpuppte sich als hochkarätige mehrtägige Veranstaltung im Jubiläumsjahr 2004. Ebenfalls erfolgreich wurde der Marktplatz in eine riesige Tafeley verwandelt, und das Jubiläumsjahr wurde mit einer Auftaktveranstaltung sowie einer Schlussveranstaltung, jeweils in der Stadtparkhalle, umrahmt.

Wiederum zehn Jahre später, im Jahr 2014, wird das Peter-und-Paul-Fest in das Verzeichnis „Immaterielle Kulturerbe“ aufgenommen. Warum gehört für dich das Fest zu Recht in diesen elitären Kreis?
Zur Bewertung vorgeschlagener Kulturträger gibt es sowohl auf der Länder- als auch auf der Bundesebene jeweils eine Expertenkommission. Diese legen für ihre Beurteilung folgende Kriterien zugrunde:
• Hinreichend belegtes Alter und entsprechende Tradition als kulturelles Erbe
• Herausragende kulturelle bzw. kulturgeschichtliche Bedeutung
• Ehrenamtliches Engagement der Funktionsträger und Organisatoren ohne Gewinnerzielungsabsicht
• Regionaltypische und identitätsstiftenden Wirkung für einen bestimmten geographischen Raum.
Darüber hinaus wurden beim Peter-und-Paul-Fest sowohl die Integrationsfähigkeit als auch die zahlreichen Kontakte zu Gruppen in ganz Europa positiv gewertet. Da diese Voraussetzung zur Aufnahme in das bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes meiner Meinung nach vorlagen, plädierte ich für eine Bewerbung, und die Kommissionen kamen zum gleichen Ergebnis, so dass ich zusammen mit OB Martin Wolff und Kulturamtsleiter Bernhard Feineisen im März 2015 in Berlin die entsprechend Urkunde in Empfang nehmen durfte.

Du wirst in diesem Jahr dein Amt als Stadtvogt nach 26 Jahren zur Verfügung und dich nicht mehr zur Wiederwahl stellen. Wie schwer ist dir dieser Entschluss gefallen, vor allem vor dem Hintergrund, dass dein letztes Peter-und-Paul-Fest kein reales sein wird?

Den Entschluss, mich 2021 mit fast 77 Jahren nicht mehr zur Wiederwahl zu stellen, habe ich mir reiflich überlegt, und diesen Beschluss bereits bei der letzten Wiederwahl 2017 verkündet. Dass nun wegen der Pandemie das diesjährige Fest abgesagt werden musste, stimmt mich traurig, hat aber auf meine Entscheidung keinen Einfluss. Ich kann mich ja an wunderbare 26 Feste erinnern.

Nicht nur Corona, auch die vergangenen Jahrzehnte, haben das Peter-und-Paul-Fest stark verändert. Was waren für dich die prägendsten Veränderungen des Stadtfestes während deiner Amtszeit?
Verändert haben sich im Lauf der Jahre vor allem die äußeren Bedingungen. Ein Fest zu organisieren erfordert die Beachtung vielfältiger Gesetze und Vorschriften; von den Sicherheitsvorgaben über Haftungsfragen, über baurechtliche Bestimmungen, Waffengesetze und Datenschutz bis hin zu Brandschutz und Hygienevorgaben oder individuelle Ansprüche, um nur einige zu nennen. Zum Glück steht trotz aller Vorschriften bei den Aktiven nach wie vor das Engagement, ein gelungenes Fest zu feiern, im Vordergrund. Und gemeinsam mit unserem Mitveranstalter Stadt Bretten, den Ämtern, Behörden und Institutionen haben wir noch jedes Jahr einen gangbaren Weg gefunden.

Das Coronavirus hat ein großes Fest in den Gassen der Altstadt zu deinem Abtritt ja wie schon erwähnt, leider verhindert. Stattdessen wird es ein virtuelles Fest geben, das von der VAB ebenso einen riesigen Organisationsaufwand erfordert. Wie siehst du diese Entwicklung von der realen in die virtuelle Welt?
Einerseits ist für uns der Umgang mit Internet und den sozialen Medien nicht ganz Neues. Bereits seit 2011 betreiben wir eine Homepage, die von Annette Franck mit viel Engagement erstellt und gepflegt wird. Als Ersatz für das ausgefallene Fest 2020 wurde die Idee zu einem virtuellen Fest geboren. Dazu werden zu für das reale Fest vorgesehenen Programmpunkten Aufnahmen aus zurückliegenden Festen gepostet. Hinzu kommen einige Live-Aufnahmen, die auch über YouTube zu empfangen sind. Alles erfordert eine Menge an Vorarbeiten, und wir sind auf das Ergebnis und die Reaktionen gespannt. Klar ist jedoch, dass ein virtuelles Fest ein reales niemals ersetzen kann, und so gehen wir davon aus, dass sich das Festgeschehen 2021 wieder real im Herzen der Stadt abspielt.

Dein „Leben“ als Stadtvogt endet in diesem Jahr, deine Liebe zu Peter-und-Paul ist aber ungebrochen. Wirst du dem Fest in Zukunft „nur“ noch als Besucher erhalten bleiben oder werden wir dich noch einmal in einer anderen Funktion bei der VAB erleben?
Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Sicher ist, dass ich der VAB und unserem Heimatfest nach über 50 Jahren Mitwirkung weiterhin verbunden bleibe. In welcher Weise bleibt abzuwarten.

Dein Nachfolger als Stadtvogt wird, soviel ist klar, in große Fußstapfen treten. Was kannst du dem Neuen, wer immer es auch wird, aus deiner Erfahrung mit auf den Weg geben?
Da ein neuer Vorsitzender und Stadtvogt eine eigenständige Person ist, werde ich nicht mit Ratschlägen aufwarten. Aus meiner Erfahrung heraus war es für mich hilfreich, dass ich beruflich in Bretten tätig war und vieles auf kurzen Wegen und auch spontan erledigen konnte. Außerdem war es mir wichtig, zu allen verschiedenen Gruppen ein offenes und gutes Verhältnis aufzubauen, um bei unterschiedlichen Meinungen immer wieder auf unser gemeinsames Ziel hinzuwirken: zusammen mit allen Aktiven und den zahlreichen Besuchern ein gelungenes Fest zu feiern und dem Anspruch, immaterielles Kulturerbe zu sein, weiterhin gerecht zu werden. Schließlich habe ich mich dafür eingesetzt, mit unseren Partnern in der Stadt, in Ämtern, Behörden und Institutionen vertrauensvoll zum Wohle unseres Fests zusammenzuarbeiten.

Noch eine ganz persönliche Frage: Gibt es einen Moment auf dem Peter-und-Paul-Fest, bei dem du auch nach so vielen Jahren immer noch Gänsehaut bekommst, den du ganz besonders schätzt?
Es fällt mir schwer, bei so vielen bewegenden Momenten diesen oder jenen herauszugreifen. Nennen möchte ich aber, dass es mich jedes Jahr erneut berührt, wenn der Musikzug beim Zapfenstreich das „Ich bete an die Macht der Liebe“ spielt oder wenn bei der ökumenischen Morgenfeier am Sonntagmorgen im Friedhof zur Melodie von „Ich hatt´ einen Kameraden“ Salut geschossen wird. Ein richtig gutes Gefühl hat sich auch jedes Jahr eingestellt, wenn wir am Montagabend im Kreise engagierter Mitmenschen zum Festausklang angestoßen haben und ich am Dienstagmorgen bestätigt bekam, dass das Fest wiederum überwiegend friedlich und gelungen ablief und sich das gemeinsame Engagement gelohnt hatte.

Immer an deiner Seite war und ist auch deine Frau Monika. Welchen Anteil hat sie an deiner aktiven Zeit als Marktplatzsprecher und Stadtvogt?
Meine Frau hat das alles von Anfang an mitgetragen und war in all dieser Zeit immer eine wichtige Stütze für mich. 1974 und 1977 wurden ja auch unsere Kinder geboren, das war noch während meiner Sprecherzeit. Wenn wieder eine Neuwahl anstand, hat sie immer zu mir gesagt: ‚Wenn das für dich in Ordnung ist, dann ist das auch für mich in Ordnung‘.

Mehr zum Peter-und-Paul-Fest lesen Sie auf unserer großen Themenseite.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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