"Geschichte greifbar machen"
Wie die Peter-und-Paul-Ehrenamtlichen die (Sommer-)Pause für Recherche und Organisation nutzen
Bretten (hk) Die große Peter-und-Paul-Familie ist bekannt für ihre engagierten Ehrenamtlichen, die das jährliche Fest stets zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. Doch wie verbringen sie die (Sommer-)Pause zwischen dem vergangenen und dem kommenden Fest? Unsere Redaktion hat sich erkundigt, wie sich die Ehrenamtlichen während dieser Monate mit dem Thema Mittelalter auseinandersetzen und wie die Vorbereitungen für das nächste Fest voranschreiten.
Unermüdliche Arbeit hinter den Kulissen
Thomas Lindemann gibt auf Nachfrage preis, dass er sich als Stadtvogt "im Wesentlichen an fünf Tagen im Jahr mit dem Peter-und-Paul-Fest" beschäftige – als Vorsitzender der Vereinigung Alt-Brettheim (VAB) widmet er sich natürlich auch an den verbleibenden 360 Tagen des Jahres den anfallenden Aufgaben rund um das Fest.
Das Peter-und-Paul-Fest mag für die Besucher das Highlight des Brettener Veranstaltungskalenders sein, doch hinter den Kulissen geht die Arbeit nahtlos weiter, auch wenn die letzten Fahnen längst eingerollt und die Gewänder bis zu ihrer nächsten Verwendung sicher verstaut sind. „Wir fahren die Motoren also nicht etwa erst einmal voll herunter und versinken dann in Herbstlese und Winterschlaf“, erklärt der Vorsitzende der VAB. „Wir arbeiten kontinuierlich weiter." Ein Fest dieser Größe erfordere das.
Tatsächlich würde bereits unmittelbar nach dem Fest eine ganze Reihe von Nachbesprechungen beginnen, um die frisch gemachten Erfahrungen mit dem gerade beendeten Fest auszuwerten. „Festausschuss- und Ämtersitzung etwa, zwei große Runden“ zählen insbesondere dazu. Darüber hinaus gebe es zahlreiche "bilaterale Gespräche und kleinere Treffen", um die gewonnenen Erkenntnisse in die kommenden Planungen zu übertragen. „Eine wirkliche Sommerpause gibt es nicht“, stellt Lindemann fest. Es sei nicht unbedingt erforderlich, dass bei jedem Treffen alle anwesend sind, aber die Planungen und Vorbereitungen für das kommende Jahr seien in den unterschiedlichen Vereinsbereichen bereits in Gange.
Leidenschaft für Geschichte – auch abseits des Festes
Nach der Evaluierung des letzten Festes gehe es direkt ans „Tuning“ für die nächste Runde. Ein Feinschliff hier, eine neue Idee dort – die Räder stehen bei der VAB niemals still. „Mindestens einen PuP-Kontakt gibt es täglich“, bemerkt Lindemann und erklärt, dass dies auch mit den vielen engen Bekanntschaften und Freundschaften zusammenhänge, die sich im Laufe der Jahre entwickelt haben und die man gerne pflege.
Der Blick in die Vergangenheit hört für Lindemann jedoch auch privat nicht auf, genauso wie bei den meisten anderen "Peter-und-Paulern". Als passionierter Verleger im "echten Leben" bleibt er auch außerhalb des Festes dem Thema treu. So bereite sein Verlag derzeit die Veröffentlichung zweier Bücher zum Mittelalter vor. Darüber hinaus ist der dritte Band einer fünfbändigen Romanreihe frisch erschienen, die sich mit der Entdeckungs- und Eroberungsgeschichte Mittel- und Südamerikas zwischen 1492 und 1542 befasst.
Vorbereitungen für 500-jähriges Jubiläum des Bauernkriegs auf Hochtouren
Auch bei Linda Obhof verbinden sich auf einzigartige Weise ihre privaten Interessen und ihr Beruf. „Eigentlich setze ich mich das ganze Jahr über mit Geschichtlichem auseinander“, erklärt Obhof. Dies zeigt sich in ihrer Funktion als Leiterin des Stadtmuseums in Bretten, wo sie jüngst am Tag des offenen Denkmals zahlreiche Gäste durch das Gerberhaus führte und Wissenswertes über das Gebäude, das Gerberhandwerk und dessen Geschichte vermittelte.
Neben ihrer beruflichen Tätigkeit im Stadtmuseum ist Obhof auch aus den beliebten Gewandberatungen bekannt. Hier ist sie ehrenamtlich als Mitbegründerin der IG Gewand aktiv. Ihr Interesse erstreckt sich darüber hinaus auf mittelalterliche Alltagskultur, insbesondere auf die Keramik aus dem Kraichgau. Derzeit promoviert sie an der Universität Tübingen zu diesem Thema. Ein weiteres Ereignis, auf das sich Obhof intensiv vorbereitet, ist das 500-jährige Jubiläum des Bauernkriegs im Kraichgau im Jahr 2025. Anlässlich dieses Jahrestags planen Museen und Institutionen der Region – auch auf Initiative von Obhof – eine Reihe von Projekten. Abschließend fügt sie hinzu: „Der Ursprung all dessen, was privat und in meinem Hobby passiert und auch meinen Beruf betrifft, ist der Wunsch, Geschichte greifbar zu machen.“
Frühzeitige Abstimmung mit Gastfanfarenzügen
Auch der Fanfarenzug Bretten bleibt nach dem Fest voll in Fahrt, wie Gerhard Schwarz, der erste Vorsitzende des Vereins, auf Nachfrage erklärt. Zeitnah nach dem Fest habe man sich zusammengesetzt, um das vergangene Fest zu reflektieren. Die Vorstandschaft treffe sich dann etwa alle vier Wochen. „Für uns als Fanfarenzug gehen natürlich auch im Sommer die Proben für die Fanfarenbläser und Trommler sowie für die Fahnenschwinger das Training weiter“, erläutert Schwarz. Denn der Fanfarenzug ist nicht nur auf dem Peter-und-Paul-Fest präsent, sondern nimmt auch an ähnlichen Festen und großen Fanfarenzugtreffen teil. Die Proben richte man bereits teilweise auf das nächste Peter-und-Paul-Fest aus. Neue Stücke werden einstudiert, die im kommenden Jahr aufgeführt werden. Ab Herbst konkretisieren sich die Planungen für das nächste Fest. „Ab etwa November steigen wir tiefer ein und gehen unsere Checkliste Schritt für Schritt durch“, erläutert Schwarz. In dieser Phase stehen nicht nur behördliche Genehmigungen und der Termin für den Lageraufbau auf der Agenda, sondern auch die Einladung der Gastfanfarenzüge, die in Absprache mit dem Bereichsleiter Fanfarenzüge frühzeitig in die Wege geleitet werde. Ein Highlight der Vorbereitungen sei das dreitägige Probenwochenende im Frühjahr. "Hier wird intensiv geprobt, marschiert und es werden Aufmärsche sowie Abmärsche geübt", berichtet Schwarz. Hinter den Kulissen kümmert sich der Verein um seine Ausstattung, stellt sicher, dass genügend Uniformen und Instrumente vorhanden sind und prüft, ob Reparaturen notwendig sind.
„Ein Mann, viele Epochen“
„Ein Mann, viele Epochen“ – so lässt sich das vielfältige Engagement von Matthias Goll treffend beschreiben. Auf dem Peter-und-Paul-Fest tritt er als Mitglied der Gruppe „Albrecht Schedels Fähnlein“ in Erscheinung. Bei historischen Veranstaltungen in Europa sieht man ihn in verschiedenen Ausstattungen, er tritt als Handwerker und Kanonier in den 1480er-Jahren oder als Landsknecht und Kanonier um das Jahr 1504 auf. „Nahezu meine gesamte Ausrüstung habe ich selbst gefertigt“, erklärt Goll. Dazu zählen handgenähte Kleidung, geschmiedete Feuerwaffen, Blankwaffen sowie Armbrustwinden. Darüber hinaus ist er Mitglied der Brettener Gruppe IG Gewand und war auch maßgeblich an der Entstehung des Buches „Um 1504 – Die Kleidung“ beteiligt. Seine Expertise erstreckt sich auf das gesamte Spektrum historischer Reproduktionen. So erklärt er: „Ich recherchiere, berate und leiste handwerkliche Hilfe das ganze Jahr über." Der Schwerpunkt seiner Arbeit liege auf der eigenständigen Herstellung von Reproduktionen, die sich auf Quellen aus der Zeit um 1504 stützen. Diese umfassen Kleidung, Waffen, Rüstungen und Möbel.
Der Brettener ist auch in der „Gesellschaft für historische Waffen- und Kostümkunde“ aktiv. In diesem Rahmen besucht er Vorträge, hält eigene Vorträge und verfasst wissenschaftliche Artikel über historische Rüstungen für die Vereinszeitschrift „Waffen- und Kostümkunde“. „Mit Freunden forsche ich zur Technologie historischer Rüstungen", verrät Goll, wobei unter anderem röntgenbasierte bildgebende Verfahren zum Einsatz kommen. Seit 2021 engagiert er sich auch noch mit der Initiative „Altstadtrettung Bretten“ für den Erhalt des historischen Stadtbildes, um dieses als "Kulisse für das Peter-und-Paul-Fest so gut wie möglich zu bewahren“, wie Goll selbst erklärt. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Bretten werde das Stadtbild vergangener Zeiten mithilfe von Fotos, Karten, Plänen und Akten rekonstruiert. Das Ergebnis dieser Bemühungen war im Jahr 2023 die Aufstellung eines Bronze-Stadtmodells auf dem Marktplatz. Doch damit endet die Arbeit der Initiative nicht: Goll hat weitere historische Dokumente entdeckt und widmet sich nun der Rekonstruktion des mittelalterlichen Spitals, dessen Grundrisse er aufgespürt hat.
Präsenz auf Mittelalterfesten: Mehr als nur ein Event im Jahr
Auch die "Seifensieder" nutzen die Gelegenheiten, um auf anderen Mittelalterfesten Präsenz zu zeigen. „Diese sind eine schöne Gelegenheit, ein Mittelalterfest mal als Besucher zu erkunden“, erklärt Felix Frank, ein aktives Mitglied der Gruppe. So waren die Seifensieder bereits beim Mittelalterspektakel am Dobel und planen nun, den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt in Karlsruhe-Durlach zu besuchen. Darüber hinaus hat die Gruppe als aktive Teilnehmer das Seifenhandwerk des Mittelalters in Waldkirch präsentiert und wird im September in Staufen vertreten sein. Solche Ausfahrten seien eine wertvolle Möglichkeit, "mehr als einmal im Jahr in die Zeit des Mittelalters einzutauchen".
Ergebnisse und (Verbesserungs-)Vorschläge aus der Nachbesprechung im Herbst würden in der Jahreshauptversammlung weiter vertieft. Anfang dieses Jahres haben die Seifensieder neue Gatter gebaut, um den vergrößerten Standplatz abzugrenzen. "Erste Planungen sind also durchaus schon deutlich vor dem Fest in Gange", so Frank. Er fügt hinzu: "Viele Abläufe in den Wochen und Monaten vor dem Fest sind inzwischen zur Routine geworden." Die Vorstände der Seifensieder, darunter auch Martin Rothfuss, würden regelmäßig an Sitzungen der VAB teilnehmen, um sich für die Gruppe zu informieren. Neben diesen Vereinssitzungen und der Kommunikation auf digitalem Weg nutze man gerne gesellige Veranstaltungen wie die Weihnachtsfeier, um Themen zu diskutieren. Auch Grillfeste im Frühjahr und Sommer böten Gelegenheit, nicht nur gesellig beisammen zu sein, sondern bereits Seife für den Verkauf im kommenden Jahr zu umfilzen, wie Frank erklärt. hk
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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