Anfechter der Brettener OB-Wahl zweifelt an Entscheidung des Regierungspräsidiums / Klageweg vorbehalten

Der Anfechter der Brettener Oberbürgermeisterwahl vom Dezember 2017, Klaus-Georg Müller, zweifelt an der Begründung des Regierungspräsidiums Karlsruhe, das gestern nach dreimonatiger Prüfung die Wahl für gültig erklärt hatte. Im Folgenden dokumentieren wir eine heute veröffentlichte Pressemitteilung seines Rechtsanwalts Dr. Joachim Becker von der Pforzheimer Rechtsanwaltskanzlei Dr. Becker, Forster, Riegert im Originalwortlaut.

Die Überprüfung der Oberbürgermeisterwahl in Bretten durch das Regierungspräsidium Karlsruhe hat ergeben, dass eine wesentliche Vorschrift über die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses verletzt worden ist. Die Wahl sei aber dennoch gültig, weil das Wahlergebnis dadurch nicht beeinflusst worden sei. Die Bürgerinitiative um den Einsprecher Klaus-Georg Müller ist der Auffassung, dass die Über-prüfung der Oberbürgermeisterwahlen ein Dienst an der kommunalen Demokratie sei. Die Bürgerinitiative will in den nächsten Tagen entscheiden, ob der Gesamtvorgang zum Gegenstand einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe gemacht werden soll.

Der Ausgang der Oberbürgermeisterwahl vom 03.12.2017 war denkbar knapp. Den Amtsinhaber Martin Wolff trennten zunächst nur zwei Stimmen vom nächsten Bewerber Aaron Treut. Die Überprüfung ergab dann eine Mehrheit für den Amtsinhaber von 12 Stimmen. Der Brettener Bürger Klaus-Georg Müller, unterstützt durch eine Initiative, legte gegen das Wahlergebnis Einspruch ein. Der Einspruch wurde von 159 Wahlberechtigten unterstützt. Der Einsprecher lässt sich durch die Pforzheimer Rechtsanwaltskanzlei Dr. Becker, Forster und Riegert vertreten; federführend für das Einspruchsverfahren ist der ehemalige Oberbürgermeister der Stadt Pforzheim und Rechtsanwalt Dr. Joachim Becker.

In einer Pressemitteilung verweist Rechtsanwalt Dr. Becker darauf, dass das Regierungspräsidium Karlsruhe zu dem Ergebnis gekommen sei, dass bei der Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses eine wesentliche Vorschrift verletzt worden sei. Die nicht öffentliche vorbereitende Nachprüfung habe gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz verstoßen. Auch vorbereitende Sitzungen unterlägen dem Grundsatz der Öffentlichkeit. Obwohl eine wesentliche Vorschrift des Kommunalwahlgesetzes Baden-Württemberg verletzt worden sei, so das Regierungspräsidium Karlsruhe, sei die Wahl insoweit gültig, weil das Ergebnis der Wahl dadurch nicht beeinflusst worden sei. Ob diese Annahme zutreffend sei, so Rechtsanwalt Dr. Becker, müsse noch einmal anhand der tatsächlichen Grundlagen überprüft werden. Nachdem das Regierungspräsidium Karlsruhe einen wesentlichen Verstoß gegen Vorschriften des Kommunalwahlgesetzes Baden-Württemberg festgestellt hatte, wurden die notwendigen Aufwendungen des Einsprechers Müller der Stadt Bretten auferlegt.

Im Mittelprunkt der Einspruchsbegründung war nach Darstellung der vorgenannten Rechtsanwaltskanzlei der Vorwurf an den Amtsinhaber, er habe seine Neutralitätspflichten während des Wahlkampfes und damit die Chancengleichheit der Bewerber verletzt. Dies wurde damit begründet, dass eine Sitzung des Gemeinderats der Stadt Bretten, die ursprünglich für Dienstag, den 28.11.2017, anberaumt worden sei, auf Donnerstag, den 30.11.2017, verlegt worden sei. In dieser Gemeinderatssitzung, in der überraschenderweise vom Amtsinhaber ein so genanntes Strategiepapier vorgelegt worden sei, das sich mit Standortfragen des vom Caritas betriebenen Altenheim befasste, sei ein Beschluss gefasst worden, obwohl der zuständige Ausschuss nicht vorberatend befasst worden sei. Über diese Gemeinderatssitzung sei in den örtlichen Medien am Freitag, den 01.12.2017, berichtet worden. Eine politische mediale Reaktion vor den Oberbürgermeisterwahlen sei nicht mehr möglich gewesen, weil nach
einer Übereinkunft innerhalb der Medien am Samstag vor Wahlen keine Stellungnahmen von Parteien, Bewerbern oder Leserbriefe abgedruckt werden. Außerdem wurde in der Einspruchsbegründung darauf verwiesen, dass der Amtsinhaber im Amtsblatt der Stadt Bretten vom 29.11.2017 über „aktuelle Entwicklungen zur katholischen Altenhilfe“ berichtet habe. Diese Darstellung sei rechtsmissbräuchlich gewesen, weil der Amtsinhaber eine einseitige Darstellung abgegeben habe, weshalb auch insoweit das Gebot der Neutralität verletzt worden sei.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe meint in beiden Fällen, dass das Verhalten des Amtsinhabers rechtlich nicht zu beanstanden sei. Für die Verlegung der Sitzung habe es sachliche und rechtliche Gründe gegeben. Da der Bericht im Amtsblatt vom 24.11.2017 nicht im Einspruchsschreiben vom 11.12.2017 erfasst gewesen sei, könne dieser Anfechtungsgrund bei der Prüfung keine Berücksichtigung finden. Unabhängig davon, so das Regierungspräsidium Karlsruhe, sei die bemängelte Berichterstattung nicht als gesetzwidrige Wahlbeeinflussung anzusehen.
Besonders die beiden letztgenannten Punkte sind nach Auffassung von Klaus-Georg Müller noch ausführlich zu prüfen.

„Bei diesem äußerst knappen Wahlergebnis betrachte ich das Einspruchsverfahren als Dienst an der örtlichen Demokratie“, so Müller. Es läge im Interesse aller, dass letztlich sämtliche Zweifel an der Rechtsrichtigkeit des Wahlergebnisses ausgeräumt werden. „Nur so lässt sich die Legitimität der Oberbürgermeisterwahlen herstellen – im Interesse sämtlicher Bewerber und der Bürgerschaft.“

Alles über die Brettener OB-Wahl auf unserer Themenseite OB-Wahl Bretten

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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