Dehom in Heidelsheim und Helmsheim: Kleine Geschichte von Reichsstädtern und Fronbauern
Mit der im kommenden Jahr anstehenden 1250-Jahr-Feier gedenkt Helmsheim der Tatsache, dass es im Jahr 769 als „Helmolvesheim“ und „Helmusfisheim“ erstmals in einer Schenkungsurkunde des Klosters Lorsch auftauchte. Ein Jahr früher als das benachbarte Heidelsheim, dessen aus dem Jahr 770 stammende erste urkundliche Erwähnung als „Heidolfesheim“ dann 2020 ebenfalls gebührend gefeiert wird.
BRUCHSAL-HEIDELSHEIM/HELMSHEIM (ch) Als Bruchsaler Stadtteile haben die beiden Nachbarorte im Saalbachtal heute manches gemeinsam. Doch vom Mittelalter bis ins frühe 19. Jahrhundert konnten die Unterschiede kaum größer sein.
Einst große Unterschiede zwischen Reichsstadt und Dorf
Während die Dorfbauern von ihren wechselnden Herrschaften rechtlich abhängig waren, was Frondienste und drückende Lasten beinhaltete, genossen die Heidelsheimer seit dem zwölften Jahrhundert als Bürger einer Reichsstadt, denen zudem die Lage an einer wichtigen Handelsstraße Wohlstand bescherte, viele Freiheiten und Privilegien. Diese wussten sie auch gegen ihren kurpfälzischen Landesherrn und den Speyrer Bischof zu verteidigen. Ihr bürgerliches Selbstbewusstsein und ihre Stadtmauern bewahrten sie indes nicht vor Katastrophen, seitdem mit der Reformation die alten Glaubensgewissheiten und Herrschaftsstrukturen europaweit ins Wanken geraten waren.
Einwanderer bauten Stadt und Dorf wieder auf
Zwei Mal, zu Beginn des 30-jährigen Krieges und im pfälzischen Erbfolgekrieg, wurde die Stadt durch feindliche Truppen niedergebrannt. Beide inzwischen zur Kurpfalz gehörenden Orte waren nach vielen Kriegen und Pest im 17. und 18. Jahrhundert weitgehend entvölkert und verarmt. Mehrfach brachten Einwanderer, unter anderem aus der Schweiz, neues Leben. 32 Jahre nach Helmsheim wurde 1803 dann auch Heidelsheim badisch.
Bürger unds Bauern wurden zu "Wirtschaftsflüchtlingen"
Hunger und Armut infolge Naturkatastrophen und Bevölkerungswachstum machten im 18. Jahrhundert erst viele Helmsheimer, später auch Heidelsheimer zu „Wirtschaftsflüchtlingen“, die in Amerika oder Osteuropa ein besseres Leben suchten. In der Stadt entlud sich die wachsende Unzufriedenheit 1838 rund um eine annullierte Bürgermeisterwahl in politischen Unruhen, zu Beginn des Revolutionsjahrs 1848 kam es gar zu Ausschreitungen gegen Mitglieder der blühenden jüdischen Gemeinde. Während die 1853 eröffnete Bahnlinie Stuttgart-Bruchsal den Stadtbewohnern neue Erwerbschancen erschloss, mussten die Dorfbewohner bis 1909 auf ihren Bahnhof warten. Die beiden Weltkriege brachten neue Leiden.
Ausgeprägter neuer Bürgersinn
Nach dem Zusammenbruch der NS-Gewaltherrschaft mussten beide Orte Hunderte Vertriebene aus den ehemaligen Ostgebieten sowie Evakuierte aus den Städten integrieren. Dennoch entwickelten die Heidelsheimer schon bald wieder einen ausgeprägten Bürgersinn, den der frühere Ortsvorsteher Valentin Gölz auf die Wiederverleihung des 1935 von den Nazis aberkannten Stadttitels im Jahr 1952 und die nachfolgenden Heimatfeste zurückgeführt hat. Nur widerwillig und nach gescheiterten Versuchen einer Fusion mit Helmsheim oder mehreren Nachbargemeinden beugte sich Heidelsheim 1974 als letzter der vier heutigen Stadtteile dem Druck der Landesregierung zur Eingemeindung nach Bruchsal. Nicht ohne sich vorher durch vorausschauende Bautätigkeit und eine kluge Eingliederungsvereinbarung in altem reichsstädtischem Selbstbewusstsein weitgehende Vorteile gesichert zu haben.
Wenn Sie mehr lesen möchten, klicken Sie einfach auf unsere Themenseite:
Dehom in Heidelsheim und Helmsheim
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.