Neue Serie in der Brettener Woche/kraichgau.news
Die Schicksale hinter den Brettener Stolpersteinen

Sofie Erlebacher (links) mit Julius und Irma Erlebacher und dem fünfjährigen Albert bei ihrem Gang zum Brettener Rathaus. Foto: Stadtarchiv Bretten
  • Sofie Erlebacher (links) mit Julius und Irma Erlebacher und dem fünfjährigen Albert bei ihrem Gang zum Brettener Rathaus. Foto: Stadtarchiv Bretten
  • hochgeladen von Christian Schweizer

Bretten (ger/Svenja Albrecht) 34 Stolpersteine liegen in Bretten. Dabei handelt es sich um Gedenksteine an Opfer der NS-Zeit, die vor deren ehemaligen Wohnhäusern verlegt wurden. Schüler des Melanchthon-Gymnasiums Bretten (MGB) haben im Jahr 2004 mit dem Geschichtslehrer Dirk Lundberg die Stolperstein-Aktion ins Leben gerufen: Durch Kuchenverkäufe und Patenschaften sammelten sie Geld für die Finanzierung einiger Steine, die von dem Künstler Gunter Demnig „erfunden“ und gefertigt werden.

"Hinter den Namen stecken Leben und Geschichten"

Und immer am 9. November, am Tag der Pogromnacht, stehen MGB-Schüler an den Mahnmalen und erzählen von den Menschen, deren Schicksale sie mit Hilfe von Heidi Leins in Erfahrung gebracht haben. Die ehemalige Stadträtin Leins hat sich der Erforschung der Geschichte der Juden in Bretten verschrieben. In loser Reihenfolge erscheinen künftig in der Brettener Woche/kraichgau.news die Geschichten dieser Menschen. Aufgeschrieben haben sie zehn Schülerinnen der zwölften Klasse am MGB. Svenja Albrecht, die in ihrem folgenden Text über die Familie Erlebacher schreibt, sagt dazu: „Ich halte es für wichtig, sich an die Menschen zu erinnern und nicht zu vergessen, dass hinter den Namen auf den Stolpersteinen Leben und Geschichten stecken.“

Das Schicksal der Familie Erlebacher

Die Eheleute Julius und Irma Erlebacher, geborene Stammhalter, lebten in der Melanchthonstraße 49 in Bretten, auch bekannt als das „Landmesser-Haus“, in einer Großfamilie. Das Paar hatte zwei Söhne, Günther und Albert. Julius Erlebacher hatte schon seit 1910 das Bürgerrecht in Bretten und war später auch Synagogenrat. Die kleine Manufakturhandlung (hauptsächlich für Aussteuer) wurde von den Frauen des Hauses betrieben, während Julius als Handelsmann unterwegs war.

Ein Familienleben brutal zerstört

Dieses Leben wurde brutal zerstört, als sich die Familie am 22. Oktober 1940 gemeinsam mit anderen Brettener Juden nach Information durch die Ortspolizei mit 50 Kilogramm Gepäck und 100 Reichsmark auf dem Brettener Rathaus zu melden hatte. Dort wartete schon ein Lastwagen für die Deportation der Brettener Bürger. Nach dreitägiger Zugreise sollten sie in Gurs/Südfrankreich ankommen. In den Meldekarten im Stadtarchiv heißt es lapidar, "nach Unbekannt abtransportiert".

Kinderhilfswerk O.S.E. rettet Sohn der Familie

Am 10. März 1941 wurden sie in das Lager Rivesaltes bei Perpignan verlegt, wo haupt­sächlich Familien lebten. Julius und Irma ließen Albert „los“ und übergaben ihren Sohn dem jüdischen Kinderhilfswerk O.S.E., das ihn in mehreren Kinderheimen versteckte und 1943 die Flucht in die Schweiz organisierte. Kurz nach Kriegsende wanderte er zu seinem Bruder Günther in die USA aus, den die Eltern schon 1937 als 14-Jährigen zu Verwandten in die USA geschickt hatten. Albert Erlebacher studierte und wurde Professor für Psychologie in Chicago.

Eltern und Tante von den Nazis ermordet

Seine Eltern wurden im August 1942 im Konvoi 19 von Drancy/Paris nach Auschwitz deportiert, ermordet und 1953 für tot erklärt. Dabei war auch Sofie Erlebacher, geborene Flegenheimer, die 72-jährige verwitwete, kinderlose Tante von Julius. Im März 1941 kam sie in das Lager Récébédou. Von Drancy wurde sie am 28. August 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Die weiteren Folgen der Serie finden Sie auf unserer Themenseite "Schicksale hinter Stolpersteinen".

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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