Die Stadt Bretten diskutierte mit Bürgerinnen und Bürgern über das Bauvorhaben auf dem Sporgassen-Areal
Um die geplanten Neubauten auf dem Gelände des Sporgassenparkplatzes vorzustellen, lud Oberbürgermeister Martin Wolff am Donnerstag, 18. Februar 2016, zu einer Bürgerinformationsveranstaltung ins Sportzentrum Im Grüner ein.
Bretten. (wod) Eine Tiefgarage anstatt des geplanten fünfstöckigen Parkhauses wollen die Bürger auf dem Sporgassenparkplatz, möglichst eine Randbebauung mit Wohnungen dazu. Und Alternativen zu dem projektierten Gesundheitszentrum im westlichen Teil des „Filetstücks“ in der Brettener Innenstadt. So lassen sich die Wortmeldungen derjenigen zusammenfassen, die bei der Bürgerinformationsveranstaltung am vergangenen Donnerstag in der Sporthalle im Grüner gegen die „massive und viel zu mächtige“ Bebauung des Sporgassenparkplatzes votierten: Die Mehrheit der vorgetragenen Meinungen stellte sich gegen die aktuellen Planungen, auch wenn Investor Jürgen Mayer aus Sulzfeld und OB Martin Wolf die Idee von einem „echten Frequenzbringer“ in Brettens Zentrum mit den positivsten Attributen attraktiv zu reden versuchten.
Das Thema Parkhaus und Ärztezentrum geriet selbstredend als derzeit meistdiskutiertes kommunalpolitisches Thema zum zentralen Punkt der Bürgerinfo, die zu Beginn die von einem Privatunternehmen geplante Glasfaserverkabelung der Stadt vorstellte. Auch wenn Oberbürgermeister Martin Wolff in seinem Statement das geplante Gesundheitszentrum mit Parkhaus als einen wirklichen Frequenzbringer für die mehr und mehr brach liegende Innenstadt propagierte – die Mehrheit der weit über 400 Interessierten wollte ihm das nicht so recht abnehmen. Ein ungläubiges Raunen ging auch durch den Saal, als Wolff von einer „Vitalisierung“ der Innenstadt durch die Eröffnung des ehemaligen Schneider-Gebäudes sprach.
Der OB sieht in dem neuen Projekt mit zehn Arztpraxen die Zukunftsinvestition der Stadt schlechthin („Diese Chance nun nicht zu nutzen wäre fatal“) und verteidigte auch die Planung eines oberirdischen Parkhauses vehement: „In der Tiefe, das weiß ich, parken die Brettener und die Besucher nicht.“ In schillernden Farben, mit Zahlen und Fakten und mit schönen Bildern auf der Leinwand stellte Investor Jürgen Mayer das Projekt seiner Firma vor. Mündliche Zusagen von 14 Ärzten habe er bereits, da würden, so Mayer, selbst die vorgesehenen 2025 Quadratmeter knapp. Die neue, jetzt fünfgeschossige Parkhausplanung für 315 Autos auf kleiner Grundfläche bewirke eine noch größere Freifläche zwischen den beiden Bauten: Eine neue Veranstaltungsfläche für vielerlei Events.
Bürgerinnen und Bürger bleiben skeptisch
Zweifel an mehr Besuchern in der Innenstadt durch das Ärztehaus meldete nicht nur Peter Dick an: Der Vorsitzende von Alt Brettheim zweifelt auch an den verbleibenden 7500 Quadratmetern für den Rummel beim Brettener Fest. „Sind da die notwendigen Freiflächen mitgerechnet?“, fragte er. Für viele Bürger wäre ein oberirdisches Parkhaus an so zentraler Stelle eine krasse Fehlentscheidung, meinte Werner Reinacher. „Autos müssen unter die Erde, alles andere ist Krampf“, schien er am Beifall gemessen die Auffassung der meisten Anwesenden widerzuspiegeln. Negativbeispiele für Parkhäuser gebe es genug, in Calw könne man sich das anschauen. Ein Gesamtkonzept für die Innenstadt sei bei dieser Planung nicht erkennbar, rügte Daniela Gillardon, die in der Fußgängerzone ein Schmuckgeschäft betreibt. Ähnlich äußerte sich Peter Beyle: Die Planung gehe nicht auf die Bebauung drum herum ein. In Bretten fehlten Wohnungen, sprach er, wenn man den Beifall maß, vielen aus der Seele, ein Ärztehaus sei in der Innenstadt am falschen Platz.
Massiver wurde Alt-OB Paul Metzger: Nicht als Ex-Schultes sondern als Ehrenbürger sorge er sich: „Diese Planung mit diesen beiden Gebäude-Kollossen blendet alles aus, was um den Platz herum steht“, monierte er, fragte den OB nach den planungsrechtlichen Voraussetzungen und verwies auf einen noch gültigen Bebauungsplan aus dem Jahr 2009, der diese Planung so nicht zulasse. Seine Forderung nach einem Bebauungsplanverfahren, das alle mit einbinde „und die Menschen mitnimmt“ erntete sehr viel Beifall. „Das hier ist auch ein emotionales Problem“, forderte Metzger seinen Nachfolger heraus, Alternativen aufzuzeigen („Noch sind die möglich!“) und nicht auf nur eine Planung zu setzen. Die baurechtlichen Fragen versprach Wolff mit dem Gemeinderat zu klären. Der OB sprach von „Urbanität“, der Abriss großer Teile der Innenstadt datiere auf die 1970-er Jahre. Wolff: „Wir wollen in der Sporgasse kein Ersatz-Mittelalter bauen.“
Auf eine sechs Meter hohe Wand würde man vom Promenadenweg stoßen, wenn das Parkhaus wie geplant verwirklicht würde, stellte schließlich Amadeus Selinka fest. „Diese Baumasse kann man sich gar nicht vorstellen“, warnte er und forderte ein Phantomgerüst, das klarmachen würde, welche Massivbebauung hier entstehen soll.
Vereinzelt gibt es Zustimmung
Lediglich einzelne Stimmen plädierten für die Planung: Leo Vogt beispielsweise forderte ein Parkhaus mit mehr als 400 Stellplätzen, das nehme den Parkdruck von den umliegenden Straßen. Frank Kasper meinte, man habe sich ja auch an das von vielen nicht so optimal empfundene Sparkassengebäude gewöhnt, so werde das auch hier sein. Anders sah das Andrea Beyle: „In 15 Jahren wäre dieses Parkhaus genauso hässlich wie alle Parkhäuser dieser Welt und dann müsste sich Bretten für die Fehlentscheidung aus dem Jahr 2016 schämen.“
Auch wenn die Veranstaltung, von einzelnen Wortmeldungen abgesehen, ohne übergroße Emotionen blieb: Das Thema Sporgassenbebauung wird die Brettener weiter beschäftigen. Nach dem offiziellen Teil der fast zweieinhalbstündigen Veranstaltung gingen die Diskussionen erst richtig los – unmoderiert und in Gruppen zusammenstehend diskutierten die Besucher weiter. Nach diesem Abend ist das letzte Wort über ein Gesundheitszentrum und insbesondere über ein oberirdisches Parkhaus inmitten der Stadt sicher noch nicht gesprochen.
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Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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