Bürgerinfo des RP Karlsruhe zur Umgehung Bretten
Eine Straße bewegt Bretten

Rund 300 Besucher kamen zu der Informationsveranstaltung in die Schulsporthalle Rinklingen: Foto: RPK
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Bretten (swiz) Wo sonst beim Sport geschwitzt wird und Bälle in Körbe oder Tore befördert werden, stand am Montagabend der aktuelle Planungsstand zum Bau der Südwesttangente Ortsumfahrung Bretten im Mittelpunkt. Das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe hatte die Bürger in die Sporthalle Rinklingen eingeladen und rund 300 Menschen fanden den Weg in die Halle. Anwesend waren auch Oberbürgermeister Martin Wolff, Bürgermeister Michael Nöltner sowie zahlreiche Vertreter des Gemeinderats und der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Jung.

"Gut für die Menschen und gut für die Gartenschau"

Bereits vor dem eigentlichen Start der Veranstaltung, die von Rosa Flaig, zuständig für die Öffentlichkeitsbeteiligung im RP, moderiert wurde, war das Interesse und Informationsbedürfnis der Bürger im Hinblick auf die geplante Umgehung zu spüren. So versammelten sich viele Besucher vor den aufgestellten Infowänden, die unter anderem Auskunft über die Schalluntersuchungen, den Trassenverlauf oder auch die Verkehrszahlen für Bretten gaben. Den Auftakt der Bürgerinformation bildete dann ein wahrer Fakten- und Informationsregen der verschiedenen Vertreter des Regierungspräsidiums und der in die Planung involvierten Ingenieur- und Fachbüros. In seiner Begrüßung betonte jedoch zunächst OB Wolff noch einmal, "dass diese Umgehung gut für die Menschen und gut für unsere Gartenschau ist".

"Bauen Sie verträglich für Rinklingen"

Umgehungsstraßen seien natürlich zum einen ein Gewinn, betonte in der Folge auch der Rinklinger Ortsvorsteher Timo Hagino. Verlierer sei aber zum anderen ein großer Teil der Natur um Rinklingen. In der Folge richtete er zudem den eindringlichen Appell an die Vertreter des RP: "Ich bitte Sie, nehmen Sie die Sorgen der Bürger ernst und wenn Sie bauen, dann bauen Sie verträglich für Rinklingen." Nach den Appellen folgten die Informationen der Experten, die die Ergebnisse der Untersuchungen zu Verkehr, Umweltverträglichkeit und Schall vorstellten. Zudem wurden die beiden untersuchten Varianten für die Ortsumfahrung – die Teilumfahrung sowie die Südumfahrung – erläutert.

Umweltbilanz schert aus

Die Teilumfahrung mit ihren 2,6 Kilometern Länge, würde beim Bahnhof Bretten mittels einer Brücke über die Gleise geführt und in der Nähe des Silcherwegs in die Melanchthonstraße einmünden. Die 3,4 Kilometer lange Südwesttangente hingegen würde im Westen auf Höhe der Bahnunterführung an der B293 abzweigen, weiter nach Südosten verlaufen und im Osten, wie auch die Teilumfahrung, auf die B294 stoßen. Bei beiden Varianten ist zudem ein Tunnel mit unterschiedlicher Länge vorgesehen. Der gemeinsame Nenner der Experten war indes schnell auszumachen: Von den beiden Varianten, so RP-Projektleiter Helmut Wößner, sei die Südumfahrung eindeutig die bessere und wirtschaftlichere Lösung und werde Bund und Land als Vorzugsvariante vorgeschlagen. Einzig Gisela Scheurich vom Planungsbüro Zieger-Machauer folgte dieser Richtung nicht ganz und betonte, aus Umweltsicht sei die Südumfahrung schlechter zu werten als die Teilumfahrung. Allerdings seien beide Varianten im Hinblick auf den europäischen Artenschutz zulässig.

"Teilumfahrung ist verkehrlich nur schwer umsetzbar"

Bezogen auf den Schall sieht die Sache dabei laut Jürgen Walgast von der SLG Prüf- und Zertifizierungs GmbH schon ganz anders aus. So würden bei der Teilumfahrung im Bereich des Stadtgebiets bis zu 9,50 Meter hohe Lärmschutzwände benötigt, um die Schallgrenzen einzuhalten. Bei der Südumfahrung käme man dagegen ganz ohne weitere Schallschutzmaßnahmen aus. Auch Stefan Wammetsberger vom Karlsruher Ingenieurbüro für Verkehrswesen Koehler & Leutwein sieht Brettens Heil in der Südumfahrung. Untermauert wurde dies durch konkrete Zahlen im Hinblick auf die aktuelle und prognostizierte Verkehrsbelastung in Bretten. Demnach, so Wammetsberger, trage die Südumfahrung zu einer deutlichen Entlastung der Ortsdurchfahrt bei, während die Teilumfahrung "verkehrlich nur schwer umsetzbar ist".

Es braucht Kombination von Maßnahmen

Eine spürbare Verkehrsentlastung sowie das Erreichen der Klimaziele Brettens sei allerdings nicht alleine durch die Umgehung machbar, betonte Wammetsberger. Es brauche vielmehr einen Dreiklang aus Maßnahmen. Dazu zählten aus seiner Sicht die Entlastung vom Durchgangsverkehr über die Südumfahrung, der Um- und Rückbau von Straßen im Zuge der Gartenschau und Verbesserungen durch die Umsetzung des Brettener Mobilitätskonzepts sowie Anpassung des "Modal Split" um 25 Prozent (Veränderung des Anteils des motorisierten Verkehrs an der Gesamtmobilität. Dieser liegt in Bretten derzeit bei 64 Prozent. Anm.d.Red.).

Tunnel als Knackpunkt

Nach dem Zahlen- und Informationsgewitter hatten dann die Bürger das Wort. Schnell kristallisierte sich dabei heraus, dass vor allem die Gegner der Südumgehung die Gelegenheit nutzen wollten, um ihre Kritikpunkte an höchster Stelle anzubringen. Dabei ging es allerdings nicht nur um allgemeine Fragen, ob eine Umgehung grundsätzlich sinnvoll sei oder welche Auswirkungen auf Mensch, Natur und Klima zu befürchten seien. Immer wieder stand auch die Länge und Bauweise des angedachten Tunnels bei der Südwesttangente im Fokus. Dieser soll laut den derzeitigen Planungen des Regierungspräsidiums eine Länge von rund 900 Metern haben und in einer geschlossenen Bauweise erstellt werden. Dabei erfolgt der Vortrieb unterirdisch, die Landschaft, in diesem Fall FFH-Gebiet (Schutzgebiet in Natur- und Landschaftsschutz; Anm. d. Red.), wäre somit von den Bauarbeiten sehr wenig berührt, lediglich an den Tunnelenden müssten Erdarbeiten erfolgen. Endgültige Sicherheit über die Bauweise müsse allerdings erst ein Bodengutachten bringen, so Projektleiter Wößner.

"An 100 Metern Länge soll nicht scheitern"

Neben der Bauweise steht allerdings auch die Länge des Tunnels in der Kritik. So würde ein Ende des Tunnels nach derzeitigem Stand direkt zwischen dem viel genutzten Grillplatz und dem Waldkindergarten von Rinklingen liegen. Dies dürfe nicht sein, sprang auch Bürgermeister Nöltner den Kritikern in diesem Fall bei: "Das geht wirklich nicht und ich sage ganz klar, dass der Tunnel dort länger werden muss." Positive Signale kamen in diesem Fall von Axel Speer, Leiter des Referats Straßenplanung im Regierungspräsidium: "Im Hinblick auf den Tunnel, soll es an 100 Metern Länge mehr nicht scheitern."

Sorge vor Erwärmung des Asphaltbandes

Auch die Sorge vieler Bürger, dass durch den Bau der Südwestumgehung die Frischluftzufuhr für Bretten massiv gestört werde, versuchte man seitens des RP zu zerstreuen. Kaltluftströmungen würden durch die neue Straße nicht in ihrer Richtung verändert oder aber erwärmt. Dies konnte Gerhard Dittes vom BUND Bretten nicht überzeugen. "Wir haben dort nach dem Bau rund 30.000 Quadratmeter Asphalt, die sich erwärmen. Außerdem zerschneidet jede neue Trasse Lebensräume und sorgt für einen Rückgang der Biodiversität."

Baustart ist noch ungewiss

Möglichkeiten seine Kritik anzubringen, sollen Dittes und alle anderen Bürger indes auch weiterhin bekommen. So will das Regierungspräsidium die Bürger nach eigenen Angaben regelmäßig informieren und einbinden, etwa bei weiteren öffentlichen Veranstaltungen. Im nächsten Schritt plant das RP Bund und Land die Südumfahrung als Vorzugsvariante vorzuschlagen. Sobald die Genehmigung durch das Verkehrsministerium vorliegt, kann diese Variante im Rahmen der Entwurfsplanung detaillierter ausgearbeitet werden. Dies soll zu Beginn des nächsten Jahres der Fall sein. Danach folgt die Genehmigungsplanung mit dem Feststellungsentwurf (Beginn circa 2025) und schließlich das Planfeststellungsverfahren, die Ausführungsplanung und letztlich der Bau der Straße. In welchem Jahr dann wirklich die ersten Baumaschinen rollen, darüber wollte man auf Seiten des RP indes nicht spekulieren.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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