Brettener Aktionsbündnis ist gegen Umfahrung
Fünf Punkte gegen Südwestumgehung

Sind gegen die Umgehung: Volker Behrens (links hinten), Björn Böttle (rechts hinten), Dieter Breuer (links) und Gerhard Dittes. Foto: swiz
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  • Sind gegen die Umgehung: Volker Behrens (links hinten), Björn Böttle (rechts hinten), Dieter Breuer (links) und Gerhard Dittes. Foto: swiz
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Bretten (swiz) Die geplante Südwestumgehung von Bretten war in den vergangenen Monaten immer wieder ein Zankapfel zwischen Parteien, der Stadt sowie Bürgerinitiativen und Naturschutzverbänden. Die 3,4 Kilometer lange Südwesttangente würde im Westen auf Höhe der Bahnunterführung an der B293 abzweigen, weiter nach Südosten verlaufen und im Osten auf die B294 stoßen. Sie ist im Bundesverkehrswegeplan 2030 mit vordringlichem Bedarf gelistet und wird vom Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe im Auftrag des Bundes geplant.

Offener Brief an Verkehrsminister Volker Wissing

Im Mai dieses Jahres hatte sich in der Melanchthonstadt mit dem Aktionsbündnis Klima – Natur – Verkehr die bisher breiteste „Anti-Umgehungs-Phalanx“ gegründet. Partner des Aktionsbündnisses sind unter anderem der BUND Bretten, NABU Bretten, die Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten (BIVEB), die Grüne Jugend Kraichgau, der OGV Rinklingen sowie die Omas for Future und verschiedene Landwirte und Bürger. Das Ziel des Bündnisses ist dabei klar formuliert: „Die Planungen für eine Südwestumgehung sind einzustellen“. Stattdessen solle der Umstieg auf eine klima- und umweltfreundliche sowie soziale Mobilität entschlossen vorangebracht werden. Diese Formulierung steht so auch in einem offenen Brief, den das Bündnis an Bundesverkehrsminister Volker Wissing sowie zur Kenntnis an die baden-württembergische Landesregierung, das RP und die Stadt Bretten gesandt hat. Unterschrieben haben diesen Brief nicht nur die am Bündnis beteiligten Verbände und Vereine, sondern auch 1.164 Bürger, die damit vom Bund einen Planungsstopp für die neue Trasse fordern. Einstimmig hat sich zudem auch der Rinklinger Ortschaftsrat dem offenen Brief und den darin genannten Argumenten angeschlossen.

Fünf Punkte gegen Südwestumgehung

Als einen „Riesenerfolg“, bezeichnen BUND Bretten-Vorsitzender Gerhard Dittes, NABU Bretten-Vorstandsmitglied Volker Behrens sowie die Mitglieder des Aktionsbündnisses, Björn Böttle und Dieter Breuer diese Aktion bei einem Pressegespräch. Mit dem Brief wolle man unter anderem darauf hinweisen, dass es in Bretten „unterschiedliche Auffassungen zu den Planungen der Umgehung gebe“, sagt Behrens. Schließlich habe der Bundestag am Ende die Haushaltshoheit und müsse das Ganze bezahlen. Ihre Argumente gegen den Bau einer Umgehung haben die Vertreter des Aktionsbündnisses in fünf Punkte unterteilt: Klimakrise, Naturschutz, Wasserschutz sowie Landwirtschaft und Verkehrssituation in und um Bretten.

"Das ist eine Entlastungsillusion"

Bei letzterem Punkt spricht Dittes von einer „Entlastungsillusion“, die durch die geplante Umgehung suggeriert werde. Denn laut dem Bündnis würde der Bau der neuen Trasse als „Autobahnabkürzungsstrecke“ vielmehr zu einer „erheblichen Verkehrszusatzbelastung“ für die Region werden. Gleichzeitig spiele sie für eine Entlastung des innerörtlichen Verkehrs in Bretten nur eine nachrangige Rolle. Dort seien vielmehr die Maßnahmen des vom Gemeinderat beschlossenen Mobilitätskonzepts von entscheidender Bedeutung. „Jegliche Lösung mit Umgehung generiert mehr Verkehr für Bretten“, bringt es Böttle aus Sicht des Aktionsbündnisses auf den Punkt.

"Irreparable Zerschneidung einer Kulturlandschaft"

Neben dem Verkehr würde es durch den Bau der neuen Straße auch zu einer irreparablen Zerschneidung einer Kulturlandschaft mit Streuobst- und Grünflächen kommen, kritisiert Dittes. Zudem betreffe die Planung ein FFH-Schutzgebiet (Flora-Fauna-Habitat). Darüber hinaus werde sich das schwarze „Asphaltband“ der Straße im Sommer stark aufheizen und so zu einer Erwärmung der Kaltluftströmungen führen. Das RP hatte dies in einer Informationsveranstaltung in der Sporthalle Rinklingen im Juli dieses Jahres allerdings ausgeschlossen.

"Juristische Weg ist denkbar"

Zusätzlich zur Klimadiskussion sieht Volker Behrens auch juristische Schwierigkeiten bei dem Planungsvorhaben und verweist auf die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der B10-Ortsumfahrung Enzweihingen. Dort musste das Regierungspräsidium Stuttgart als zuständige Planungsbehörde das Projekt nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim vorerst ruhen lassen. Geklagt hatte der NABU Baden-Württemberg. Der juristische Weg sei damit denkbar, „aber erst, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind“, so Behrens.

"Verlust von landwirtschaftlichen Flächen"

Einen weiteren Kontra-Punkt spricht in der Folge Dieter Breuer an. Ihm geht es um den Verlust der landwirtschaftlich genutzten Flächen durch einen Straßenneubau. „Das Versiegeln hochwertiger Böden führt zu einer weiteren Verminderung dieser Flächen.“ Das wiederum, so Breuer, gefährde die regionale Lebensmittelproduktion und die Existenzgrundlage der Betriebe. Und wie wichtig die regionale Herstellung von Lebensmitteln ist, habe man deutlich an den Folgen des Ukraine-Kriegs sehen können. Dazu komme, betont Dittes, dass die Versiegelung und Zerschneidung von Grundstücken auch zwangsläufig eine Flurbereinigung zur Folge habe. Betroffene Flurstückseigentümer müssten dann damit rechnen, dass sie zeitweise enteignet werden und ihr Grundstück gegen ein neues an anderer Stelle getauscht werde. Das neue Flurstück sei dann auch noch kleiner wegen des Flächenabzugs und „die Besitzer werden auch noch an den Kosten des Verfahrens beteiligt. Das wissen die wenigsten“.

Neubau-Trasse durch Wasserschutzgebiet

Was laut Böttle ebenfalls wenige Menschen wissen, ist, dass die geplante Neubau-Trasse durch das Wasserschutzgebiet „Bauschlotter Platte“ führe. „Dort sind Tunnelbauten, wie sie für die Südwestumgehung vorgesehen sind, laut Verordnung eigentlich verboten. Das RP behauptet aber, hier gelte ein übergeordnetes Interesse.“ Im offenen Brief betont das Aktionsbündnis zudem: „Die Beeinträchtigung der Grundwasserneubildung und die potenzielle Verschmutzung ist in Anbetracht zunehmender Wasserknappheit nicht akzeptabel“. Stimmen, die sagen, dass beim Thema „Südwestumgehung“ eh schon alles in trockenen Tüchern sei, widersprechen die Vertreter des Bündnisses daher entschieden. „Wenn man doch erkennt, dass etwas eindeutig falsch ist, dann muss man einfach nochmal nachdenken, ob das Projekt Sinn macht“, so Breuer.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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