Kernkraftwerk Philippsburg: Mitarbeiter täuscht Kontrollen vor
Der Mitarbeiter eines externen Dienstleisters der EnBW hat offenbar wiederholt Kontrollen im Kernkraftwerk nur vorgetäuscht. Das Umweltministerium hat dem Betreiber EnBW vorläufig untersagt, den Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg wieder hochzufahren.
Landkreis Karlsruhe (pm/cris) Die Messeinrichtungen des Strahlenschutzes im Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg (KKP 2) wurden offenbar wiederholt nicht geprüft. Das hat die EnBW Kernkraft GmbH (EnKK) jetzt mitgeteilt. Nach Angaben der EnKK habe man am 5. April das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg darüber informiert, dass im KKP 2 bereits im Dezember 2015 eine Wiederkehrende Prüfung an den Messeinrichtungen von dem dafür zuständigen Mitarbeiter eines externen Dienstleisters offenbar nur vorgetäuscht wurde. Das Ministerium hat als Reaktion auf die Meldung eine aufsichtliche Anordnung erlassen. Mit dieser Anordnung wird dem Betreiber vorläufig untersagt, KKP 2 wieder hochzufahren. Umweltminister Franz Untersteller reagierte empört auf den Vorfall: „Meines Wissens nach, ist es das erste Mal, dass eine vorgeschriebene Prüfung in einem deutschen Kernkraftwerk offenbar bewusst vorgetäuscht wurde. Das ist hochgradig beunruhigend und nicht akzeptabel. Die EnBW hat jetzt zunächst für Aufklärung zu sorgen – schnell und umfassend!“
Täuschung bei sieben weiteren Prüfungen?
Der Konzern weißt darauf hin, dass er den Sachverhalt bei der Aufarbeitung eines meldepflichtigen Ereignisses selbst aufgedeckt und sich nach dessen Feststellung sofort an das Ministerium gewandt habe. Bei der eingeleiteten weiteren Untersuchung wurde
dann festgestellt, dass der gleiche Mitarbeiter vermutlich sieben weitere Wiederkehrende Prüfungen im Philippsburger Werk nur vorgetäuscht hat. „Im Fall der betroffenen Messeinrichtungen ist eine quartalsweise Prüfung vorgesehen, die einmal pro Jahr unter Beteiligung eines Gutachters der Aufsichtsbehörde stattfindet. Die acht nicht durchgeführten Prüfungen verteilen sich wie folgt: Im zweiten Quartal 2015 wurden zwei Prüfungen, im vierten Quartal 2015 fünf Prüfungen und im ersten Quartal 2016 wurde eine Prüfung nicht durchgeführt“, erklärte die EnKK.
Rechtliche Schritte werden geprüft
Die EnKK will nun rechtliche Schritte gegen den Mann prüfen und den Sachverhalt umfassend aufklären. Nach Feststellung seines Fehlverhaltens wurde dem Mitarbeiter der Zutritt zum Kernkraftwerk gesperrt. Dem Ministerium wurde nach Angaben des Konzerns zudem bereits zugesichert, ähnliche Wiederkehrende Prüfungen systematisch zu untersuchen sowie Maßnahmen einzuleiten, die ein solches Fehlverhalten Einzelner ausschließen würden. Das hatte auch Untersteller gegenüber dem Konzern gefordert und betont: „Bevor die EnBW nicht nachgewiesen hat, dass die Anlage vorschriftsmäßig und sicher betrieben wird, darf sie nicht mehr angefahren werden.“
Funktion nicht beeinträchtigt
Davon, dass die Anlage sicher ist und die Funktionstüchtigkeit der betroffenen Messeinrichtungen trotz der versäumten Prüfungen immer gewährleistet war, ist der Konzern überzeugt. „Wenn eine Prüfung einer solchen Messeinrichtung nicht stattfindet, hat das auf die Funktionsfähigkeit der Einrichtung keinen direkten Einfluss. Durch die vor und nach einer ausgelassenen Prüfung durchgeführten Tests konnte jeweils rückwirkend nachvollzogen werden, ob die Messeinrichtungen funktionstüchtig waren und sind. Das ist der Fall. Insofern besteht und bestand keine Gefährdung für Mensch und Umwelt. Überdies gibt es eine von der EnBW unabhängige Aktivitätsüberwachung durch die Aufsichtsbehörde“, so der Konzern.
Wegen Revision vom Netz
Der Block 2 des Kernkraftwerks Philippsburg wurde am 8. April zudem zur jährlichen Revision planmäßig vom Netz genommen. „Die Revisionsarbeiten laufen unabhängig von der Aufklärung des Sachverhalts bei den Wiederkehrenden Prüfungen weiter“, betonte der Konzern.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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