„Man ist nicht unersetzbar“: FWV-Fraktionschefin Heidi Leins über den Rückzug aus dem Gemeinderat
Bretten (ch) Wenn die Brettener bei der Gemeinderatswahl am 26. Mai über die neue Zusammensetzung der Bürgerschaftsvertretung abstimmen, fehlt ihr Name auf den Stimmzetteln: Heidemarie Leins wird sich nach 30 Jahren im Gemeinderat, davon 20 Jahre als Fraktionsvorsitzende der FWV, nicht mehr zur Wahl für das neue Gremium stellen. Die Brettener Woche hat sie nach den Hintergründen für diese Entscheidung gefragt.
BreWo: Sie haben längere Zeit überlegt, ob sie noch einmal antreten sollen. Was hat jetzt den Ausschlag gegeben, es nicht zu tun?
Leins: Den Ausschlag hat das Aussehen unserer Bewerberliste gegeben. Ich denke, unsere Liste ist gut und wählbar. Und man muss nicht meinen, dass man unersetzbar wäre.
Dennoch: Sie saßen lange im Gemeinderat. Mit welchem Gefühl sagen Sie dem Amt als Stadträtin adieu?
Mit einem guten Gefühl. Ich denke, ich habe mich bemüht, den Wählerwillen in die Verwaltung hineinzutragen.
Wenn Sie zurückblicken, was waren die wichtigsten Weichenstellungen, an denen Sie beteiligt waren?
Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Das ist so ein Konglomerat an Entwicklungen in den ganzen Jahren. Aber manches fällt mir doch ein. Zum Beispiel, dass in Diedelsheim ein zweiter Kindergarten gebaut wurde, obwohl man vor Ort der Meinung war, dass er nicht nötig sei. Oder dass wir vielleicht bis zu den großen Ferien einen Hospizplatz bekommen. Das rechne ich mir schon als Erfolg an. Und es gab ja so viele schöne Begegnungen mit Menschen, das war so wertvoll und hat nach wie vor Bestand.
Wenn ich nur an die vielen jüdischen Menschen denke, denen ich helfen konnte, auf den Spuren ihrer von den Nazis ermordeten oder verfolgten Brettener Vorfahren zu wandeln, und ihnen Türöffner zu sein, das war sicher wichtig und richtig.
Finden Sie, dass die ehrenamtliche Arbeit der Stadträte von der Öffentlichkeit genügend wertgeschätzt wird?
Also, die Bürger kommen ja mit ihren Anliegen auf uns Stadträte zu. Dann haben sie ja offensichtlich keine so schlechte Meinung von uns. Wenn es anders wäre, wären sie aber auch selber schuld. Denn die Bürger könnten uns noch viel mehr in Anspruch nehmen als sie es tun. Mich würde das sehr freuen.
Im bisherigen Gemeinderat sind zehn der insgesamt 26 Stadträte Frauen. Waren Sie mit diesem Frauenanteil zufrieden?
Meine ganz persönliche Meinung ist: Ich habe damit gar kein Problem, ob ein Mann oder eine Frau im Rat sitzt, ob viele Frauen dabei sind oder wenige. Im Grunde ist es doch so: Die Wähler wählen die Mitglieder des Gemeinderats. Die Fraktionslisten bemühen sich um kandidierende Frauen. Und was wird dann gewählt? Eben oft nicht die Frauen.
Werden Sie sich jetzt ganz aus der Politik zurückziehen?
Nein. Ich kandidiere ja für den Kreistag und für den Ortschaftsrat in Diedelsheim. Und da werden wir mal sehen, wie die Wähler entscheiden.
Und darüber hinaus: Wie sehen Ihre Pläne für die nahe Zukunft aus?
Oh, ganz rosig. Ich bin ja immer noch mit der Erarbeitung der Dokumentation der Brettener Juden beschäftigt, damit kam ich bisher nicht so weiter wie erhofft. Aber angesichts meines Lebensalters muss das jetzt Fortschritte machen. Und das ist mit einer der wichtigen Gründe, weshalb ich nicht mehr für den Gemeinderat kandidiere.
Die Fragen stellte Chris Heinemann
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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