Statements der Fraktionen im Gemeinderat Bretten zum Bauvorhaben "Melanchthonhöhe"
"Power to the Tower“ oder nicht mehr zeitgemäße „Kolossalbauten“?

So soll das Bauvorhaben einmal aussehen.  | Foto: Entwurf: architeamconsult
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  • So soll das Bauvorhaben einmal aussehen.
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Bretten (swiz) Das Bauvorhaben „Melanchthonhöhe“ (wir berichteten) wird nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch innerhalb des Brettener Gemeinderats viel diskutiert. Die Brettener Woche hat daher die acht Parteien des Rats um eine Stellungnahme zur Bau-Idee gebeten. Beantwortet werden sollten die Fragen: „Wie steht die Fraktion dem Bauvorhaben gegenüber?“ und „Wird das Projekt beziehungsweise der Bebauungsplan im Gemeinderat unterstützt?“

Martin Knecht, CDU

Martin Knecht, Fraktionsvorsitzender CDU:

„Die CDU-Fraktion Bretten steht grundsätzlich zukunftsorientierten Entwicklungen und Innovationen sehr offen gegenüber, soweit diese unseren Bürgern und Bürgerinnen dienen, städtebaulich passend und klimaverträglich sind. Mit diesem Bauvorhaben „Melanchthonhöhe“ wurde uns eine interessante Ideenskizze eines Investors präsentiert – in diesen Dimensionen neu für Bretten und überraschend für uns. Unsere Ersteindrücke liegen in einem Spannungsfeld von „Power to the Tower“ über „für Brettener Verhältnisse ein gigantisches Projekt“ bis hin zu der Feststellung „der Name Melanchthon wird ganz schön strapaziert“ und so weiter. Die Beurteilung eines derartigen Großprojekts will wohl überlegt sein. Es gehört zu unserem politischen Stil, nicht durch vorschnelle Veröffentlichungen etwas zu beschönigen oder zu verurteilen. Wir sind und bleiben selbstverständlich diskussionsoffen, werden uns aber erst offiziell positionieren, wenn klare Fakten, Zahlen und Pläne auf dem Tisch liegen und fraktionsinterne Gespräche stattgefunden haben.“

Bernhard Brenner, FWV Bretten.

Bernhard Brenner, Fraktionsvorsitzender FWV Bretten:

„Wir sind mit diesem Projekt am Anfang eines langwierigen Prozesses. Das ist ein Großprojekt für die Entwicklung der Stadt, da können wir uns mit den bisher gelieferten oberflächlichen Informationen noch nicht auf ein Für oder Wider festlegen. Uns ist natürlich auch nicht entgangen, dass die Vorstellung des Projekts zu sehr ambivalenten Diskussionen in der Bevölkerung geführt hat. Natürlich müssen wir uns fragen, ob vor allem die Infrastruktur von Bretten so ein pompöses Gebäude aushält. Ich nenne hier nur die schon jetzt verkehrlich sehr angespannte Situation auf der Melanchthonstraße. Zur Klärung dieser offenen Fragen werden wir die entsprechende Zeit brauchen. Aber wir wollen das Projekt auch nicht von vorneherein abtun, sondern den Gang der Entwicklung optimal begleiten können. Es gibt bei uns zwar eine gesunde Skepsis, aber wir wollen den Prozess fortgeführt sehen und werden dann nach einer gründlichen Kenntnis aller Fakten entscheiden. Wichtig ist uns vor allem, dass wir eine seriöse Planung bekommen und Wohnraum für alle Geldbeutel geschaffen wird.“

Otto Mansdörfer, Grüne.

Otto Mansdörfer, Fraktionsvorsitzender Bündnis90/Die Grünen:

„Bis jetzt ist es nur eine Bau-Idee. Es fehlen die bauplanungsrechtlichen Grundlagen. Der Grundstückserwerb ist von Privat zu Privat abgelaufen, ohne Beteiligung der Stadt. Die Stadt nimmt die Rolle des Plangenehmigers ein. Es stellen sich zwei Fragen: Ist Wohnen an dieser Stelle denkbar? Der Investor BVA sagt ja - trotz B35. Die schalltechnische Untersuchung wird Klarheit bringen. Die zweite Frage: Passt ein Hochhaus an diese Stelle der Stadt? Alle weiteren Fragen gehören zum unternehmerischen Risiko von BVA. Bei dem Projekt gelten die Bauleitpolitischen Grundsätze der Stadt Bretten: 20 Prozent geförderter Wohnungsbau mit Mieten zwischen sechs und sieben Euro pro Quadratmeter. Für uns Grüne ist Wohnen an dieser Stelle zunächst einmal denkbar. Man erreicht mehrere wichtige Punkte gut (Bahnhof, Lebensmittelversorgung, wohnungsnahe Erholungsbereiche). Zur Beurteilung des Hochhauses reicht die mondäne Visualisierung nicht aus. Wir brauchen ein Modell des gesamten Alexanderplatzes mit dem eingefügten Projekt. Außerdem Fernwirkungsanalysen für das Hochhaus von verschiedenen Punkten aus – wie beim Hochregallager der Firma Deuerer im Rüdtwald. Grundsätzlich ist zu sagen, dass die ungestaltete Anhäufung bestehender weißer und grauer Hallen“schachteln“ rund um den Alexanderplatz eine Landmarke wie das Hochhaus sehr wohl verträgt. Weiter: Begleitend muss der gefährliche Radweg entlang der Melanchthonstraße in Richtung Alexanderplatz ordentlich gebaut werden. Sehr positiv – aber rechtlich nicht zu erzwingen – wäre Photovoltaik auf den Dächern. Wir Grüne werden auf die Erkenntnisse aus dem B-Planverfahren setzen.  Nach der positiven Debatte um das nicht weiter konkretisierte Harsch-Hochhaus kann das BVA-Hochhaus aber nicht von vorneherein des Teufels sein. Die Aufregung unter manchen Leuten beruht auf mangelnder Kenntnis der Rechtslage, der Annahme, die Visualisierung würde sofort eins zu eins gebaut und auch auf einer gewissen städtebaulichen Mutlosigkeit im kleinen Bretten. Die bisherige Bau-Idee wird sich noch erheblich verändern (ähnlich wie beim Seeburger-Hotel). Wir Grüne werden das B-Planverfahren unter den genannten Bedingungen (Modell, Fernwirkungsanalyse, Radweg, angemessener Untersuchungsumfang unter anderem) positiv begleiten, sofern es Antworten auf die aufgeworfenen Fragen gibt. Außerdem muss der Investor BVA generell seine Seriosität noch unter Beweis stellen.“

Jörg Biermann, die aktiven.

Jörg Biermann, Fraktionsvorsitzender „die aktiven“:

„Die Fraktion „die aktiven“ steht dem Bauvorhaben „Melanchthontower“ bis jetzt kritisch/ablehnend gegenüber. Ein 82 Meter hohes Hochhaus für 160 Menschen direkt an der viel befahrenen Bundestraße. Ein Projekt, das mit über 80 Millionen Euro veranschlagt ist. Das führt zu Diskussionen in der Bevölkerung und in der Wählerinitiative „die aktiven“. Der private Investor lässt auf seinem Internet-Auftritt nicht erkennen, je ein vergleichbares Gebäude gebaut zu haben. Für die Fraktion „die aktiven“ steht die Stärkung der Innenstadt im Vordergrund. Wenn ein privater Investor dort ein Projekt entwickeln und projektieren würde, könnte er mit der Unterstützung der „aktiven“ rechnen. Passt das jetzt angedachte 24-stöckige Hochhaus in die Landschaft der „Kleinstadt Perle“? Die Fraktion „die aktiven“ bleibt auf dem Boden und wird die Diskussion weiter kritisch begleiten.“

Birgit Halgato, SPD.

Birgit Halgato, SPD:

„Von den Plänen der Melanchthon-Höhe waren wir sehr angetan. Die Größenordnung und auch die zu erwartenden Investitionen des Objekts haben uns etwas erstaunt und machen uns skeptisch. Die vom Investor vorgelegten Referenzen im Ausland sind für uns bisher noch kein Maßstab, um die Realisierung abschätzen zu können. Sollten jedoch Referenz-Objekte präsentiert werden können, die auch nachweislich umgesetzt wurden, würde es uns leichter fallen, dieser Sache positiv gegenüber zu stehen. Wir waren sehr angetan von den Plänen auf diesem Gebiet, doch muss zuerst das Baurecht hergestellt werden. Vorher können die nun aufgetretenen Fragen sicherlich mit dem Investor abschließend geklärt werden. Ein Projekt dieser Größe mit so einem markanten Blickfang wäre sicherlich für Bretten eine Aufwertung, deshalb würde es die SPD-Fraktion nach Abklärung aller offenen Punkte auch unterstützen. Ob das Objekt überhaupt bis zur Planreife kommt ist aber noch fraglich.“

Jan Elskamp, FPD.

Jan Elskamp, Fraktionsvorsitzender FDP:

Die BVA-Immobiliengruppe hat mit der „Melanchthonhöhe” ein spektakuläres Bauprojekt präsentiert, das in der Umgebung seinesgleichen sucht. Die FDP unterstützt ein so ambitioniertes Vorhaben mit seiner überregionalen Strahlkraft grundsätzlich. Gleichwohl fragen wir uns, ob der Investor das nötige Rüstzeug mitbringt, um ein Quartier dieser Tragweite zu realisieren. Wurden Referenzen, Erfahrung und finanzielle Situation der BVA-Gruppe seitens der Verwaltung sorgfältig überprüft? Wir sehen es kritisch, dass der neue Grundstückseigner keine vergleichbaren, erfolgreich abgeschlossenen Projekte vorweisen kann. Im Übrigen fordern wir, dass die „Melanchthonhöhe” in ein ganzheitliches städtebauliches Konzept eingebunden wird. Bretten fehlt weiterhin eine übergreifende Vision für die künftige Stadtentwicklung, die die vielen Einzelbaustellen (Sporgasse, Gartenschau, Fibron-Mellert-Areal, „Melanchthonhöhe”, Bahnhof, Südwestumgehung, et cetera) zu einem sinnvollen Ganzen integriert. Wir brauchen Leitlinien für Wohnungsbau, Gewerbeentwicklung und Mobilität. Das Rathaus muss endlich ein kohärentes Bild zeichnen, wo Bretten in fünf, zehn oder zwanzig Jahren stehen soll. Damit die FDP der Änderung des Bebauungsplans zustimmt, bedarf es noch einiger Überzeugungsarbeit. Erstens sollte der Investor glaubhaft darlegen, dass er das Quartier tatsächlich realisieren kann und das Projekt erfolgreich abschließt. Zweitens fragen wir uns, ob die Dimensionen der „Melanchthonhöhe” genügend an der umliegenden Infrastruktur ausgerichtet sind. Das betrifft insbesondere die Kapazität des Straßennetzes und der Kanalisation. Die Freien Demokraten werden sich erst konkret positionieren, wenn ein fassbarer Entwurf für den Bebauungsplan im Rat verhandelt wird. Bis dahin stehen wir dem Vorhaben grundsätzlich positiv gegenüber, bringt es doch mit kleinem Flächenverbrauch und klimaschonender Bauweise einen großen Zuwachs an Wohnraum. Die genannten Punkte liefern aber noch Anlass zur Skepsis.

Hermann Fülberth, Aufbruch Bretten.

Hermann Fülberth, Fraktionsvorsitzender Aufbruch Bretten:

„Kolossalbauten wie die „Melanchthonhöhe“ sind weder zeitgemäß noch passen sie zu unserem Stadtbild. Ebenso wenig besteht für Luxuswohnungen kein Bedarf. Was den Wohnungsbau betrifft, sollte sich die Stadt endlich darauf fokussieren, größere Projekte im sozialen Wohnungsbau anzugehen, nicht über private Investoren, sondern über genossenschaftliche Modelle. Unsere Ressourcen im Bereich Bauplanung, Infrastruktur und Finanzen dürfen wir auf keinen Fall an die Privat-Immobilie Melanchthonhöhe verschwenden. Aufbruch Bretten wird im Gemeinderat dieses Projekt ablehnen.“

Andreas Laitenberger, AfD.

Andreas Laitenberger, Fraktionsvorsitzender AfD:

"Die AfD hält diesen Vorschlag für eine sehr interessante Gelegenheit. Wir können uns glücklich schätzen, dass ein Investor solche Summen in Bretten investieren will. Einige Bürger denken ja, die Stadt würde dieses Projekt verwirklichen. Dem ist aber keinesfalls so. Die Stadt und der Gemeinderat können nur den Weg zur Verwirklichung dieses Bauvorhabens ebnen. Dem Investor BVA trauen wir dieses Vorhaben in jedem Fall zu. Dasselbe gilt auch für den architektonischen Entwurf. Dankbar sind wir von der AfD aber auch dem Stadtbaumeister Karl Velte, dass er durch sein Wirken überhaupt die Möglichkeit gegeben hat, so etwas für Bretten zu entwickeln. Wie schnell so ein Projekt realisiert werden kann, wird nun die Zeit zeigen. In jedem Fall wäre es wichtig, da wir in Bretten dringend Wohn- aber auch Gewerberaum benötigen. Ob die AfD den entsprechenden Bebauungsplan im Gemeinderat unterstützt, hängt davon ab, ob die von der Stadt gestellten Vorgaben entsprechend erfüllt werden.“

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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