Stadtspaziergang in Bretten mit dem Grünen-Bundestagsabgeordneten Matthias Gastel
„Radfahren darf keinen Mut erfordern“

Von links: Sebastian Grässer (Kandidat des Wahlkreises Bretten zur Bundestagswahl), Thomas Holland-Cunz (Grüne Bretten) sowie Bundestagsabgeordneter Matthias Gastel. | Foto: hk
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  • Von links: Sebastian Grässer (Kandidat des Wahlkreises Bretten zur Bundestagswahl), Thomas Holland-Cunz (Grüne Bretten) sowie Bundestagsabgeordneter Matthias Gastel.
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Bretten (hk) Die Brettener Grünen haben am gestrigen Montag, 13. September, Matthias Gastel, Sprecher für Bahnpolitik und Mitglied im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur im Bundestag, zu einem Stadtspaziergang mit dem Thema „Mobilität der Zukunft“ in die Melanchthonstadt eingeladen. Bereits zu Beginn beim Treffpunkt am Bahnhof in Bretten stellte Thomas Holland-Cunz vom Grünen-Ortsverband klar, dass er eine große Chance im geplanten Mobilitätskonzept für Bretten sehe. „Wir wollen nur hoffen, dass das auch im Gemeinderat entsprechend gewürdigt wird“, sagte er. Jutta Biehl-Herzfeld vom ADFC Bretten erinnerte daran, dass die Umsetzung der Barrierefreiheit am Bahnhof im Jahr 2023 erfolgen solle. Gastel betonte: „Fahrradgerecht und barrierefrei – dabei handelt es sich nicht immer um identische Bedürfnisse“ und verdeutlichte dies am Beispiel des fehlenden Aufzugs am Brettener Bahnhof. Zwar seien Aufzüge an Bahnhöfen der Deutschen Bahn hinsichtlich ihrer Größen nicht standardisiert. Tandem- oder Lastenräder bei der Umsetzung eines Aufzugs zu berücksichtigen, wäre trotzdem sehr schwierig. Einfordern sollte man aber, dass ein Fahrrad zumindest diagonal in den Aufzug passe.

Kleine Maßnahmen mit großer Wirkung

Der Bahnhof, so Gastel weiter, sei ein Ort, an dem verschiedene Verkehrsangebote zusammengeführt werden müssten. Dazu gehörten auch Angebote für Carsharing und Fahrradverleihsysteme. Es müssten zudem Möglichkeiten geschaffen werden, Verspätungen im Bahnverkehr abzubauen. „Das funktioniert nur dann, wenn schnellere Züge langsamere Züge überholen können“, so Gastel. Dazu seien Überleitstellen wichtig. Es gebe zwar Finanzmittel für Aus- und Neubauten, berichtete Gastel weiter, allerdings kein Etat für kleine Maßnahmen, die in zwei bis vier Jahren umsetzbar seien. Doch genau diese Maßnahmen hätten eine große Wirkung.

Radverkehr untergeordnet behandelt

Weiter ging der Spaziergang der Grünen zum Kreisverkehr an der Jugendmusikschule. „Was ich bei diesem langgestreckten Kreisel gar nicht so schlecht finde, ist, dass Radfahrer viel Platz haben“, lobte Holland-Cunz. „Da haben wir noch ganz andere Beispiele in Bretten, die schlechter gelöst sind“, sagte er in Anspielung auf den Kreisverkehr beim Kraichgau-Center. Negativ fiel der Gruppe auch auf, dass der Radweg entlang der Wilhelmstraße in beide Richtungen führt. Zusätzlich bestehe eine erhebliche Gefahr durch Autofahrer, die sich von den dortigen Parkplätzen in den Verkehr auf der Wilhelmstraße einfädeln wollen, bemerkte Frank Schneidereit von der Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten (BIVEB). Der Radverkehr sei in den letzten Jahrzehnten untergeordnet behandelt worden, sagte Schneidereit weiter. „Bevor es das Mobilitätskonzept der Planersocietät gab, gab es nicht einmal eine Kartierung der Fuß- und Radwege.“

Nicht zu lange am großen Ganzen planen

Eine Frage an Gastel lautete, wie man die Umsetzung von Radwegen angehen müsse. „Wartet man auf die Durchführung des Mobilitätskonzepts und nimmt noch zehn Jahre in Kauf, bis alles funktioniert? Oder muss man versuchen, überall Radwege durchzusetzen, bis sie irgendwann in einem Radwegenetz münden?“, so ein Teilnehmer des Rundgangs. Im Optimalfall, antwortete Gastel darauf, sollte der Plan so aussehen, dass man von vornherein wisse, wie es am Ende aussehen solle. Dies müsse dann Schritt für Schritt angegangen werden, zum Beispiel nach der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln oder von Planungskapazitäten. „Was nicht sein darf, ist über Jahre nichts zu machen. Lieber Stück für Stück weitermachen, als zu lange am großen Ganzen planen“, sagte Gastel.

Radwege müssen auch für Kinder und Senioren zumutbar sein

Sinn und Zweck sei es, den Radverkehr zu mehren, durch eine Radverkehrsinfrastruktur mit Verbindungen, die sich fürs Radfahren besonders eignen. „Menschen fahren nur dann Fahrrad, wenn sie sich sicher fühlen. Radfahren darf keinen Mut erfordern“, betonte Gastel. Radwege müssten unbedingt auch für Kinder und Senioren zumutbar sein, nur dann würden sie allen Radfahrern gerecht. Sebastian Grässer, Kandidat des Wahlkreises Bretten zur Bundestagswahl, fügte hinzu, dass es auch noch ein „tief sitzendes, gesellschaftliches Problem“ gebe. Viele Menschen, gerade in ländlichen Gebieten, hätten ihren Führerschein zu einer Zeit gemacht, als es noch nicht so viele Radfahrer auf den Straßen gegeben habe. „Diese Radkultur fehlt und wir müssen sie etablieren“, sagte Grässer. Und weiter: „Es ist ein selbstverstärkender Effekt: Solange es unsicher ist, Fahrrad zu fahren, bleiben die Menschen beim Autofahren.“

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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