Strukturwandel im Einzelhandel: Weiter Weg zur Citymanagerin - ein Blick nach Ettlingen

Einkaufen und genießen: Auch viele Gaststätten in der Fußgängerzone tragen das Ihre zur Aufenthaltsqualität in der historischen Ettlinger Innenstadt bei. | Foto: Stadt Ettlingen
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  • Einkaufen und genießen: Auch viele Gaststätten in der Fußgängerzone tragen das Ihre zur Aufenthaltsqualität in der historischen Ettlinger Innenstadt bei.
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Nicht nur in Bretten macht der Internethandel, neben anderen Faktoren, den stationären Einzelhändlern zunehmend zu schaffen. Und nicht nur in Bretten halten Stadtverwaltung, Einzelhandel und Gewerbe mit Maßnahmen dagegen, um die Attraktivität der Innenstadt langfristig zu sichern. Wie Bruchsal mit dem Strukturwandel im Einzelhandel umgeht, haben wir letzte Woche beleuchtet. Heute schauen wir nach Ettlingen.

BRETTEN/ETTLINGEN (ch) Leerstände und mangelnde Laufkundschaft – die Symptome sind fast überall gleich: Nicht nur in Bretten macht der Internethandel, neben anderen Faktoren, den stationären Einzelhändlern zunehmend zu schaffen. Und nicht nur in Bretten halten Stadtverwaltung, Einzelhandel und Gewerbe mit Maßnahmen dagegen, um die Attraktivität der Innenstadt langfristig zu sichern. Ein Blick über den heimischen Tellerrand kann daher lohnend sein: Nicht um die eigene Stadt schlecht zu reden, sondern um von den Nachbarn zu lernen. Und zwar überall dort, wo dies gemessen an Brettener Verhältnissen sinnvoll erscheint. Nachdem wir letzte Woche das Beispiel Bruchsal beleuchtet haben, schauen wir heute nach Ettlingen.

Historische Innenstadt und Schloss als Magneten

Anders als Bruchsal, dessen Stadtkern kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs bei einem Fliegerangriff zerstört wurde, verfügt Ettlingen – ähnlich wie Bretten – über eine gewachsene historische Innenstadt. Mit ihren mittelalterlichen Gassen, Gebäuden aus verschiedenen Stilepochen, Brunnen und Türmen prägt die Altstadt auch das Einkaufsklima in der nach Bruchsal zweitgrößten Stadt im Landkreis. Überwiegend kleine, feine und inhabergeführte Geschäfte laden zum ruhigen Einkaufen mit persönlicher Beratung ein. „Wir profitieren auch von Kunden aus den benachbarten Karlsruher Stadtteilen Rüppurr und Durlach, denen die Großstadt zu unpersönlich, zu voll und zu hektisch ist“, sagt Sabine Süß, Leiterin der Stabsstelle Büro des Oberbürgermeisters, die unter anderem für die Bereiche Stadtmarketing und Citymanagement zuständig ist. Und schließlich zieht auch das imposante Ettlinger Schloss als kultureller Mittelpunkt mit Museum, Schlossfestspielen sowie Veranstaltungs-, Tagungs- und Kommunikationszentrum eine Vielzahl Besucher in die Innenstadt. Dass das Schloss – anders als in Bruchsal – in kommunalem Besitz ist, eröffnet der Stadt Gestaltungsmöglichkeiten, die sie zur Innenstadtbelebung und somit indirekt zur Förderung des örtlichen Einzelhandels nutzt. Beispielsweise sind im Schloss das städtische Trauzimmer sowie die Stadtinformation untergebracht und seine zahlreichen Säle werden neben vielen regelmäßigen kulturellen Veranstaltungen für private wie geschäftliche Events zur Verfügung gestellt.

Wenig Spielraum für neue große Ladenflächen

Sabine Süß hätte gleichwohl nichts dagegen, „wenn wir zwei, drei Filialisten mehr hätten, die eine bestimmte Klientel anziehen und als Frequenzbringer für die ganze Innenstadt dienen.“ Doch der Spielraum, in einer gewachsenen historischen Umgebung größere zusammenhängende Ladenflächen zu schaffen, ist gering. Seit der großen Altstadtsanierung in den 1970er Jahren, in der auch die Fußgängerzone entstand, wurden laut Süß nur wenige neue Projekte realisiert. Das jüngste ist der Umbau des Postareals am Stadtpark durch einen privaten Investor. Dem Mitte Oktober gefeierten Spatenstich gingen mehrere Jahre zäher Verhandlungen voraus. Zwar werden auf dem Postareal neben 15 Wohnungen auch vier neue Ladenflächen geschaffen. Aber zwei sind bereits für Briefpost und Postbank reserviert, den Rest belegen ortsansässige Geschäfte, die sich erweitern wollen.

Finanzierung von Citymanagerin aufgeteilt

Auch die Ettlinger Einzelhändler spüren vermehrt den Wettbewerbsdruck durch den Internethandel, was hin und wieder schon zu Geschäftsaufgaben führte. Vor diesem Hintergrund hat die Werbegemeinschaft Ettlingen als Interessenvertretung der Innenstadt-Einzelhändler darauf gedrängt, eine Stelle für Citymanagement einzurichten. Im September 2016 konnte Nicole Bär ihren Dienst antreten. „Bis dahin war es ein langer, steiniger Weg“, erinnert sich ihre Vorgesetzte Sabine Süß. Denn: „Es ist ja nicht mit der Stelle getan, sie braucht auch ein Budget, und das kann die Stadt allein nicht stemmen.“ Schließlich einigte man sich darauf, dass die Stadt die halbe Stelle der Citymanagerin finanziert, während die Werbegemeinschaft einerseits und der Gewerbeverein Ettlingen andererseits je zur Hälfte die Projektmittel in Höhe von insgesamt 30.000 Euro pro Jahr aufbringen.

Neue Impulse für Einzelhandel und Gewerbe

Hinzu kommen weitere rund 20.000 Euro städtischer Mittel für Aktivitäten in der Innenstadt im Rahmen der klassischen Imagepflege, über die der schon viel länger bestehende Bereich Stadtmarketing verfügt. Sabine Süß räumt ein, dass sich die Aufgabenbereiche von Stadtmarketing-Mitarbeiterin Eva Streng und Citymanagerin Nicole Bär nicht immer scharf trennen lassen. Beide arbeiten zusammen und vertreten sich gegenseitig. Vertraglich festgeschrieben ist allerdings, dass die Citymanagerin für Werbegemeinschaft und Gewerbeverein arbeitet. Neben einer Verbesserung des Informationsflusses durch regelmäßige Treffen mit den Vorsitzenden der Werbegemeinschaft sowie den aktiven Mitgliedern von Werbegemeinschaft und Gewerbeverein soll sie für neue Impulse und Ideen sorgen. Unter anderem wurde im September der alte Gutschein der Werbegemeinschaft durch den flexibleren und weiter verbreiteten Regio-Geschenkgutschein ersetzt, der lokal als „Ettlinger Geschenkgutschein“ firmiert. Mittelfristig versucht die Citymanagerin zudem, die Einzelhändler vom Vorteil einheitlicher Ladenöffnungszeiten zu überzeugen. Insbesondere an den Samstagen machten viele Geschäfte zu früh und zu uneinheitlich zu, bedauert Sabine Süß. Auch das Management von Leerständen in der Innenstadt - außerhalb ist die Wirtschaftsförderung zuständig - gehört zu den Aufgaben der Citymanagerin. „Wir suchen das Gespräch mit den Eigentümern, machen Vorschläge und suchen auch aktiv nach Ersatzmietern, um in der Innenstadt einen interessanten Mix zu erhalten“, so Süß.

Kampagne für stationären Handel

Dem durch die Digitalisierung beschleunigten Strukturwandel im Einzelhandel begegnet Ettlingen zum Beispiel mit einem Wirtschaftsforum zum Thema „Digitalisierung in Handel und Gewerbe“. Dazu laden morgen, am 9. November, Stadtmarketing, Citymanagement und Wirtschaftsförderung gemeinsam ein. Im vergangenen Sommer lief die Kampagne „Lass den Klick in Deiner Stadt“. Gemeinsam brachten die Stadtwerke Ettlingen, ein privater Radiosender und ein regionales Online-Portal den Verbrauchern fünf Wochen lang die Vorteile des stationären Handels nahe. Außerdem gab es eine Vortragsveranstaltung und Workshops zur Digitalisierung sowie eine Händlerexkursion nach Heilbronn, wo man laut Süß in Sachen Digitalisierung bereits weiter ist. „Die Digitalisierung wird uns in den kommenden Jahren noch gut beschäftigen“, ist Sabine Süß überzeugt. Übergeordnetes Ziel aus Sicht von Stadt und Einzelhandel ist nach ihren Worten die Belebung der Innenstadt. Um dies zu erreichen, müsse man „die Verbraucher durch das Internet in die Läden bekommen.“

Parkleitsystem und Verbesserung der Aufenthaltsqualität

Bleibt die Daueraufgabe jeder Stadtverwaltung, ihre Innenstadt ständig noch attraktiver zu machen. Ein Parkleitsystem, bestehend aus elektronischen Anzeigetafeln an den Zufahrtstraßen mit Hinweis auf freie Stellplätze in den beiden Tiefgaragen der City gibt es schon. Aber es geht auch um eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität. Darunter fallen in Ettlingen zum Beispiel das Lichtkonzept, das neben einer Verschönerung der Atmosphäre auch Sicherheit und Orientierung schafft, außerdem die festen Wegweiser mit flexiblen Elementen für Geschäfte, die Innenstadtbegrünung, die ganzjährige Instandhaltung von Sitzbänken, die Regulierung privater Möblierung öffentlicher Flächen, der zwei Mal wöchentlich auf verschiedenen Plätzen stattfindende Wochenmarkt und eine regelmäßige Pflastersanierung. Mit dem Neuen Markt geht es los. Er soll ab Frühjahr 2018, wenn die darunter liegende Tiefgarage saniert wird, eine neue, barrierefreie Pflasterung erhalten. Allerdings unter der Maßgabe, wie Sabine Süß betont: „Das historische Flair soll auf jeden Fall erhalten bleiben.“

Mehr zum Einzelhandel lesen Sie auf unserer Themenseite

Autor:

Chris Heinemann aus Bretten

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