Kommentar zum Jahr 2020
Vereint den Löwen fesseln
„Corona“: Ein Wort, das vor diesem Jahr den meisten höchstens als Markenname eines hopfenhaltigen Kaltgetränks ein Begriff war, hat in 2020 das Leben der Menschen auf eine erschreckende Weise verändert oder besser ausgedrückt, lahmgelegt. Eine Rückschau auf die vergangenen 365 Tage ist ohne die immer noch vorherrschende Pandemie nicht möglich. Zu einschneidend und unauslöschlich sind die Folgen, die das Virus in sozialer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht auf unser Leben hatte und noch hat. Dabei sind die stetig steigenden Infektions- und Todeszahlen nur die eine erschreckende Seite der Pandemie.
Die andere Seite ist die bittere Erkenntnis, dass in gar nicht so kleinen Teilen unserer Gesellschaft ein tief verwurzeltes Misstrauen gegenüber unserem Staat und unseren Regierungen auf Bundes- und Landesebene existiert. Dabei ist es sicher nicht fair, alle Corona-Kritiker über einen Kamm zu scheren und sie wahlweise als „Aluhutträger“ oder „Corona-Leugner“ zu titulieren. Auch unter diesen Kritikern gibt es Menschen, die verschiedenen Maßnahmen, wie beispielsweise der Schließung der Gastronomie, mit Skepsis und nachvollziehbaren Argumenten entgegentreten.
Und mit Sicherheit kann man den Kurs der Regierungen an manchen Stellen zu Recht kritisieren. War es richtig, die Schulen offenzulassen, kam der jetzige harte Lockdown nicht viel zu spät und hätte man bei den Corona-Regeln nicht mehr differenzieren müssen - Stichwort Gastronomie? Das alles sind Fragen, die diskutiert werden können, ja sollten. Bedenken muss man aber auch, die Politik stand in der neueren Zeit noch nie vor einem Problem, über das man so wenig wusste und zu dem beinahe täglich neue Fakten bekannt wurden. Eines ist aber klar: Das Virus an sich ist nicht verhandelbar und lässt sich nicht wegdiskutieren, die steigenden Fallzahlen bei den Infizierten und immer mehr auch bei den Corona-Toten zeigen dies überdeutlich.
Und darum muss doch zum Beispiel eines auch ganz klar sein: Wenn es dabei hilft, Druck von den Krankenhäusern und damit von Ärzten und Krankenpflegern zu nehmen, dann kann man in diesem Jahr auch einmal auf die Weihnachtsfeier, die Böllerei an Silvester nebst ausschweifender Party oder andere Feier-Anlässe verzichten. Das erscheint als geringes Opfer, damit wir uns im nächsten Jahr wieder in den Armen liegen können. Die anstehenden Impfungen sind ein Hoffnungsschimmer, mehr aber auch nicht. Was bis dahin passiert, hat jeder nun zu einem großen Stück weit selbst in der Hand. Es braucht jetzt diese Kraftanstrengung jedes Einzelnen, um die Pandemie zu besiegen. Die Äthiopier haben dazu im Übrigen ein schönes Sprichwort: “Wenn Spinnen vereint weben, können sie einen Löwen fesseln.”
Brettener Woche-Redaktionsleiter
Christian Schweizer
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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