Leserbrief zum Bauvorhaben "Melanchthonhöhe"
Zu Begeisterung gehört Nüchternheit

Leserbrief zum Bauvorhaben "Melanchthonhöhe".

Das Projekt „Melanchthonhöhe mit 82 Meter hohem Turm“ ist zur Zeit in fast aller Munde. Im Gegensatz zur durchgängig überschwänglichen Begeisterung im Brettener Gemeinderat und der Verwaltung wird das spektakuläre Projekt in der Bevölkerung eher kontrovers gesehen. Das finde ich gut so. Gerade vor dem Hintergrund, dass der Brettener Gemeinderat sich über die Jahre schon mehrfach zu spontan begeisterte. Zuerst ist mir da der Müllglühofen von Thermoselekt für Gölshausen in Erinnerung, dann 2010 das utopische Sporgassenprojekt vom Investor Ten Brinke mit 7.500 Quadratmeter Verkaufsfläche und danach 2016 das Ärztehaus mit „Parkhaus-Schlachtschiff“, was der Brettener Altstadtgestaltungssatzung Hohn sprach.

Da erscheint mir die skeptische Haltung der Bevölkerung doch realitätsnäher. Und so höre ich immer wieder: "Was meinen Sie dazu?" Eine spektakuläre Idee eines Privatinvestors und eine ansprechende, begrünte Architektur für die „Melanchthonhöhe“ ist ein Kriterium. Es müssen aber auch noch andere entscheidende Gesichtspunkte und Rahmenbedingungen mit herangezogen werden, zum Beispiel das Entwässerungsproblem und in dessen Folge das Hochwasserproblem, das bei Nachverdichtungen immer bedeutender wird.

Schon bei der Bebauung der Diedelsheimer Höhe mussten ein großes Regenrückhaltebecken gebaut und die Mischwasserkanäle in der Vorflut aufdimensioniert werden. Für die Ableitung der Schmutz- und Regenwasserfracht von 25.000 Quadratmeter Wohn- und Dienstleistungsfläche muss mit aller Voraussicht die Kanalstrecke vom Objekt bis zum Verbandssammler in der Rinklinger Straße ausgetauscht werden. Vor der Einleitung wird noch ein Entlastungsbauwerk nötig werden. Dem Gebührenzahler dürften diese verursacherbedingten Kosten nicht auferlegt werden. Beim Investor verteuern sie aber die Wohnungs- und Mietpreise.

Da das Baugelände von viel befahrenen Bundesstraßen umgeben ist, spricht bezüglich der Anbindung, der Bund als Straßenbauträger das entscheidende Wort. Die geplanten 160 Wohneinheiten, Kongresszentrum und Dach-Cafe produzieren einen gewaltigen Zu- und Abfahrtsverkehr, der, wenn überhaupt, nur kreuzungsfrei an die Bundesstraßen angebunden werden dürfte. Wo ist der Platz dafür, zum Beispiel für Tunnel und Rampen? Vor allem diese Kosten schlagen sich im Mietpreis für die Wohnungen nieder. Stadtplanung und Politik haben auch die Aufgabe, Planungsrecht nur im benötigten oder überhaupt möglichen Umfang und an den richtigen Stellen zu schaffen.

Dies gilt nun nicht nur für Verkaufsflächen, Ärztehäuser und Kongresszentren, sondern auch für auslastbare Versammlungsstätten. Braucht die Stadt neben dem Bernhardushaus, dem Versammlungsraum mit Catering im Hallensportzentrum, dem geplanten Hotel Seeburger mit Kongressräumen und der geplanten Versammlungsstätte mit 360 Sitzplätzen im Bronnerbau dann noch eine weitere im Melanchthontower? Welche Auswirkungen auf die Verkehrsflüsse und auf vorhandenen und zusätzlich benötigten Parkraum sowie die jeweilige Wirtschaftlichkeit der Nutzungen ergeben sich?

Ansprechende Architektur allein reicht nicht zur Begeisterung. Herbert Wright schrieb im Juli in einer Architektur-Zeitschrift: „Architektur ist eine der Stellschrauben in Fragen einer nachhaltigen Welt“ und „Vielleicht müssen wir uns die Frage stellen, wie nachhaltig Bauen sein kann, wenn das Ziel die Maximierung der finanziellen Rendite pro Quadratmeter ist“.

Gunter Lange
Bretten

Alles zum Thema Melanchthonhöhe Bretten finden Sie auf unserer Themenseite.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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