Vortrag über naturnahe Gartengestaltung
Naturnahe Gärten gegen den Klimawandel und seine Folgen
Bretten (kn) „Der Klimawandel ist inzwischen in den Köpfen aller angekommen. Nun sind wir alle aufgefordert, etwas gegen die Überhitzung im Sommer zu tun“, erklärte Bürgermeister Michael Nöltner bei der Begrüßung zu einem Vortrag über naturnahe Gartengestaltungen, der von Landschaftsarchitekt und Gärtnermeister Frieder Weigand in Bretten gehalten wurde. Weigand war bereits zum dritten Mal in Bretten, dieser Vortrag unterscheide sich aber von den vorherigen, denn der Klimawandel sei nun fortgeschritten, erklärte der NABU-Vorsitzende Norbert Fleischer. Inzwischen seien die Sommerhitze und der Wassermangel ein drängendes Thema.
Lebendiger und unterhaltsamer Vortrag
Mit rund 60 Personen war die Veranstaltung, die die Stadt Bretten gemeinsam mit der Volkshochschule und dem NABU Bretten in jedem September anbietet, noch besser besucht als in den Vorjahren. Das ist wohl auch der Tatsache geschuldet, dass Landschaftsgärtner Weigand seinen eineinhalbstündigen Vortrag sehr lebendig und unterhaltsam mit vielen Anekdoten und einer Portion Humor gespickt, zu halten vermag. Außerdem erhalten die Besucher der Veranstaltung nicht nur wertvolle Tipps, sondern am Ende direkt eine Liste, über die sie beim NABU heimische Fruchtsträucher bestellen können.
"Unzuverlässige Jahreszeiten"
Und so startete Weigand mit den, wie er sagte, "aktuell größten Herausforderungen für die Menschheit: dem Klimawandel und dem Biodiversitätsverlust." So gebe es seit einigen Jahren unzuverlässige Jahreszeiten mit langen Trockenperioden bei gleicher Niederschlagsmenge, dafür aber mit viel weniger Regenereignissen. Das heißt, wenn es regnet, dann stark.
Außerdem beobachte man eine verstärkte Einwanderung von Insekten wie der Blauschwarzen Holzbiene aus dem mediterranen Raum und dem Taubenschwänzchen. Die Frage sei nun, wie man auf den Klimawandel reagieren solle. „Hier helfen weder Mähroboter noch teure Bewässerungssysteme“, so Weigand.
Heimische Pflanzen fördern die Artenvielfalt
Ein Trend sei, dem trockenen Klima durch den Anbau exotischer Pflanzen zu begegnen. Dies sei aber falsch, denn diese verdrängten die einheimischen Pflanzen und trügen zum Artenverlust von Pflanze und Tier bei. So bestehe eine Wechselbeziehung zwischen Tieren und Pflanzen, die seit hunderten von Jahren aufeinander eingespielt und voneinander abhängig seien. So ernährten sich etwa die Raupen des wunderschönen Tagpfauenauge-Schmetterlings ausschließlich von Brennnesseln. Deren Population werde gestört, wenn man jede Brennnessel als Unkraut betrachte und aus dem Garten entferne. Als weitere Beispiele nannte Weigand die Erdbeere, die von Wildbienen und nicht von Honigbienen bestäubt werde, weil sie ein Frühblüher sei und es zu diesem Zeitpunkt noch keine Honigbienen gebe. Auch Kirschen würden nicht von Honigbienen, sondern von Ameisen und Fliegen bestäubt. „Auch die Imker können uns nicht retten“, so das Fazit von Weigand.
Deshalb müsse die genetische Vielfalt zwischen den Arten gewährleistet sein, also die Artenvielfalt. Aber auch innerhalb der gleichen Population gebe es an unterschiedlichen Orten eine Vielfalt der Arten, die ein Überleben durch Anpassung ermögliche. Zu guter Letzt gebe es auch innerhalb einer Population immer weniger Insekten. Mitverantwortlich dafür sei auch ein Rückgang an Strukturvielfalt wie Schatten, Sonne, Feuchtigkeit und Trockenheit. Stattdessen herrsche Monotonie im Garten und auf den Grünflächen. Im Gegenzug werde Artenvielfalt erhöht, wenn man unterschiedliches Mikroklima zulasse, etwa vor der Hecke, in der Hecke und hinter der Hecke. Die Lösung seien Pflanzen, die Biodiversität förderten und trockenheitsresistent seien.
Magere Böden hohe Artenvielfalt, nährstoffreiche Böden wenige Artenvielfalt
Das Erfolgsrezept für das Gedeihen heimischer Pflanzen sei ein magerer Boden aus Kiessand, mit Anteilen aus Lehm und Sand. Magere Böden erzeugten eine hohe, nährstoffreiche Böden eine geringe Artenvielfalt, weil sich bei letzterem die wenigen durchsetzungsfähigen Pflanzen ausbreiteten. Ein zusätzlicher Vorteil magerer Böden sei, dass man diese kaum pflegen müsse. Als Beispiel nannte er den Natternkopf, der sich sehr gerne vermehrt und Lücken besetzt und zugleich Insekten anzieht. Ebenso verhalte es sich mit Karthäusernelke und Pechnelke.
Unterscheidung von Schottergarten und Steingarten
„Als eine der ersten Städte in Baden-Württemberg hat die Stadt Bretten bereits ab 2014 das Anlegen von Schottergärten in ihren Bebauungsplänen untersagt“, erklärte die Leiterin des Amtes für Stadtentwicklung und Baurecht, Cornelia Hausner. Seit dem 1. August 2020 habe auch das Land Baden-Württemberg das Verbot von Schottergärten in Vorgärten gesetzlich verankert. Nun gäbe es immer wieder Nachfragen, was denn der Unterschied zwischen einem Schottergarten und dem klassischen Steingarten sei. Ein Schottergarten habe meist eine Steingröße und sei frei von Lehm- und Sandanteilen. Womöglich sei dazu noch eine Folie unterlegt. „Da lebt nichts!“, so Weigand. Der Steingarten (siehe dazu auch die Kiesgärten von Beth Chatto, der englischen Gartengestalterin) hingegen bestehe neben den Pflanzen beispielsweise aus dem so genannten „Vorsieb“, der beim Sieben im Steinbruch anfällt und überdies relativ günstig sei. Der Vorteil von diesem Substrat sei, dass es wenig Nährstoffe habe, die Oberfläche schnell abtrockne und der Sand die Feuchtigkeit halte, ohne dass die Pflanzen im Wasser stehen.
Man muss den Garten nicht winterfest machen
Den Garten winterfest zu machen, bedeute im Badischen meist, alles kurz und klein zu schneiden, wegzuputzen und mit Rindenmulch zu füllen. Schlecht für die Biodiversität, sagt der Fachmann. Vielmehr solle man noch etwas stehen lassen und abgeschnittene Pflanzenstengel aufrecht festbinden, damit Insekten darin überleben können. Laub könne man aufgehäuft in der Ecke des Gartens sammeln und ebenso für Insekten und Tiere liegen lassen. Das habe dieselbe Wirkung wie ein Komposthaufen, der Lebensraum und Nahrungsangebot sei.
Autor:Kraichgau News aus Bretten |
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