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Expert*Innen informierten zu: Prostatakrebs
„In jedem Krankheitsstadium stehen wirksame Therapien zur Verfügung“

Prostatakrebs - Wird der Krebs erkannt, solange der Tumor lokal auf die Prostata begrenzt ist, liegen die Heilungschancen bei etwa 95 Prozent. | Foto: shutterstock
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  • Prostatakrebs - Wird der Krebs erkannt, solange der Tumor lokal auf die Prostata begrenzt ist, liegen die Heilungschancen bei etwa 95 Prozent.
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Diagnose Prostatakrebs – die Nachricht ist für betroffene Männer und ihre Familien ein Schock. Besonders herausfordernd an der Erkrankung ist nicht zuletzt, dass viele Männer nicht zur Prostatakrebs-Vorsorge gehen und nicht gerne über die spezifischen Probleme sprechen. Eine fundierte Information über die Entstehung von Prostatakrebs, Diagnosemöglichkeiten, den Krankheitsverlauf und die Behandlungsoptionen hilft, die passenden Therapieentscheidungen zu treffen und die Folgen der Erkrankung besser zu bewältigen. In der Sprechzeit informierten Expertinnen und Experten über alle Aspekte der Erkrankung von den ersten Symptomen bis zu neuen Therapieverfahren. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick:

Symptome und Diagnose:

Welche Symptome deuten auf eine Erkrankung der Prostata hin?
Dr. med. Jörg Klier: In der Regel verursacht ein Prostatakarzinom in der Frühphase keine spezifischen Beschwerden. Einen Hinweis können Beschwerden bei der Harnentleerung liefern, zum Beispiel das Gefühl, die Blase nicht mehr vollständig entleeren zu können oder wenn Urin tropfenweise austritt, bevor Sie die Toilette erreichen. Auch ein gehäuftes nächtliches Wasserlassen kann im Zusammenhang mit einer Prostataerkrankung stehen. Deutlicher noch sind Symptome wie Blut im Urin oder in der Samenflüssigkeit, Schmerzen bei der Ejakulation, in Rücken, Becken oder im Hüftbereich sowie Potenzstörungen. Weil Prostatakrebs zunächst oft keine Beschwerden verursacht, ist die Vorsorge so wichtig. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die jährliche Untersuchung ab dem 45. Lebensjahr.

Welche Untersuchungen werden gemacht, um die Diagnose zu sichern?
Dr. med. Maximilian Reus: Wenn die Früherkennung mittels Tastuntersuchung der Prostata oder der Laborwert für das Prostataspezifische Antigen (PSA-Wert) einen Verdacht auf ein Prostatakarzinom ergeben, ist eine Gewebeentnahme aus der Prostata der nächste Schritt, um die Diagnose zu sichern. Diese Biopsie erfolgt in der Regel über den Enddarm und wird durch Ultraschall gestützt. Mittlerweile hat zusätzlich die multiparametrische Magnetresonanztomographie (mpMRT) als bildgebendes Verfahren an Bedeutung gewonnen. Mit der Kombination aus Biopsie und mpMRT können mehr Karzinome entdeckt werden als beim alleinigen Einsatz eines der Verfahren. Die Kosten für eine mpMRT sind allerdings nicht in allen Fällen Kassenleistung. Diese Frage lässt sich jedoch vorab klären.

Wie geht es nach der Diagnose weiter?
Univ.-Prof. Dr. med. Martin Schostak: Bei Prostatakrebs handelt es sich nicht nur um eine häufige, sondern auch um eine komplexe Erkrankung. Die Therapie hängt von sehr vielen Faktoren ab, unter anderem vom Alter des Patienten, dem Beschwerdebild sowie der Lokalisation und Ausdehnung des Tumors. Um die Ausgangslage präzise zu erfassen, können eine Reihe von Untersuchungen notwendig sein. Bevor eine aktive Behandlung durchgeführt wird, ist eine interdisziplinäre Beratung, zum Beispiel in einem zertifizierten Krebszentrum, dringend anzuraten.

Ich habe von einer besonders genauen Bildgebung namens PSMA PET/CT gelesen. Wofür wird sie eingesetzt?
Univ.-Prof. Dr. med. Martin Schostak: Bei dem so genannten PSMA PET/CT handelt es sich um ein bildgebendes Verfahren zur Klärung, ob Tumor und Metastasen eine ganz spezifische Oberflächenstruktur tragen. Wenn dies der Fall ist, bindet das Prostataspezifische Membranantigen (PSMA), das mit einer schwachen radioaktiven Ladung versehen ist, daran und man kann mittels Positronenemissionstomographie (PET) und Computertomographie (CT) genau sehen, wo und wie viele Metastasen es tatsächlich gibt. Dies hilft, den Krebs genauer einzustufen und eine gezielte Therapieentscheidung und -planung zu ermöglichen.

Lokal begrenztes Prostatakarzinom:

Wird bei Prostatakrebs immer operiert?
Univ.-Prof. Dr. med. Axel S. Merseburger: Die Behandlung hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter das Stadium und die Aggressivität des Krebses, das Alter und die Gesundheit des Patienten sowie seine persönlichen Entscheidungen. Für Patienten mit Prostatakrebs im Frühstadium, bei denen der Krebs langsam wächst und möglicherweise nie Symptome verursachen würde, ist Active Surveillance eine Behandlungsoption. Dabei werden regelmäßige Überwachungsuntersuchungen durchgeführt, um das Tumorwachstum engmaschig zu verfolgen und erst bei Bedarf zu einer aktiven Behandlung überzugehen. Bei älteren Patienten oder solchen mit schweren anderen Erkrankungen, kann das so genannte Watchful Waiting eine Option sein. Eine weitere häufige Behandlungsoption bei Prostatakrebs ist die Strahlentherapie. Sie kann von außen über die Haut erfolgen oder von innerhalb der Prostata. Wichtig ist vor allem, eine informierte Entscheidung zu treffen und die Vor- und Nachteile jeder Option mit dem Arzt zu besprechen.

Was bedeutet „Watchful Waiting“?
Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Jäger: Eine Vielzahl von Prostatakarzinomen wächst wenig aggressiv und tritt erst im höheren Lebensalter auf. In vielen dieser Fälle versterben die Patienten nicht an dem Prostatakrebs, sondern an einer anderen oftmals altersbedingten Erkrankung. Das bedeutet: Nicht alle Männer im höheren Lebensalter würden von einer Operation oder Bestrahlung profitieren. Vielmehr hätte der betroffene Mann unter Umständen mit Nebenwirkungen der Therapie, zum Beispiel einer Harninkontinenz, zu kämpfen. Ziel des Watchful Waiting ist deshalb, den Prostatakrebs zu beobachten und nur dann therapeutisch aktiv zu werden, wenn auch Symptome im Zusammenhang mit der Erkrankung auftreten, die den Patienten einschränken und Probleme bereiten. Nicht die Heilung der Erkrankung steht im Mittelpunkt der Behandlungsstrategie, sondern der Erhalt von Funktion und Lebensqualität – im Idealfall ohne Auswirkung auf die natürliche Lebenserwartung.

Mit welchen Nebenwirkungen muss ich nach einer Operation rechnen?
Prof. Dr. med. Tilmann Kälble: Die radikale Prostatektomie ist heute eine Routineoperation mit sehr guten postoperativen Ergebnissen. Die Inkontinenzrate als gefürchtetste Komplikation liegt bei einem erfahrenen Operateur im Bereich weniger Prozent und ist dann meist nur gering ausgeprägt. Eine schwerwiegende Inkontinenz tritt nur sehr selten auf. Eine weitere Komplikation ist die erektile Dysfunktion: In einem frühen Stadium kann die Erektionsfähigkeit ohne Hilfsmittel in bis zu 70 Prozent der Fälle erhalten werden – bei jüngeren Männern ist die Chance der Erhaltung der Potenz höher als bei älteren, bei beidseitigem Erhalt der relevanten Gefäße ist sie höher als beim einseitigen. Die gute Nachricht: Mit Medikamenten oder anderen Hilfsmitteln kann die Erektionsfähigkeit bei jedem Mann erhalten werden. Selten treten Komplikationen auf, die jede Operation mit sich bringen kann, zum Beispiel Blutungen, eine Infektion, Thrombose oder Embolie. Ebenfalls selten sind Langzeitfolgen wie die Bildung von Engstellen durch Narbengewebe, die jedoch endoskopisch behandelt werden können.

Metastasierendes Prostatakarzinom:

Wie können Metastasen im Körper sicher erkannt werden?
Prof. Dr. med. Chris Protzel: Knochenmetastasen kann man mittels einer Skelettszintigraphie auf die Spur kommen, die Veränderungen im Knochenstoffwechsel sichtbar macht. Eine Magnetresonanz- oder Computertomographie hilft, eventuell befallene Lymphknoten oder andere Metastasen zu entdecken. Sehr präzise lassen sich Metastasen mit dem PSMA PET/CT-Verfahren lokalisieren, bei dem ein spezifisches Eiweiß auf den Tumorzellen radioaktiv markiert wird.

Welche Therapien stehen bei einem metastasierenden Prostatakarzinom zur Verfügung?
Prof. Dr. med. Chris Protzel: Es steht eine Reihe von palliativen Therapien zur Verfügung. Dazu zählen verschiedene Formen der Hormontherapie, die Chemotherapie sowie die Behandlung mit einem PARP-Inhibitor, der zur Gruppe der zielgerichteten Therapien gehört. Eine weitere Therapieoption ist kürzlich mit der Radioligandentherapie hinzugekommen, die auf dem Prinzip des PSMA PET/CT aufbaut. Welche Therapien in Frage kommen, hängt von vielen Faktoren ab und muss immer individuell entscheiden werden.

Wie funktioniert die Radioligandentherapie?
Prof. Dr. med. Tilmann Kälble: Das Prostataspezifische Membranantigen (PSMA) ist ein Enzym, das auf Prostatakrebszellen reichhaltig vorhanden ist und in der Diagnostik beim PSMA PET/CT eine zentrale Rolle spielt. Dieses Enzym lässt sich – vereinfacht ausgedrückt – radioaktiv markieren und anschließend millimetergenau bestrahlen, während das umgebende gesunde Gewebe geschont bleibt. Das Verfahren ist seit Ende 2022 für die Behandlung bei metastasiertem, hormonresistenten Prostatakrebs nach mindestens einer Chemotherapie zugelassen. Es erweitert das Therapiespektrum um eine wirksame Behandlungsform mit einem guten Nebenwirkungsprofil.

Unterstützende Angebote:

Welche Tipps gibt es, um den richtigen Arzt zu finden?
Dr. med. Diana Standhaft: Ein Ausgangspunkt kann eine Empfehlung von jemandem sein, dem Sie vertrauen oder das Gespräch mit Ihrem Hausarzt/Ihrer Hausärztin. Ein Erstkontakt kann zum Beispiel via E-Mail laufen oder per Telefon, soweit der Arzt/die Ärztin dies zeitlich einrichten kann. Neben der fachlichen Qualifikation muss auch „die Chemie stimmen“, denn Vertrauen spielt eine wichtige Rolle im Behandlungsprozess. Vorsicht ist hingegen bei Ärzterankings und Listen im Internet geboten, da die dort enthaltenen Informationen nicht unabhängig geprüft sind. Operationen sollten Sie in von Fachgesellschaften zertifizierten Zentren durchführen lassen, zum Beispiel in den durch die Deutsche Krebsgesellschaft zertifizierten Organkrebszentren. Hier sind Qualitätsstandards und eine ausreichende Anzahl von Behandlungen als Qualitätskriterium sichergestellt.

Wie wird meine Familie in den Behandlungsverlauf einbezogen?
Dr. med. Diana Standhaft: Das persönliche Umfeld des Patienten spielt eine oftmals unterschätzte Rolle bei der Bewältigung der Erkrankung und ihrer Therapie. Wie Familie, Freunde und betreuende Personen konkret in den Behandlungsverlauf einbezogen werden können, hängt sowohl vom Arzt/von der Ärztin ab, als auch vom Patienten selbst sowie von datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Nicht zuletzt stellt die Erkrankung auch für das Umfeld eine Herausforderung dar, die umso besser bewältigt wird, je mehr die Beteiligten informiert und einbezogen sind.

Wo kann ich mich über den Umgang mit der Erkrankung im Alltag informieren?
Ernst-Günther Carl: Neben allgemein zugänglichen Informationen kann der Kontakt zu anderen Betroffenen eine wertvolle Unterstützung im Umgang mit Prostatakrebs sein. Zu wissen, dass man mit seinem Schicksal nicht allein ist, stärkt vielen den Rücken. Einen solchen Austausch ermöglichen Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland. Eine SHG in Ihrer Nähe finden Sie unter www.prostatakrebs-bps.de oder bei der Hotline des Bundesverbands Prostatakrebs Selbsthilfe unter 0800 70 80 123.

Weitere Informationen unter
• Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe e.V.: www.prostatakrebs-bps.de
• Beratungshotline Di., Mi., Do. von 15 – 18 Uhr unter 0800 70 80 123
• Deutsche Krebshilfe: www.krebshilfe.de
• Deutsche Krebsgesellschaft: www.krebsgesellschaft.de

Die Expertinnen und Experten in der Sprechzeit waren:
Univ.-Prof. Dr. med. Axel S. Merseburger; Facharzt für Urologie, Klinische Schwerpunkte Urologische Onkologie, Minimalinvasive urologische Chirurgie, Direktor der Klinik für Urologie am Campus Lübeck des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein
Priv.-Doz. Dr. med. Tobias Jäger; Facharzt für Urologie, Urologische Praxisklinik Essen und Vorstand Deutsche Gesellschaft für Mann und Gesundheit e.V.
Prof. Dr. med. Tilman Kälble; Facharzt für Urologie, Direktor der Klinik für Urologie und Kinderurologie, Klinikum Fulda
Dr. med. Jörg Klier; Facharzt für Urologie, Zusatzbezeichnungen Medikamentöse Tumortherapie, Andrologie und Palliativmedizin, Urologie Bayenthal, Köln
Prof. Dr. med. Hagen Loertzer; Facharzt für Urologie, Zusatzbezeichnungen Medikamentöse Tumortherapie, Geriatrie, fachgebundenes Röntgen, Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie des Westpfalz-Klinikums Kaiserslautern
Prof. Dr. med. Chris Protzel; Facharzt für Urologie, Chefarzt der Klinik für Urologie der Helios Kliniken Schwerin
Univ.-Prof. Dr. med. Martin Schostak; Facharzt für Urologie, Medikamentöse Tumortherapie, Spezielle Urologische Chirurgie, Direktor der Klinik für Urologie, Uroonkologie, Robotergestützte und Fokale Therapie, Universitätsklinikum Magdeburg
Dr. med. Diana Standhaft (MBA); Fachärztin für Urologie, Medikamentöse Tumortherapie, Spezielle Kinder- und Jugendurologie, Chefärztin der Klinik für Urologie, Kinderurologie und urologische Onkologie, Städtisches Klinikum Dessau
Dr. med. Maximilian Reus; Facharzt für Urologie, Klinik Dr. Hancken GmbH, Stade
Ernst-Günther Carl; 1. stellvertretender Vorsitzender des Bundesverband Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) e.V., Bonn

Autor:

Kraichgau News Ratgeber aus Bretten

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