Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es bei fortgeschrittener Erkrankung?
Welt-Parkinson-Tag 2021
Es ist ein winzig kleiner Bereich des Gehirns, in dem die Symptome der Parkinson-Krankheit ihren Ursprung haben: In der so genannten Substantia nigra wird Dopamin freigesetzt, ein Botenstoff, der maßgeblich die Bewegungen der Muskulatur steuert. Das für Parkinson typische Zittern, die Haltungsstörungen, Bewegungsarmut und Muskelversteifung treten auf, wenn bereits über 60 Prozent der Dopamin produzierenden Zellen abgestorben sind. Aufzuhalten ist die Erkrankung nicht, aber ihre Symptome sind – vor allem in den ersten Jahren – sehr gut behandelbar. Doch mit der Zeit sprechen die Patient*innen nicht mehr wie gewohnt auf die Medikamente an. Wirkungsschwankungen, Unbeweglichkeit, unwillkürliche Bewegungen und andere neue Symptome sind die Folge. Welche Behandlungsmöglichkeiten bei fortgeschrittenem Parkinson bestehen, dazu informieren Expertinnen und Experten in der Sprechzeit anlässlich des diesjährigen Welt-Parkinson-Tags (11. April).
Wenn die Symptome zurückkehren
Der Mangel an Dopamin ist der Ansatzpunkt, den die medikamentöse Behandlung von Parkinson nutzt. Und das gelingt in den ersten Jahren der Behandlung meist sehr gut. So gut, dass man von einer „Honeymoon-Phase“ spricht, in der die Symptome der Krankheit so kontrolliert werden können, dass Betroffene – und ihr Umfeld – von der Erkrankung nur wenig bemerken. Im Laufe der Jahre scheint die Wirkung der Medikamente jedoch nachzulassen: Ihre Wirkung schwankt, Unbeweglichkeit und Zittern nehmen wieder zu, neue Symptome wie unwillkürliche, ruckartige Überbewegungen treten auf. Doch es ist nicht die Wirksamkeit der Medikamente, die nachlässt. Vielmehr ist die schlechter werdende Symptomkontrolle ein Anzeichen für das unaufhörliche Fortschreiten der Erkrankung. Hilft es zunächst noch, die Dosierung und Einnahmefrequenz der Medikamente anzupassen oder andere Medikamentenkombinationen einzusetzen, können auch diese Maßnahmen die Symptome irgendwann nicht mehr ausreichend kontrollieren.
Geduldsspiel Kombinationstherapie
Die Beschwerden können bei Parkinson-Patientinnen und -patienten individuell sehr unterschiedlich ausfallen. Während manche eher unter morgendlicher Unbeweglichkeit leiden, stehen bei anderen nächtliche Beschwerden im Vordergrund. Auch das Wirkfenster der Medikamente ist von Patient zu Patient verschieden und kann stark schwanken. Wenn die Behandlung mit nur einem Medikament nicht mehr ausreicht, gilt es, eine individuell wirksame Kombinationstherapie aus dem verfügbaren Spektrum an Medikamenten zusammenzustellen. Diese Aufgabe, die Patient und Arzt nur in enger Zusammenarbeit bewältigen können, erfordert viel Erfahrung und Geduld. In einigen Fällen lässt sich trotz intensiver Bemühungen, eine Kombinationstherapie zu finden, keine auf Dauer zufriedenstellende Wirkung erzielen. Die Folgen können eine hohe psychische Belastung der Patienten sein, zum Teil dramatische Einschnitte in der Lebensqualität und eine zunehmende Ratlosigkeit auf Seiten der Patienten, welche Möglichkeiten überhaupt noch zur Linderung der zunehmenden Beschwerden genutzt werden können.
Lebensqualität und Symptomkontrolle bessern – auch bei fortgeschrittenem Parkinson
Drei Verfahren können das Beschwerdebild und die Lebensqualität auch bei langjähriger Parkinsonerkrankung positiv beeinflussen. Zwei davon setzen auf die Verabreichung der Medikamente über eine Pumpe, um den Weg über den Verdauungstrakt, den Tabletten nehmen müssen, einzusparen. Während die Apomorphin-Pumpe den Wirkstoff kontinuierlich unter die Haut abgibt, leitet die L-Dopa-Pumpe das Medikament direkt in den Dünndarm. Beide Therapien können die gefürchteten Wirkungsschwankungen vermindern und Dyskinesien, also unwillkürliche Überbewegungen, besser kontrollieren. Die dritte Behandlungsmöglichkeit setzt direkt im Gehirn an: Mit einem implantierten Impulsgeber werden bestimmte Areale im Gehirn gezielt mit elektrischen Reizen stimuliert und so die motorischen Auswirkungen der Erkrankung gelindert. Anders als die Pumpentherapien kann die so genannte Tiefe Hirnstimulation auch zu einer Besserung des für Parkinson typischen Zitterns führen.
Betroffene fragen – Expert*innen antworten
Warum wirken meine Medikamente immer schlechter? Was versteht man unter einer Kombinationstherapie? Kommt für mich eine Pumpentherapie oder eine Tiefe Hirnstimulation infrage? Welche Möglichkeiten gibt es, wenn die Nebenwirkungen der Medikamente zunehmen? Wie lassen sich nicht-motorische Symptome und psychische Auswirkungen behandeln? Welchen Stellenwert haben nicht-medikamentöse Therapien? Wo bekomme ich als Patient Beratung und Unterstützung? Alle Fragen zum Thema Parkinson beantworten die Expertinnen und Expertinnen in der Sprechzeit:
• Prof. Dr. med. Michael Barbe; Facharzt für Neurologie, Leiter des Kölner Parkinsonnetzwerks, Oberarzt an der Klinik und Poliklinik für Neurologie, Universitätsklinikum Köln
• Prof. Dr. med. Candan Depboylu; Facharzt für Neurologie, Zusatzbezeichnungen Spezielle Neurologische Intensivmedizin, Neurogeriatrie und Somnologie (DGSM), Chefarzt der Neurologischen Klinik Sorpesee, Sundern
• RA Friedrich-Wilhelm Mehrhoff; Geschäftsführer der Deutschen Parkinson Vereinigung e.V., Neuss
• Prof. Dr. med. Siegfried Muhlack; Facharzt für Neurologie, Oberarzt Forschungszentrum, Klinik für Neurologie am St. Josef-Hospital, Bochum, Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum
• Dr. med Pantea Pape; Fachärztin für Neurologie, Rehabilitationswesen und Verkehrsmedizin, Chefärztin Klinik für Neurologische und Fachübergreifende Frührehabilitation St. Marien-Hospital Köln
• Prof. Dr. Christoph Redecker; Facharzt für Neurologie, Zusatzbezeichnung Geriatrie, Chefarzt der Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie, Klinikum Lippe
• Prof. Dr. med. Dirk Woitalla; Facharzt für Neurologie, Chefarzt der Klinik für Neurologie, St. Josef-Krankenhaus Kupferdreh, Essen
Rufen Sie an! Am Donnerstag, den 8. April 2021 zwischen 10 und 14 Uhr.
Der Anruf unter 0800 – 5 33 22 11 ist aus allen deutschen Netzen gebührenfrei.
Autor:Kraichgau News Ratgeber aus Bretten |
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