Walter Nagels Rhododendron-Garten: "ein Kulturdenkmal"

Leserbrief zu den Leserbriefen von Robert Nagel und Gerhard Fritz in der Brettener Woche.

Bretten. Ein Kulturdenkmal wird zerstört. Robert Nagel sei Dank, dass er daran erinnert hat, was vor vier Jahren mit dem Erwerb von Walter Nagels Rhododendron-Garten durch den NABU begann. Der 2004 verstorbene Brettener Gärtner Walter Nagel ist weit über die Grenzen hinaus bekannt und hatte als Fachmann und Züchter einen guten Namen. Es wäre nicht zuletzt Aufgabe der Stadt gewesen, für die Erhaltung seiner einzigartigen Pflanzung zu sorgen. Der erwähnte Leserbrief erinnert auch daran, dass der NABU ursprünglich einen „Kahlschlag“ beabsichtigte und erst auf Proteste hin versicherte, man wolle einen nennenswerten Teil der Pflanzen erhalten. Davon kann angesichts der nun sichtbaren Zerstörung nicht mehr die Rede sein, auch nicht von der damaligen Versicherung, die Auswahl im Einvernehmen mit dem Vorbesitzer zu treffen. Jedes Jahr um diese Zeit, Ende April/Anfang Mai kamen viele, auch auswärtige Besucher, um die unvergleichliche Blütenpracht zu bewundern. Auch jetzt, nach der radikalen Rodung, bekommt man noch eine Ahnung von dem, was da einmal war und als Kulturdenkmal hätte geschützt werden müssen. Soweit von dem Garten als Biotop die Rede ist, darf man nicht verschweigen, dass es sich um einen singulären Standort handelt. Einzig hier, an der Sprantaler Straße, ist der saure Boden vorhanden, der seinerzeit passend für eine solche Pflanzung war. Kraichgau ist Vielfalt.

Mit dem einseitigen Totschlagargument „kraichgautypisch“ treibt nun der NABU ein eher der Selbstverwirklichung ihres gewiss verdienstvollen Vorzeige-Aktivisten dienendes Retorten-Projekt voran. Der kaum verhohlene Fanatismus zeigt sich auch an der prächtigen Schautafel beim Eingang, die von einem 1683 geborenen Jeremias Strauß und seiner Straußwirtschaft erzählt, aber kein Wort über Walter Nagel und die Rhododendren. Diese, das sei Gerhard Fritz ins Stammbuch geschrieben, gehören eben auch zum Kraichgau und verdienen es nicht, als „Exoten aus Asien“ verteufelt zu werden. Das Schein-Angebot, eine Besichtigung in kleinen Gruppen zu organisieren, ist in dieser Hinsicht alles andere als heilig. Denn die Besucher sind erst erwünscht, nachdem die Rhodoblüte vorbei ist und man diesen dann einreden kann, es seien nur „abgestorbene oder überalterte“ Pflanzen übrig. Dass deren Erhalt zu viel Aufwand erfordern würde, davon hat der rhetorisch versierte Naturschützer Fritz seine Anhänger sicher längst überzeugt. Ich empfehle daher dringend, das Gelände jetzt, in diesen Tagen zu besichtigen. Der Vorschlag, die immer noch schönen Restbestände in das derzeit als Wüstenlandschaft sich präsentierende „Naturschutzzentrum“ zu integrieren, dürfte auch manchen weniger radikal eingestellten NABU-Mitgliedern gefallen.

Besonders denen, die sich vor vier Jahren auf höchste Empfehlung die jungen und schönsten Pflanzen für den eigenen Garten ausgesucht und damit guten Gewissens den Anfang der darauffolgenden Plünderungen gemacht haben. Denn alsbald sah man damals, dass Betriebe aus der Umgebung mit schwerem Gerät alles abräumten, was noch an ansehnlichen Pflanzen zu holen war. Die „Aktiven des NABU“ sparten sich dadurch sicher einige Arbeit. Den so Beschenkten muss es aber schon merkwürdig vorkommen, wenn der Vordenker, der notorisch gegen „grünen Beton“ zu Felde zieht, plötzlich dieselben Rhododendren „in eine Reihe mit Thuja und Kirschlorbeer“ stellt, die man sich vor vier Jahren auf seine Empfehlung hin ausgegraben hat und seither Jahr für Jahr zuhause bewundern darf. Es macht nur bedingt Vergnügen, wenn Ökopäpste als Ökostalinisten auftreten. Übrigens, die auf der Westseite des Geländes stehende lange Reihe von Thujabäumen wurde stehen gelassen. Sie sind ausgesprochen schön, meines Wissens eine besonders edle Art, und beherbergen sicher auch nicht wenige Vogelnester. Sie werden doch nicht etwa integriert und dürfen bleiben? Doch vermutlich dienen sie nur vorläufig als Sichtschutz für den schockierenden Anblick eines fast vollendeten Kulturfrevels.

Manfred Hiller
Bretten

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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