"Kein weiter so"
Flüchtlinge als Dauerbrenner in der Bürgermeisterrunde

Die jüngste Bürgermeisterversammlung fand im großen Sitzungssaal des Waghäuseler Rathauses statt. | Foto: Landratsamt Karlsruhe
  • Die jüngste Bürgermeisterversammlung fand im großen Sitzungssaal des Waghäuseler Rathauses statt.
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Region (red) Die jüngste Kreisversammlung des Gemeindetags Baden-Württemberg fand Anfang Dezember in Waghäusel statt. Erstmals auf die Tagesordnung hatte Kreisvorsitzender Bürgermeister Thomas Nowitzki aus Oberderdingen den neu gegründeten Klimaschutzverein genommen. In ihm haben sich alle 32 Städte und Gemeinden und der Landkreis Karlsruhe zusammengeschlossen, um das Klimaschutzziel eines CO2-neutralen Landkreises bis 2035 zu erreichen. Der Hambrückener Bürgermeister Marc Wagner informierte als Vorsitzender über den aktuellen Stand und die erste Mitgliederversammlung.

Aktuell rund 5.750 Flüchtlinge gemeldet

Ein Dauerbrenner war dagegen die Flüchtlingssituation. Die Leiterin des Amtes für Integration im Landratsamt Karlsruhe Kathrin Haas trug vor, dass sich die Geflüchtetenzahlen nun schon das zweite Jahr in Folge auf sehr hohem Niveau bewegen würden. Allein aus der Ukraine seien in diesem Jahr 1.200 Menschen in den Landkreis gekommen, womit aktuell rund 5.750 Menschen gemeldet sind. Parallel dazu seien die Ankunftszahlen aus anderen Herkunftsländern stark angestiegen und hätten sich im Vergleich zum Vorjahr teilweise verdoppelt. Rund 1.100 Personen mussten hier in diesem Jahr bereits aufgenommen werden.

Gemeinden müssen sich auf mehr Flüchtlinge einstellen

13 Gemeinschaftsunterkünfte mit 1.650 Plätzen habe der Landkreis in Betrieb, weitere Standorte mit 450 Plätzen seien aktuell in Planung. 1.246 Personen seien in diesem Jahr bereits von den Landkreis-Unterkünften in die Anschlussunterbringung in die Städte und Gemeinden verlegt worden. Im nächsten Jahr müssten die Gemeinden bei Fortdauer des Ukrainekrieges weiter mit Geflüchteten in unverminderter Zahl sowie rund 400 Geflüchteten aus sonstigen Nationen rechnen. Für 2025 sei bereits absehbar, dass zusätzlich zu den Geflüchteten aus der Ukraine 1.000 Personen in die Anschlussunterbringung gehen werden. Deshalb wurden die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dazu angehalten, sich auf diese Größenordnungen einzustellen.

Behörden völlig überbelastet

Besondere Anforderungen würden kranke und behinderte Geflüchtete, zum Beispiel Bettlägerige, Chemo- oder Dialysepatienten darstellen. Als größte Herausforderungen neben der Bereitstellung von Wohnraum bezeichnete die Amtsleiterin den Spracherwerb als grundlegende Integrationsvoraussetzung. Da die Kurse allesamt ausgebucht seien, bestünden allerdings Wartezeiten von über einem Jahr.

Angesichts der knappen Lehrkräfte bereite auch die Bereitstellung von Schulplätzen und speziellen Vorbereitungsklassen für die Kinder und Jugendlichen zunehmend Schwierigkeiten. Ebenso seien die Ausländerbehörden völlig überlastet, was zu langen Bearbeitungszeiten führe. Die steigenden Zahlen von Geflüchteten würden auch zu einer Zunahme der Leistungsempfänger beim Jobcenter führen. 4.000 Kriegsvertriebene aus der Ukraine erhalten demnach Bürgergeld, darunter 1.500 Jugendliche. Bisher würden nur 500 Personen einer Beschäftigung nachgehen. „Integration kann gelingen, aber es braucht Zeit“, so das Fazit der Amtsleiterin.

Situation für Kommunen nicht dauerhaft zu bewältigen

Kreisvorsitzender Nowitzki berichtete aus seinen Erfahrungen im Landesvorstand des Gemeindetags und wies darauf hin, dass die Unterbringung im Landkreis Karlsruhe noch vergleichsweise gut funktioniere, was er auf die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem Landratsamt und den Städten und Gemeinden zurückführt. Gleichwohl müsse man im Sinne des mit der Überschrift „Kein weiter so“ übertitelten Gemeindetag-Strategiepapiers permanent auf die höhere politische Ebene einwirken, um klarzumachen, dass die momentane Situation in den Kommunen nicht dauerhaft bewältigt werden könne.

Abfallberatung auf der Tagesordnung

Mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern reflektiert wurden auch die Vereinbarungen der Kommunen mit dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises zur Abfallberatung und zu den Wertstoff- und Grünabfallsammelplätzen. Betriebsleiterin Carol Eva Adam stellte die vereinbarten Inhalte dem Status Quo gegenüber und schlug vor, die Vereinbarungen behutsam weiterzuentwickeln. Nowitzki stellte dabei klar die Sicht des Kunden in den Mittelpunkt. Deshalb komme beispielsweise der Abfallberatung in den Rathäusern eine wichtige Rolle zu. Er freute sich auf die Beratungen im Betriebsausschuss und im Kreistag und kündigte an, dass die Bürgermeisterrunde Vorschläge machen werde. Auf jeden Fall sollten auch die künftigen Regelungen im Hinblick auf die zunehmende Bürokratisierung möglichst pauschal und nachvollziehbar sein, so der Tenor aus der Bürgermeisterrunde.

Erfahrenes Personal für Verkehrssicherung gefragt

Weiteres Thema waren die zahlreichen Verkehrssicherungspflichten der Städte und Gemeinden. Gefahrenquellen in der Verantwortung der Kommunen müssten identifiziert und Maßnahmen ergriffen werden, damit es nicht zu einem Schaden kommt. Auf öffentlichen Wegen solle niemand ausrutschen, in einem Gewässer niemand ertrinken oder in einer Sporthalle sich niemand verletzen. Abteilungsdirektor Günther Fröhlich vom Badischen Gemeindeversicherungsverband wies in diesem Zusammenhang auf die Herausforderung der Personalwechsel in den Verwaltungen sowie den Eintritt der Babyboomer-Generation in den Ruhestand und den damit verbundenen Wegfall von Erfahrungen hin.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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