Eingriff in Klosterlandschaft befürchtet
Maulbronner Bürgerinitiative macht auf Bürgerentscheid aufmerksam

Martin Stankewitz (rechts) und Manfred Lägler (3. v. li.) informierten über die Deponie-Pläne. Foto: hk
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Maulbronn (kuna/hk) „Bitte kreuzen Sie ‚Ja‘ an“: So lautete der eindringliche Appell einer Maulbronnerin am Ende eines öffentlich geführten Spaziergangs vom Eingang des Steinbruchs Lauster zum Roßweiher See. Mit ihrer Bitte verweist die Bürgerin auf einen Bürgerentscheid in Maulbronn, der am 9. Oktober ansteht, und bei dem es um die geplante Abfalldeponie im Maulbronner Steinbruch Lauster geht. Gegen die Umwandlung des Lauster-Steinbruchs in eine zweite Abfalldeponie in Maulbronn – es gibt bereits die Deponie Hamberg – formiert sich der Widerstand der Anwohner in Form der Bürgerinitiative (BI) „Folgenutzung Steinbruch Lauster“. Die BI, vertreten durch die Vertrauensleute Martin Stankewitz und Manfred Lägler, hatte zu dem Termin am Montagabend eingeladen, um bei einem Spaziergang über ihr Anliegen und den Bürgerentscheid zu informieren. Ermöglicht hat den Bürgerentscheid eine Unterschriftenaktion, bei der über 900 Stimmen gegen den Bau der DK1-Deponie in der Stuttgarter Straße eingegangen sind.

„Das Gebiet wieder in Besitz zu nehmen“

Bereits 2017 sei bekannt geworden, dass eine Genehmigung zur Rekultivierung des Steinbruchs Lauster – der in unmittelbarer Nähe zum Wohn- und Naturschutzgebiet am Roßweiher liegt – mit unbelasteter Erde vorliege, erklärte Stankewitz. Die Rekultivierung, so Stankewitz weiter, würde es der Natur ermöglichen, „das Gebiet wieder in Besitz zu nehmen.“ „Überraschend“ hätten die Bürger im Jahr 2019 erfahren, dass für den Standort nun eine Deponie der Klasse 1 geplant sei. Laut Stankewitz handelt es sich dabei um eine Abfallkategorie, die als nicht gefährlich und mit geringer Schadstoff-Freisetzung eingestuft wird. Dennoch bestehe bei einer Abfalldeponie dieser Art die Gefahr, dass "kontaminiertes Sickerwasser" in das Grundwasser gelangt, wenn eine Abdichtung mit einem „Geotextil“ die Absickerung nicht verhindert. Dass dies nicht das einzige Argument für die ablehnende Haltung der BI ist, machten die Vertrauenspersonen Stankewitz und Lägler im Laufe des Spaziergangs deutlich.

„Höchst bedeutsame“ Kulturlandschaft

Die Unterstützer der BI befürchten außerdem einen Eingriff in die Klosterlandschaft. Maulbronn ist bekannt für sein Zisterzienserkloster, das zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert erbaut wurde. Es trägt den Titel des UNESCO-Weltkulturerbe. Auch über die Klosteranlage hinweg seien die Eingriffe der Mönche in die Naturlandschaft sichtbar, erläuterte Stankewitz. „Bis heute ist die Landschaft noch ähnlich wie im 16. Jahrhundert, was die Verteilung von Wald und offener Fläche betrifft“, informierte er. Diese „höchst bedeutsame“ Kulturlandschaft, anhand derer man die Spuren der Mönche nachvollziehen könne, sei einmalig und falle in der Debatte um die Deponie unter den Tisch, beklagte er.

Stadt soll verpflichtet werden

Die Fragestellung des Bür-gerentscheids lautet: „Sind Sie dafür, dass die Stadt Maulbronn in einem Planfeststellungsverfahren zur Genehmigung einer Abfalldeponie DK 1 im Steinbruch Lauster, eine ablehnende Stellungnahme abgibt?“ Die Vertrauenspersonen der BI erklärten, dass ein erfolgreicher Bürgerentscheid „wie ein Gemeinderatsbeschluss“ gelte und die Stadt daraufhin verpflichtet werde, eine ablehnende Stellungnahme im Planfeststellungsverfahren für eine DK1-Abfalldeponie im Steinbruch Lauster abzugeben. Es sei das Recht der Steuerzahler, sich mit einer BI als Hebel für Anliegen, die die Öffentlichkeit betreffen, zur Wehr zu setzen, so Stankewitz.

Ärger über mangelnde Transparenz

Auch der Naturschutz spiele für die BI eine zentrale Rolle. Die Anhänger der BI befürchten, dass nicht nur die Bürger, die in unmittelbarer Nähe des Steinbruchs leben, sondern auch die Tierwelt einer jahrelangen Lärmbelastung ausgesetzt sein könnten. Im direkt angrenzenden Natur- und Vogelschutzgebiet Roßweiher seien rund 200 Vogelarten gelistet. "Es gibt keine Erkenntnisse der Forschung darüber, wie Vögel auf Lärm reagieren oder wie sie diesen wahrnehmen", erklärte Stankewitz. In den vergangenen 200 Jahren habe das Insekten- und Vogelsterben bereits ein gravierendes Ausmaß erreicht. Der Bau der Deponie ziehe mit Staub und Lärm ungewisse Folgen nach sich, meinte Stankewitz. „Die hantieren hier ohne zu wissen, was sie machen. Wenn wir uns nicht wehren, haben wir Pech gehabt“, fasste er seinen Unmut über die Deponie-Pläne zusammen. Ein anwesender Bürger ärgerte sich über die Abwesenheit von Maulbronner Stadträten beim Vor-Ort-Termin und die mangelnde Transparenz der Entscheidungsträger. Es sei vielen nicht klar, wie es zu den Plänen einer zweiten Abfalldeponie kommen konnte.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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