Interview mit Fabian Geier, Gründer der Plattform EinsatzReport24.de, zum Einsatz der Blaulichtreporter
"Opferschutz hat oberste Priorität"

Fabian Geier hat ER24.de gegründet.  | Foto: privat

Region Bei Unfällen, Bränden oder ähnlichen Unglücken sind Blaulichtreporter neben den Einsatzkräften meistens die ersten Menschen vor Ort. Im Interview erzählt der Gründer der Plattform EinsatzReport24.de, Fabian Geier, über seinen Berufsalltag.

Herr Geier, die Blaulicht-Bilder der Fotografen von EinsatzReport24.de (ER24) sind vielen Lesern von unserer Nachrichten-Plattform kraichgau.news bekannt. Wie kam es zum Aufbau der Agentur?
Ihren Ursprung fand die Nachrichtenagentur ER24 2013, damals noch in Vermarktung über eine andere Agentur. Mit den Jahren wurde mir jedoch klar, dass es hier noch viel Potenzial gibt, um einige wichtige Abläufe zu verbessern, sodass ich in die eigene Vermarktung einstieg, welche schnell einen großen Erfolg mit sich brachte. Inzwischen sind 25 Fotografinnen und Fotografen für und im Namen von ER24 aktiv. In der Nachrichtenagentur Einsatz-Report24 liegt das Hauptaugenmerk ganz klar auf der Vermarktung des Materials der Fotografen. Das bedeutet, die Fotografen fahren zu Blaulicht-Einsatzlagen, aber auch zu anderweitig relevanten Ereignissen und berichtenswerten Geschichten in der gesamten Region und erstellen dort ihre Bilder. Diese werden dann tagtäglich an diverse Online- & Print-Medien, TV-Sender und Radiosender vermarktet – so auch bei kraichgau.news. Neben diesem Hauptgeschäft führen wir selbst auch unsere Kanäle auf Youtube, Facebook, Instagram, sowie unserer Homepage. Dort informieren wir rund um die Uhr über unsere Arbeit und starten auch eigene Projekte wie die Reportagenreihe "Hinter den Kulissen". Alleine auf diesen Kanälen erreichen wir jeden Monat Millionen von Menschen aus der ganzen Welt.

Im Fernsehen werden die „lästigen“ Blaulichtreporter an den Unfallstellen und Tatorten meist von der Polizei verscheucht. Wie sieht das in der Realität aus?

Der in Filmen im Fernsehen gezeigte Journalismus von Fotografen, welche plötzlich an Tatorten auftauchen und gefühlt in die Akten der Polizei fotografieren, ist wie sich jeder vorstellen kann, von der Realität natürlich weit entfernt. Jeder Fotograf von ER24, der eine Einsatzlage anfährt, verhält sich dort zunächst zurückhaltend und stellt Kontakt mit der Einsatzleitung her. Anschließend wird der fotografische Ablauf mit den Einsatzkräften abgestimmt, denn die Fotografen machen nicht nur ihre Bilder, sondern benötigen auch Informationen über das Ereignis, um das Material an die Medien zu senden. Wir arbeiten zudem mit Feuerwehren, Rettungsdiensten, Ortsbereitschaften und Hilfskräften zusammen und pflegen vielerorts sogar enge Freundschaften. Es ist immer ein Geben und Nehmen - schließlich profitieren die ehrenamtlichen Hilfsorganisationen von einer guten Berichterstattung, ganz im Sinne des Spruches: "Tu Gutes und rede darüber".

Gibt es für Blaulichtreporter so etwas wie einen „Kodex“, was nicht fotografiert oder gefilmt werden sollte?
Absolut. Es gibt unter anderem einen Pressekodex, welcher vom Deutschen Presserat bereits vor vielen Jahren vorgelegt wurde. Dieser beinhaltet journalistisch-ethische Grundregeln, welche jeder Fotograf in seiner Arbeit beachten muss. Hier geht es um sehr viele Themen, von der Sorgfalt der Recherche, bis hin zur Achtung der Persönlichkeitsrechte von Opfern und Betroffenen. Gerade an unübersichtlichen Einsatzstellen mit vielen Betroffenen oder Zeugen sowie Unfallfahrzeugen mit Kfz-Kennzeichen, ist es den Fotografen natürlich unmöglich, die jeweilige Einsatzlage ohne diese Inhalte zu bebildern. Aus diesem Grunde werden Fotos vor Veröffentlichung unkenntlich gemacht und überarbeitet. Dies sieht glücklicherweise auch die DSGVO für Pressevertreter vor.

Passiert irgendwo in der Region ein Unfall, dann landen in den Mail-Postfächern unserer Redaktion sehr schnell die ersten Bilder von den Reportern von ER24. Wie erfahren Sie und Ihre Kollegen so schnell von den Einsätzen der Rettungs- und Polizeikräfte?
Die klassische Fernseh-Aussage: "Die hören doch alle den Polizeifunk ab". Das ist natürlich total an der Realität vorbei. Wenn ich auch sicher bin, dass dies technisch gar nicht möglich ist, benötigen wir diese Informationen gar nicht. Es gibt von jedem Polizeipräsidium einen Pressesofortverteiler, bei welchem Fotografen per E-Mail rund um die Uhr über aktuell laufende Einsätze, Brände und Unfälle zur Anfahrt an die Örtlichkeit informiert werden. In manchen Landkreisen gibt es dies auch bereits seitens der Kreisfeuerwehr. Daneben haben wir bei ER24 einen Service eingerichtet, bei welchem alle Verkehrsmeldungen sowie Hinweismeldungen des gesamten Straßennetzes der Verkehrszentrale Live gepusht werden. Des Weiteren erreichen uns von tausenden Nutzern unserer Kanäle im Einzugsgebiet, immer wieder Anrufe sowie Nachrichten und Anfragen zu laufenden Einsätzen, die durch diese beobachtet werden. Ich erinnere mich noch an den Gebäudebrand kürzlich in Karlsruhe, bei welchem mein Handy nicht mehr still stand und ich kaum mit meinem Fotografen Kontakt halten konnte, da uns minütlich Informanten-Meldungen erreichten. Sollten dann offene Fragen bleiben, gibt es in jedem Landkreis die zuständigen Pressestellen der Polizei, welche für uns Medienvertreter rund um die Uhr erreichbar sind. Bei 25 Fotografen von ER24 ist hier letztendlich einiges machbar.

Wie sieht die typische Ausrüstung eines Blaulichtreporters aus?
Wer eher oder schneller Mal unter Adrenalin steht und eine zittrige Hand hat, sollte unbedingt immer ein Stativ dabeihaben. Natürlich die Fotokamera (DSLR) mit entsprechenden Objektiven, Videokamera, Ersatzakkus, Speicherkarten, eine Powerbank fürs Handy mit Ladekabel, wetterfeste Kleidung und Arbeitsschuhe, die ER24-Warnweste mit legitimiertem Presseausweis, einen Regenschirm und ein Mikrofasertuch für die (leider) witterungsbedingt verschmutzte Kameralinse. Je nach Übertragungsart der Bilder ist auch der Laptop immer in der Nähe. Für den Fall, dass es mal wieder länger dauert, haben einige Fotografen auch einen kleinen (alkoholfreien) Getränkevorrat im Fahrzeug.

Wie sehr hat aus Ihrer Sicht das leidige Phänomen der „Gaffer“ an einer Unglücksstelle zugenommen?
Während der Corona-Pandemie hat das Thema tatsächlich abgenommen, was aber eher dem Umstand geschuldet ist, dass sich weniger Menschen draußen aufhalten und sich dadurch auch bei Unfällen nicht direkt Menschenmassen auf den Brücken sammeln. Grundsätzlich werden Gaffer aber immer ein Thema sein und auch die Strafen hierfür werden nicht hoch genug sein können. Ich sehe dieses Thema aber auch sehr kritisch und nehme immer wieder wahr, dass viele das Wort "Gaffer" falsch interpretieren oder pauschal auslegen. Kein Mensch kann sich von einer gewissen Neugierde freimachen. Dies ist hierbei aber auch gar nicht das Problem, wenn man beim Vorbeifahren an einer Unfallstelle wissen möchte, was dort passiert ist und mal einen Blick erhascht. Doch der schmale Grat fängt dann an, wenn im fließenden Verkehr abgebremst und der nachfolgende Verkehr behindert und gefährdet wird oder – und das ist dann der Extremfall – Videos und Bilder mit Smartphones gemacht werden und diese sofort über die sozialen Medien verteilt werden, nur um Aufmerksamkeit zu bekommen. Hierbei sind Opfer oder Leichen zu sehen und Kennzeichen zu erkennen. Im Gegensatz zu diesen skrupellosen Gaffern haben die Fotografen von ER24 einen gesetzlichen Informationsauftrag. Wir berichten über das Ereignis, aber auch über die Tätigkeit der eingesetzten Rettungskräfte, mit welchen wir Hand in Hand zusammenarbeiten. Der Opferschutz nach dem Pressekodex hat immer oberste Priorität.

Die Fragen stellte Brettener Woche/kraichgau.news-Redaktionsleiter Christian Schweizer.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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