Erinnerungen des Bretteners Helmut Hollritt gibt es jetzt als Buch
Der Himmel ist nicht immer blau
Bretten (ws) Wer kennt nicht die Freude und Begeisterung beim Betrachten alter Fotos und Fotoalben aus früheren Zeiten? Wie spannend kann es werden, wenn die Großeltern oder Eltern aus längst vergangenen Zeiten erzählen? Wie eindrucksvoll muss es sein, wenn der Vater als Zeitzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg berichtet, in den er als junger Soldat mit 19 Jahren hineingezogen wurde, um in Frankreich und Russland für das Vaterland zu kämpfen und fast sechs Jahre in russischer Gefangenschaft zu verbringen?
Gegen das Vergessen von Krieg, Gewalt und Unrecht
Der Brettener Helmut Hollritt, Jahrgang 1919, hat oft und detailliert aus seinem langen Leben erzählt, seine Erlebnisse aus Kindheit und Jugendzeit geschildert und vom Krieg und seiner Gefangenschaft berichtet. Ein Freund der Familie, Eberhard Wiedmann, hat ihn dazu angeregt, diese Erinnerungen niederzuschreiben. Im hohen Alter von 85 Jahren hat er diesen Rat befolgt und begonnen, aus seinen vielen handgeschriebenen Notizen, Kriegstagebüchern, Reisebeschreibungen, Fotos und seinem Gedächtnis die für ihn bedeutsamen Geschehnisse und Lebenserinnerungen festzuhalten. Immer deutlicher erwuchs das Motiv, seiner Familie und der nachfolgenden Generation eine Mahnung gegen das Vergessen von Krieg, Gewalt und Unrecht zu hinterlassen. Im Jahre 2015 verstarb er im Alter von 96 Jahren. Seinen Bericht konnte er nicht vollständig beenden.
Beeindruckendes Zeitzeugnis in Buchform
Für den Verein für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten war es Verpflichtung und Freude zugleich, dieses zeitgeschichtlich wertvolle Dokument seines langjährigen Mitgliedes zu bearbeiten und zu veröffentlichen. Wolfgang Stoll, der Vorsitzende des Vereins, hat dieses umfangreiche Material gesichtet und bearbeitet und als ein beeindruckendes Zeitzeugnis in Buchform gebracht.
Anekdotenhafte Erzählungen aus Kindheit und Vorkriegszeit in Bretten
Helmut Hollritt war 19 Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg ausbrach. In der Melanchthonstadt hatte der gebürtige Brettener eine überwiegend glückliche Kindheit und Jugend verbracht, die Realschule besucht, eine Sparkassenlehre begonnen und von einem Chemiestudium geträumt. Der Krieg beendete jäh die unbeschwerten Tage. Hollritt wurde zur Wehrmacht eingezogen und zum Frankreichfeldzug abkommandiert. Später kämpfte er in Russland, entkam dem Kessel von Stalingrad, erkrankte an Malaria und geriet in russische Gefangenschaft. 75 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg ist es für die heutige Generation kaum vorstellbar, was es für einen knapp über 20 Jahre jungen Menschen bedeuten musste, mitten im Kriegsgeschehen an der russischen Front dem oft täglichen Bombenhagel ausgeliefert zu sein und das Sterben von Kameraden zu erleben sowie Hunger, Durst, Erschöpfung und Hoffnungslosigkeit zu ertragen. Aber auch seine oft anekdotenhaften Erzählungen aus Kindheit, Schule, der Zeit der Inflation und der Vorkriegszeit in Bretten zeigen eindrucksvoll die Lebensbedingungen der Menschen in Bretten vor fast 100 Jahren.
Helmut Hollritt hat nach seiner Rückkehr aus russischer Gefangenschaft im Dezember 1949 sein Glück gefunden und mit Ehefrau Gisela und den gemeinsamen drei Kindern ein gutes und langes Leben führen können. Ab 1950 bis zu seiner Pensionierung arbeitete er wieder in der Sparkasse Bretten, viele Jahre als Mitglied im Vorstand.
„Der Himmel ist nicht immer blau“ von Helmut Hollritt ist erhältlich unter www.infoverlag.de.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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