Brettener Stadtvogt Peter Dick spricht über sein baldiges Ausscheiden und seine Tipps für den Nachfolger im Amt
"Ein Fest von Bürgern für Bürger"
Bretten (swiz) Kein Gesicht wird mit dem Peter-und-Paul-Fest wohl so eng verbunden wie das von Peter Dick. 27 Jahre stand der Brettener als Stadtvogt dem berühmten Fest vor und zog zudem als Vorsitzender der Vereinigung Alt-Brettheim (VAB) auch im Hintergrund die Fäden. Nun wird Dick am kommenden Freitag auf der Hauptversammlung der VAB feierlich aus seinem Amt verabschiedet, bevor die Mitglieder einen neuen Stadtvogt wählen. Im Gespräch mit Brettener Woche-Redaktionsleiter Christian Schweizer spricht Dick über seine Gefühle so kurz vor dem Abschied, über die Veränderungen auf dem Peter-und-Paul-Fest und darüber, was er seinem Nachfolger mit auf den Weg geben will.
Wieviel Wehmut steckt im Abschied als Stadtvogt nach 27 Jahren, wieviel Freude ist dabei, die nächsten Peter-und-Paul-Feste als „einfacher“ Besucher ohne Aufgaben zu erleben?
Wehmut ist da aus meiner Sicht nicht das richtige Wort. Ich habe mein Amt als Vorsitzender der Vereinigung Alt-Brettheim (VAB) und als Vogt all die Jahre mit Herzblut ausgefüllt. Aber ich habe auch bereits vor vier Jahren mein Ausscheiden angekündigt. Das war eine bewusste Entscheidung und ich bereue diesen Schritt nicht. Ich bin dankbar für die vielen Jahre und für die Menschen, die mich begleitet und unterstützt haben. Und es ist auch weniger Freude, sondern eher eine gewisse Erleichterung, dass nun die Gesamtverantwortung und die Aufgabenfülle, die man als VAB-Vorsitzender zu bewältigen hat, wegfallen. Ich muss ehrlich gestehen, ich habe jeden Dienstag nach dem Peter-und-Paul-Fest dem lieben Gott gedankt, dass das Fest gut verlaufen und nichts Schwerwiegendes passiert ist. Klar ist aber auch, ich werde wohl nie ein „einfacher“ Besucher sein. Da gibt es genug Erwartungen.
Wie lange sind Sie schon Mitglied der Vereinigung Alt-Brettheim? Wie war Ihr Werdegang in der VAB?
Im April 1969 kam ich als Lehrer an die Johann-Peter-Hebel-Schule. Im Juni habe ich dann mit meiner Frau unsere erste Wohnung in Bretten bezogen und im Juli saß ich bereits als Peter-und-Paul-Sprecher am Fenster des alten Rathauses am Marktplatz. Meine Aufgabe war es, sowohl die einzelnen Programmpunkte anzusagen und zu kommentieren als auch Durchsagen aller Art zu machen. Insgesamt 25 Feste, bis zum Jahr 1993, habe ich das dann gemacht. Zwischenzeitlich wurde ich 1991 bis 1995 noch Mitglied im Technischen Beirat und habe mitgeholfen, das Fest zu organisieren. 1994 wurde ich dann als Stadtvogt gewählt und bekleide dieses Amt bis zur Hauptversammlung der VAB am 25. Juni dieses Jahres. Dazu gehören unter anderem der Vorsitz in der Mitgliederversammlung, im Bauausschuss (1996 bis 2004) und im Festausschuss. Seit 2002 bin ich außerdem noch Vizepräsident der Arbeitsgemeinschaft historischer Kinder- und Heimatfeste in Süddeutschland. Dieses Amt werde ich dann 2022 niederlegen.
Die letzten beiden Jahre waren für das Peter-und-Paul-Fest spezielle Termine. Aufgrund von Corona hatten wir 2020 das virtuelle Fest, in diesem Jahr wird es zumindest den Ehrenabend live geben. Ein Abschied als Stadtvogt mit dem Sie leben können?
Ja. Natürlich schmerzt es, dass die letzten beiden Feste aufgrund der Corona-Beschränkungen ausgefallen sind. Ich wurde auch schon mehrfach darauf angesprochen, dass ich doch nicht zurücktreten könne, ohne nochmal ein „normales“ Fest gehabt zu haben. Aber ich kann mit der Entwicklung und meiner Entscheidung von damals sehr gut leben. Zudem hat die Vorstandschaft der VAB bereits beschlossen, dass meine Gewänder als Vogt auch bei mir bleiben und mich um eine Mitwirkung beim Fest 2022 gebeten. Diese Unterstützung habe ich natürlich gerne zugesagt.
Nicht nur durch Corona, auch ganz allgemein, hat sich das Fest in den letzten Jahrzehnten immer wieder gewandelt. Was waren für Sie die prägendsten Veränderungen?
Im Festbereich war die prägendste Veränderung für mich, die Verlagerung des inhaltlichen Schwerpunkts auf die Darstellung des Lebens um 1504. Dazu kommen die örtlichen Verlagerungen. So sind die Bauern mit ihrem Lager 1994 an den Seedamm gezogen, der Viehmarkt wurde belegt und erst jüngst gab es die Verlegung des Zapfenstreichs in die Simmelturm-Arena. Und ich bin mir sicher, dass der Zapfenstreich auch weiterhin dort zelebriert wird, denn es war so eine wunderbare und stimmungsvolle Atmosphäre. Dazu kommt das fortwährende Streben nach Authentizität, unter anderem ausgedrückt durch die Arbeit der IG Gewand. Ein großer Schritt war natürlich die Aufnahme in das immaterielle Kulturerbe, die für uns natürlich auch eine gewaltige Verantwortung darstellt. Als Veränderungen in der Organisation der VAB möchte ich unter anderem den Erwerb der Vogtey und des Fundus-Geländes sowie natürlich das Thema Digitalisierung mit der Homepage, der App sowie der inzwischen erstellten umfangreichen Datenbank nennen. Prägend war auch die 1994 einsetzende Diskussion um die Bebauung des Sporgassenparkplatzes, die sich negativ auf die Verhandlungen mit den Schaustellern auswirkte.
Was macht für Sie persönlich in einigen Sätzen das Faszinierende und Anziehende am Peter-und-Paul-Fest aus?
Wir sind kein eingekauftes Mittelalter-Spektakel, wir sind ein Fest von Bürgern für Bürger. Und das mit einem unwahrscheinlich hohen ehrenamtlichen Einsatz. Und gerade dadurch sind wir ein Fest geworden, das für die Menschen in der Region „identitätsstiftend und von großer Integrationskraft ist“, um einmal die Jury-Erklärung zur Aufnahme in das Kulturerbe zu zitieren. Zudem ist Peter-und-Paul ein Fest, in das man, wenn man sich ein Gewand anzieht, vollständig eintauchen und es erleben kann. Und was ich immer bemerkenswert finde ist, dass rund 50 Gruppen, die ganz unterschiedlich sind, zu einem Zeitpunkt im Jahr zu einem gemeinsam gestalteten Höhepunkt zusammengeführt werden. Und natürlich würde alles nicht gehen, ohne die Unterstützung von Verwaltung, Behörden, Institutionen und Sponsoren.
Warum ist dieses Festhalten, dieses Beschäftigen mit der Zeit lange vor unserer Zeit so wichtig?
Weil das Beschäftigen mit der eigenen Geschichte den Horizont erweitert und daher für das eigene Leben sehr gewinnbringend sein kann. Zudem möchte ich dazu Theodor Heuss zitieren, der sagte: „Nur wer weiß woher er kommt, weiß, wohin er geht“.
Am 25. Juli wird auf der Hauptversammlung der VAB Ihr Nachfolger gewählt. Was können Sie ihm für seine künftige Amtszeit als Stadtvogt mit auf den Weg geben?
Es war mir wichtig, dem Bewerber um meine Nachfolge ausreichend Einblicke in meine Amtsführung zu geben, damit er auch eine Ahnung vom Amt an sich und der gesamten Organisation hat. Dabei war es mir auch wichtig zu verdeutlichen, wie wichtig eine vertrauliche Zusammenarbeit zwischen dem Vorsitzenden, den VAB-Gremien, den Gruppen, der Stadt, den Behörden und Institutionen sowie den Sponsoren ist. Genauso wichtig ist aber auch ein steter Austausch mit den Anwohnern im Festbereich und den Kirchen. Allerdings werde ich dem neuen Vogt sicherlich keine Ratschläge für seine Amtsführung geben, denn Ratschläge sind bekanntlich auch Schläge. Ich bin mir aber sicher, dass die eben genannten Grundlagen sowie die Erwartungen der Aktiven und Besucher und der Anspruch aus der Aufnahme in das Kulturerbe auch das weitere Handeln bestimmen werden. Dafür wünsche ich meinem Nachfolger Glück und Geschick.
Die Fragen stellte Redaktionsleiter Christian Schweizer.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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