Kunst & Genuss - Weinmarkt in Bretten - Interview mit der Kraichgauer Weinprinzessin
„Jedes Glas Wein hat auch eine Seele“

Die Kraichgauer Weinprinzessin Rebecca Rieger. | Foto: Fotografen Familie Eidens-Holl, Freiburg
  • Die Kraichgauer Weinprinzessin Rebecca Rieger.
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Region (swiz) Die Kraichgauer Weinprinzessin Rebecca Rieger übt ihr Amt derzeit in einem schwierigen Umfeld aus. Die Corona-Pandemie hat viele öffentliche Auftritte der Weinhoheit unmöglich gemacht. Die Brettener Woche hat mit ihr über den Umgang der Winzer mit der Krise sowie die Bedeutung ihres Titels gesprochen. Außerdem verrät Rieger, wann sie ein Glas Wein besonders zu schätzen weiß.

Frau Rieger, zuerst müssen wir leider auf die Corona-Situation zu sprechen kommen. Die Pandemie hat bis heute das öffentliche Leben und damit auch viele Veranstaltungen lahmgelegt. Wie geht eine Weinprinzessin mit dieser Situation um?
Natürlich ist es sehr schade, dass Veranstaltungen nicht stattfinden können, vor allem solche, die viel Geselligkeit und informative Gespräche ermöglichen. Leider gab und gibt es für mich derzeit keine Alternativen zu den Auftritten. Aktuell findet noch die Weinlese statt. Bei zwei Weingütern durfte ich bereits beim Herbsten helfen, das war natürlich spannend. Das war allerdings unabhängig von meinem Amt, also kein Termin. Daher bin ich froh, dass ich, wie auch die anderen badischen Hoheiten, die Krone noch für ein weiteres Jahr tragen darf, was mich sehr freut. Ich habe aber die Hoffnung, dass ich doch noch den ein oder anderen öffentlichen Auftritt erleben darf. Es wäre mir eine Freude und Ehre, wenn ich in dieser Zeit die Möglichkeit bekäme, die Winzer weiterhin zu unterstützen.

Wie sehen Sie die Situation der Kraichgauer Winzer in der Corona-Krise?
Hier kann ich natürlich nicht für alle sprechen. Jeder hat diese Krise anders erlebt und durchlebt, jeder geht damit anders um. Ich denke, das Nutzen der heutigen technischen Möglichkeiten hat für manche sicherlich neue beziehungsweise alternative Türen geöffnet. Innovative Ideen und der Mut mal etwas Neues oder anders auszuprobieren, hat womöglich dem ein oder anderen Weingut geholfen, durch die Krise zu kommen, diese besser zu bewältigen. Nun stehen zum Beispiel Online-Weinproben auf dem Programm, welche es zuvor nicht gab, die aber mittlerweile doch schon dazu gehören. Auf diesem Wege konnten obendrein Weinliebhaber nicht nur regional, sondern ebenso überregional erreicht werden. Da ich selbst in einer Vinothek arbeite, weiß ich, dass während der Zeit des Lockdown nicht auf Wein verzichtet wurde. Im Gegenteil: Wein erfreute sich großer Beliebtheit. Zu beobachten war, dass in der ersten Zeit direkt nach dem Lockdown erstaunlich viele kleine Weinpräsente verkauft wurden, beziehungsweise Weine verpackt werden sollten. Sicherlich hat diese Krise auch bei den Winzern deutliche Spuren hinterlassen. Nicht nur finanziell. Lange war nicht sicher, wie es mit Saisonarbeitern aus dem europäischen Ausland aussieht, ob diese einreisen dürfen und welche Auswirkungen dies haben könnte. Dies war vor allem während der Spargelzeit zu beobachten. Umsatzeinbrüche aufgrund abgesagter Veranstaltungen und Feste sind sicherlich nach wie vor Thema. Die Vinotheken, welche direkt am Produktionsstandort liegen, konnten einer kompletten Schließung aus dem Weg gehen. Erst nach und nach können wieder Weinproben oder kleinere Veranstaltungen stattfinden. Konsument und Winzer mussten sich umstellen und auf neue Gegebenheiten einlassen. Ich bin zuversichtlich, dass aus dieser Krise ebenfalls Neues wachsen kann.

Das Amt der Kraichgauer Weinprinzessin gibt es erst seit fünf Jahren. Wie präsent ist der Titel in der Öffentlichkeit?
Ich denke, es gibt immer Luft nach oben. Das Amt ist leider noch nicht sehr präsent in der Region. Daher sehe ich es als meine Aufgabe als Kraichgauer Weinprinzessin, das Amt und selbstverständlich die Winzer und Weingüter der Region in der Öffentlichkeit zu repräsentieren sowie diese zu unterstützen, wo und wie es mir möglich ist. Voraussetzung hierfür ist: es muss gewollt sein. Für mich spielt es ebenso eine große Rolle nicht nur in meiner Heimat präsent zu sein, sondern überdies hinaus den Kraichgau in ganz Baden zu repräsentieren. Dies konnte ich im vergangenen Jahr auf mehreren Weinfesten. In anderen Bereichen sind die Bereichshoheiten schon seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil der Region. Ich vermute, dass wir hier bei uns noch Geduld zeigen und einiges an "Öffentlichkeitsarbeit" leisten müssen, um das Amt und den Titel bekannter/präsenter zu machen. Vor allem im nördlicheren Kraichgau wird mein Amt häufig mit dem der Kurpfälzischen Weinhoheiten verwechselt, die ebenso eine Jahrzehnte lange Tradition haben. Allerdings sind es zwei unterschiedliche Ämter mit anderen Ambitionen und Voraussetzungen. Dieses Bewusstsein beim Weinliebhaber, bei den Winzern und in der Region zu schaffen, ist mir sehr wichtig. Es ist nicht nur ein Titel, den ich zeitweise tragen darf, sondern eine Leidenschaft für die Region, den Wein und allen voran für die Winzer und deren Arbeit. Letztes Jahr konnte ich auf vielen Weinfesten in Baden unterwegs sein und habe immer mit viel Stolz und Freude den schönen Kraichgau vertreten. Ich muss zugeben, das fehlt mir dieses Jahr sehr. Aber auch der Austausch und die Zeit mit den anderen Hoheiten auf Veranstaltungen vermisse ich.

Was ist für Sie ein guter Wein und wann trinken Sie gerne ein Glas?
Ein guter Wein ist der, den ich in netter Gesellschaft trinke. Egal, ob mit der Familie, mit den Freunden oder in zufälligen Konstellationen. So ziemlich jeder Wein kann zu einem besonderen Wein und Erlebnis werden, wenn die Stimmung, die Atmosphäre und die Gesellschaft passen. Wann ich gerne ein Glas trinke? Das kann ich so pauschal nicht beantworten. Es kommt ganz auf die Situation und die Stimmung an. Mal zur Feier des Tages ein Gläschen Sekt mit der Freundin, ein romantischer Abend mit meinem Freund, wenn mal wieder eine Weinbeschreibung gewünscht ist, oder für eine Weinprobe die passenden Weine zusammengestellt werden müssen. Aber auch dann, wenn ich unterwegs bin und die Möglichkeit habe, von anderen Weingütern zu probieren, wie vor kurzem, bei einem Besuch am Kaiserstuhl und Tuniberg. Und auf Geburtstagen, Feiern, und zu Weihnachten darf ein guter Tropfen nicht fehlen, natürlich immer mit dem nötigen Konsum-Bewusstsein. Für mich hat jedes Glas Wein auch eine Seele, das Zusammenspiel vieler Komponenten ergibt den einzigartigen Geschmack. Das Wo und Wie prägt den Geschmack und das Empfinden, das man beim Trinken erlebt, kann immer unterschiedlich sein. Es steckt sehr viel Herz, Zeit und Arbeit in jeder Flasche Wein und das wird durch jeden Schluck deutlich. Da kann es passieren, dass ich an einem einzigen Glas einfach hängen bleibe und das sich ändernde Aroma erschnüffle.

Die Fragen stellte Redaktionsleiter Christian Schweizer.

Mehr zum Weinmarkt in Bretten finden Sie auf unserer Themenseite.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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