Stephan Gugenmus – Der unbekannte Reformator
Vielen Brettenern ist der Landwirtschaftsreformator Stephan Gugenmus völlig unbekannt, dabei wurde nach einem Beschluss des Gemeinderats vom Dienstag, 23. Februar 2010, ein Spazierweg im Westen Brettens, parallel zur Brunnenstube im gleichnamigen Neubaugebiet, nach ihm benannt. Anlass dafür war eine Bürgerfragestunde: „Jedes Neubaugebiet braucht neue Straßennamen. In diesem Zusammenhang stand eines Tages eine Nachfahrin am Mikrofon und wünschte sich, eine Straße nach Gugenmus zu benennen“, erzählt Heidemarie Leins vom Verein für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten e.V. Erst seit Anfang des Jahres sei das Straßenschild mit den obligatorischen Informationen ergänzt worden.
Bretten. (wh) 1739 in Bretten geboren, kam Gugenmus schon früh mit Landwirtschaft und Ökonomie auf dem Gut seines Vaters in Kontakt. Dieser sei als „Kronen“-Wirt in Bretten bekannt gewesen, schreibt Dr. Peter Bahn in dem Buch „Brettener Köpfe“. Früh verwaist, wurde Gugenmus von Verwandten zunächst zu einem Theologiestudium in Marburg gedrängt, das er später in Jena und Heidelberg fortsetzte. Doch sein Interesse galt mehr den Vorlesungen in Naturwissenschaft und Ökonomie, die er nebenbei noch besuchte. Es folgte eine Reise in die Schweiz, wo er auf Gelehrte traf, die ihm unter anderem auch den Gartenbau näher brachten. „Immer intensiver widmete er sich nun den Fragen der physischen Ökonomie und dabei vor allem der Landwirtschaft. Bald schon folgten der theoretischen Auseinandersetzung auch praktische Versuche“, schreibt Dr. Peter Bahn weiter.
Gugenmus´ Berühmtheit geht vor allem auf die Landwirtschaftsreformen zurück, die er in Handschuhsheim bei Heidelberg anstieß. Er beendete die Dreifelderwirtschaft und führte den großflächigen Anbau von Gemüse- und Handelsgewächsen in Ackerbauweise ein, welche die Bauern zuvor nur von der Kultivierung in ihren Haus- und Krautgärten her kannten und verknüpfte die Tierhaltung produktiv mit dem Pflanzenanbau, indem er beispielsweise mit Mist düngte. Neben Hopfen- und Gemüsekulturen zählte hierzu vor allem der Krappanbau. „Damit schuf er die Voraussetzungen für den Merkantilismus in der Kurpfalz und verbesserte die wirtschaftliche Lage der Bauern im ganzen Land“, erklärt der Brettener Stadtarchivar Alexander Kipphan. Auf dem Höhepunkt seines Schaffens starb Gugenmus 1778 im Hause seines Freundes und Pachtherrn, des Geheimrats von Mauboisson zu Mannheim. Seine Arbeit hatte jedoch weiter großen Einfluss, nicht nur in der Region um Heidelberg.
„Mittelbar wirkten sich seine Reformen auch auf seine Heimatstadt aus: So wurde um 1770 in Bretten auf den Deiseläckern, zwischen Diedelsheimer Höhe und Brunnenstube, die erste Krappmühle mit Windantrieb errichtet, die bis 1790 in Betrieb blieb“, weiß Kipphan. Diese Entwicklung reichte sogar bis ins 20. Jahrhundert hinein. Beispiel: die Brettener Fabrik für Kaffeeersatz, so Kipphan: „Die 1866 errichtete Zichorien-Darre des aus Vaihingen/Enz stammenden Unternehmers Heinrich Franck bestand bis in die 1970er Jahre und setzte die Tradition fort, aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen Handelsprodukte zu produzieren, die den Bauern der Umgebung lange Zeit eine sichere Einnahmequelle boten.“
Autor:Wiebke Hagemann aus Bretten |
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