Brettener Gemeinderat begrüßt Klimaschutz-Workshop am 14. März/Kritik von CDU und AfD
„Aufbruch der Stadt in den Klimaschutz“

Bretten (hk) In der jüngsten Sitzung des Gemeinderates am gestrigen Dienstagabend standen – neben dem Bericht über die Arbeit des Jugendgemeinderats (JGR), vorgetragen von JGR-Sprecherin Jana Freis sowie des ehrenamtlichen Jugendschutzbeauftragten („Kümmerer“) – im Besonderen die Themen Klimaschutzprozess und Klimaanpassungsprogramm im Fokus. Grundlage des zweiten Tagesordnungspunktes war ein Antrag von Bündnis90/Die Grünen vom 24. Oktober 2019. Darin wird der Gemeinderat unter anderem gebeten, die „Eindämmung des Klimawandels und seiner schwerwiegenden Folgen als Aufgabe höchster Priorität“ zu erkennen. Außerdem wird die Stadt dazu angehalten, ein Klimaanpassungsprogramm aufzustellen, eine Stabstelle Klimaschutz einzurichten und diese qualifiziert zu besetzen.

Erstellung eines Solar- und Wärmekatasters für ganzen Landkreis

Vor diesem Hintergrund hatte zunächst Birgit Schwegle aus Sicht der Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe die bisherigen Maßnahmen in Bretten und zukünftige Potenziale beleuchtet. Die Umsetzung des Klimaschutzkonzepts „zeozweifrei“ für den Landkreis wurde 2014 einstimmig vom Kreistag beschlossen und werde seitdem mit zahlreichen Klimaschutzmaßnahmen vorangetrieben. Schwegle führte als Beispiele etwa die Erstellung eines Solar- und Wärmekatasters für den ganzen Landkreis sowie die Erstellung von CO2-Bilanzen für alle 32 Kommunen auf.

Strukturierter Klimaschutzprozess durch planvolles Vorgehen

In der Stellungnahme der CDU-Fraktion brachte der Ruiter Ortsvorsteher Aaron Treut seine Bedenken zum Ausdruck. Er nehme in seinem Umfeld wahr, dass die Menschen inzwischen mehr als genug von der „Klimahysterie“ und von Freitags-Demonstrationen hätten. „Sie haben genug davon, dass Tausende von Arbeitsplätzen vernichtet werden, die Automobilindustrie an die Wand gefahren und dass die CO2-freie Atomtechnologie vielleicht doch ein paar Jahre zu früh abgeschaltet wird“, sagte Treut, der sodann die Stellungnahme abbrechen musste, weil die Redezeit überschritten war.
„Respektabel“ fand dagegen Otto Mansdörfer (Bündnis90/Die Grünen), wie die Stadtverwaltung im Vorfeld der Sitzung in einer „wahren Fleißarbeit“ alle klimarelevanten Aktivitäten der Stadt zusammengetragen habe. „Aber wie viele Tonnen CO2 wurden dadurch eingespart? Wir wissen es nicht“, so Mansdörfer und betonte, dass die Grünen mit ihrem Antrag vielmehr mit einem „planvollen Vorgehen“ zu einem „strukturierten Klimaschutzprozess“ gelangen wollen.

Mehr Begrünung und Entsiegelung befestigter Flächen

Während in der politischen Agenda der Europa-, Bundes- und Landespolitik die Dringlichkeit, etwas gegen die Erderwärmung zu unternehmen, inzwischen erkannt worden sei, kämpfe man in Bretten noch erheblich darum, dass das Problem überhaupt wahrgenommen werde. „Wir begrüßen es daher sehr, dass Sie, Herr Oberbürgermeister, beim Neujahrsempfang den Aufbruch der Stadt Bretten in den Klimaschutz verkündet haben“, so Mansdörfer. Da der Klimawandel bereits am Fortschreiten sei, brauche man dementsprechend ein „Klimaanpassungsprogramm“. Als Maßnahmen nannte Mansdörfer mehr Begrünung und die Entsiegelung befestigter Flächen.

Anspielung auf veraltetes Polizeirevier

Nach Auffassung der Freien Wählervereinigung seien Fördergelder zum Austausch und Optimieren der Heizung noch zu gering. „Wenn man bedenkt, dass neue Heizungsanlagen Zehntausende von Euro kosten, dann bringt die 50-Prozent-Förderung nichts“, sagte Stadtrat Bernhard Brenner und ergänzte: „Das wird für manche Menschen einfach nicht zu leisten sein.“ Nicht einmal die Landesregierung selbst könne ihre Vorbildfunktion erfüllen. „Wir haben hier in Bretten einige Landesliegenschaften, die weder eine Wärmedämmung, noch Photovoltaik oder moderne Heizungen haben“, kritisierte Brenner mit einer Anspielung auf das veraltete Polizeirevier in der Weißhofer Straße.
Gefragt sei die Politik auch hinsichtlich dessen, wie bei Bürgern überhaupt das Interesse für Photovoltaik-Anlagen geweckt werden könne, merkte SPD-Sprecher Edgar Schlotterbeck an. „Und wenn es um Arbeitsplätze geht, bin ich überzeugt davon, dass man diese durch solche Maßnahmen nicht vernichtet, sondern schafft“, so Schlotterbeck.

„Wie soll sich das dann der kleine Mann leisten?“

Nüchterner betrachtete Hermann Fülberth von „Aufbruch Bretten“ die Thematik: „Warum wälzt man den Umweltschutz auf den Steuerzahler ab, wenn in den letzten 70 Jahren nur eine bestimmte Gesellschaftsschicht zu dem ganzen Übel beigetragen hat?“ Deshalb wünsche sich der Stadtrat mehr Klarheit über die Finanzierung einzelner Maßnahmen und von wem diese gestemmt werden sollen. Auch AfD-Stadtrat Andreas Laitenberger forderte eine „maximale Konsequenz“ und sprach sich für eine Aufstellung aller Kosten aus. „Die ganze Klimahysterie wird sowieso schon auf den Schultern der Bürger ausgetragen und von allen Richtungen instrumentalisiert“, sagte Laitenberger. Er habe nun nach der Haushaltsklausur den Eindruck, dass „wir uns das in Bretten eigentlich gar nicht leisten können. Wie soll sich das dann der kleine Mann leisten?“, fragte er. Deshalb gab Laitenberger zu bedenken, ob man das Thema Klima- und Umweltschutz „in diesem Ausmaß“ propagieren müsse. CDU-Stadtrat Bernd Neuschl erinnerte zu guter Letzt an die Verantwortung den Bürgern gegenüber und mahnte vor einer Spaltung der Gesellschaft, die es zu verhindern gelte.

Alle Fraktionen begrüßten hingegen den Vorschlag der Verwaltung, in einem Workshop mit der Umwelt- und Energieagentur am 14. März ein Strategie- und Handlungsprogramm für Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz zu erarbeiten, dessen Festlegung und Umsetzung dann in einem öffentlichen Beteiligungsprozess erfolgen soll.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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