Im Kreuzfeuer der Kritik
Bürgerinitiative warb für Ausbau des schnellen Internets in Bretten

Die vier von der Bürgerinitiative Glasfaser (von links): Lars Vollmer, Michael Ganzhorn, Michael Graf und Arndt Nissen. Foto: swiz | Foto: swiz
  • Die vier von der Bürgerinitiative Glasfaser (von links): Lars Vollmer, Michael Ganzhorn, Michael Graf und Arndt Nissen. Foto: swiz
  • Foto: swiz
  • hochgeladen von Christian Schweizer

Bretten (swiz) Michael Graf sitzt am Konferenztisch der Brettener Woche und schaut seine drei Mitstreiter Lars Vollmer, Arndt Nissen und Michael Ganzhorn an. Dann lächelt er und sagt: „Mit der Truppe würde ich das immer wieder machen“. Vor rund fünfeinhalb Jahren hatten die vier Männer als harter Kern die Bürgerinitiative Glasfaser gegründet. Ihr Ziel: Überzeugungsarbeit zu leisten, damit in der Brettener Kernstadt und ihren Stadtteilen Ruit, Sprantal, Diedelsheim, Gölshausen und Rinklingen ein Glasfaserausbau für schnelles Internet durch die Firma BBV Rhein-Neckar erfolgen kann.

Diskussionen und hochkochende Emotionen

Die Ankündigung eines möglichen Ausbaus hatte in der Melanchthonstadt über Monate für kontroverse Diskussionen und hochkochende Emotionen gesorgt, die auch die Mitglieder der Bürgerinitiative trafen. Heute, fast sechs Jahre später, hat sich das Thema beruhigt, die Stadt und fünf der neun Stadtteile sind ausgebaut und schnelles Internet ist wichtiger denn je. „Gerade durch die Corona-Pandemie und das gleichzeitige Home-Office und Homeschooling ist vielen der Wert eines schnellen Internets klar geworden“, betont Lars Vollmer. Er selbst könne seinen Job gar nicht mehr ohne machen. Und Michael Ganzhorn geht noch einen Schritt weiter: „Ich habe mal gesagt, dass der Glasfaseranschluss mal wichtiger wird als der S-Bahn-Anschluss. Und dabei bleibe ich“.

"Müssen das selbst in die Hand nehmen"

Bis die Initiative auch genug ihrer Mitbürger von den Vorteilen des Glasfaseranschlusses überzeugt hatte, verging allerdings eine schwere Zeit. „Als ich das begonnen habe, war mir schnell klar, das wird ab jetzt für geraume Zeit meine Freizeitbeschäftigung“, erinnert sich Graf. Begonnen hatte dann alles mit einem eigenen Infoabend zum Thema „Glasfaser-Ausbau“ im Dorfgemeinschaftshaus Diedelsheim.
Dort hatte zuvor ein Infoabend der BBV stattgefunden. Aber das, so Graf, "ist eine eher schlechte Präsentation gewesen." Und weiter: „Uns war dann schnell klar, dass wir das Ganze selbst in die Hand nehmen müssen“. Der folgende eigene Präsentationsabend im Dorfgemeinschaftshaus war dann so etwas wie die inoffizielle Geburtsstunde der Bürgerinitiative.

"Die richtigen Antworten"

Von diesem Tag an, war die Freizeit der Gruppe geprägt von Infoständen auf dem Marktplatz, Verteilaktionen von Flyern und Ähnlichem. Im Fokus war dabei immer ein Ziel: Der Ausbau der Kernstadt und der fünf Stadtteile. „Mich hat dabei vor allem die Skepsis überrascht, die uns oftmals entgegengeschlagen ist“, erinnert sich Vollmer. Allerdings habe man auf viele Fragen die richtigen Antworten gehabt und so auch viele Leute überzeugen können.

"Ich saß mit den Leuten am Küchentisch"

Diese Überzeugungsarbeit ging dann oftmals so weit, „dass ich mit den Leuten am Küchentisch saß und ihnen geholfen habe, die Verträge auszufüllen“, sagt Vollmer und erntet zustimmendes Kopfnicken seiner Weggefährten. Während die BBV bei vielen Terminen in Bretten keine rühmliche Figur abgab, vermisste die Gruppe auch die Unterstützung der Politik. „Der Gemeinderat war sich damals über den Ausbau auch nicht einig, obwohl es für Bretten beim Thema Glasfaser ja nur die Option mit der BBV gab“, so Ganzhorn. Unterstützung habe man indes von der Verwaltungsspitze erfahren. „Oberbürgermeister Martin Wolff und Bürgermeister Michael Nöltner hatten die BBV ja überhaupt erst nach Bretten geholt und somit das Ganze initiiert und möglich gemacht“, betont Graf rückblickend.

"Wir haben uns immer an die Fakten gehalten"

Dass das Thema Glasfaser in Bretten nicht nur eine Diskussion um Vor- und Nachteile dieser Technik, sondern auch ein hochemotionales Thema ist, mussten die Mitglieder in teils unterschiedlichen Ausprägungen erfahren. So hatten Graf und Vollmer in einem Interview mit der Brettener Woche/kraichgau.news aus 2016 vom "Kippen der Situation" gesprochen. „Wir wurden nicht mehr nur als Glasfaser-Befürworter gesehen, sondern unter anderem als Drückerkolonne, BBV-Klinkenputzer und Ähnliches betitelt“, hatte Lars Vollmer damals geklagt. Bei Michael Graf war diese Kritik noch einen Schritt weitergegangen: „Die persönlichen Beleidigungen haben alles überdeckt, um Glasfaser ging es gar nicht mehr. Bei mir ist es dann sogar soweit gekommen, dass ich über Facebook anonyme Drohungen erhalten habe“, erzählte er damals im Gespräch. Dabei sei man trotz dieser Drohungen immer objektiv an die Sache herangegangen, betont Arndt Nissen. "Wir wollten und haben uns immer an die Fakten gehalten."

Freunde und schnelles Internet

Doch diese unangenehmen Begleiterscheinungen sind vergessen, heute sitzen die vier ehemaligen Vertreter der Initiative am Tisch und sind zufrieden mit dem Erreichten. „Ohne die Bürgerinitiative wäre es nichts geworden mit Glasfaser in Bretten“, so Vollmer abschließend. „Aber das ist jetzt kein Grund, mit stolzgeschwellter Brust herumzulaufen.“ Viel wichtiger sei es, dass man in dieser Zeit Freundschaften geknüpft habe und vor allem, dass die Stadtteile und Teile der Kernstadt nun seit fast sechs Jahren von einer einwandfreien und schnellen Glasfaserleitung profitieren würden.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

14 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.