Gemeinderat Bretten stimmt Haushalt 2023 zu
"Geist der Ausgewogenheit und Vernunft"

Der Brettener Ergebnishaushalt verzeichnet ein Minus von 1,17 Millionen Euro. Foto: archiv
  • Der Brettener Ergebnishaushalt verzeichnet ein Minus von 1,17 Millionen Euro. Foto: archiv
  • hochgeladen von Christian Schweizer

Bretten (swiz) Fast schon poetisch wurde es am gestrigen Dienstagabend im Brettener Gemeinderat bei der Abstimmung über den Haushaltsetat 2023 der Melanchthonstadt. Von einem "Geist der Ausgewogenheit und Vernunft", den dieser Haushalt atme, sprach Oberbürgermeister Martin Wolff in seiner Eingangsrede zu diesem Tagesordnungspunkt. Auch von diesem Pathos ließ sich das Gremium offenbar leiten und stimmte dem Etat-Plan einstimmig zu. Besonders, dass man in den guten Zeiten nicht die Spendierhosen angehabt habe, komme der Stadt jetzt zu Gute, betonte Wolff. Weil man in den vergangenen Jahren Schulden abgebaut habe, könne man sich nun ein kleines Defizit leisten und dennoch massiv investieren.

"Das wird noch richtig wehtun"

Nichtsdestotrotz müsse allen klar sein, dass das Jahr noch einiges an Einsparmöglichkeiten verlangen werde. "Das wird noch richtig wehtun", betonte Wolff. Maß zu halten, sei daher wichtig. "Aber wir dürfen die Hände nicht in den Schoß legen, sonst werden wir abgehängt."

Negatives Ergebnis von 1,17 Millionen Euro

Im Anschluss erläuterte Kämmerer Dominique Köppen noch einmal die wichtigsten Werte des Haushalts (wir berichteten). So schließt der Etat mit einem negativen Ergebnis von 1,17 Millionen Euro (Erträge: 87,48 Millionen Euro, Aufwendungen: 88,65 Millionen Euro) im Ergebnishaushalt. Aus einer Darlehensaufnahme von 4,12 Millionen Euro in 2023, der Kreditermächtigungen aus den Vorjahren in Höhe von 4,7 Millionen Euro und einer Darlehenstilgung von 1,41 Millionen Euro ergibt sich eine geplante Nettoneuverschuldung von 7,39 Millionen Euro im Kernhaushalt. Somit entwickelt sich der Schuldenstand voraussichtlich von 21,04 Millionen Euro auf 28,43 Millionen Euro zum 31. Dezember 2023. Der Bau-Etat 2023 umfasst dabei ein Volumen von 12,41 Millionen Euro. Größte Posten sind dabei die Sanierung des Bronnerbaus (5 Millionen Euro), der Jahnhalle (1,2 Millionen Euro) und der Talbachhalle Neibsheim (650.000 Euro). Hinzu kommen unter anderem die Finanzierung der Tiefgarage auf der Sporgasse (950.000 Euro) und Investitionen in Hochwasserschutz (900.000 Euro).

"Bedrohlich und nicht akzeptabel"

Mit Blick auf den von Köppen vorgestellten Haushalt sprach CDU-Fraktionssprecher Martin Knecht unter anderem noch einmal die rasante Schuldenentwicklung der Stadt an. „Unser Schuldenberg wächst seit 2020 stetig, zum Jahresende liegt er bei 28,43 Millionen Euro. Er steigert sich bis 2026 beängstigend auf knapp 40 Millionen Euro, wenn wir so weitermachen, wie bisher. Und dies ohne Einpreisung der Gartenschau.“ Diese Entwicklung, so Knecht, sei „bedrohlich und nicht akzeptabel“. Man könne dem Haushalt deshalb nur dann „zähneknirschend zustimmen“, wenn es eine „strikte Priorisierung“ aller anstehenden Maßnahmen gebe. Darüber hinaus betonte Knecht noch einmal die Schwerpunkte der CDU-Fraktion: Man erwarte zum Beispiel von der Landesregierung im Bildungsbereich einen finanziellen „Doppel-Wumms“. Aber auch die Stadt müsse die investiven Rahmenrichtlinien für die Schulstruktur setzen. Daher sei es richtig, zwei Drittel des gesamten Finanzhaushaltes in den Bildungs- und Kindergartenbereich zu stecken. Dennoch müsse man, bevor eine Schule erweitert werde, freie Klassenraumkapazitäten in benachbarten Schulen prüfen und belegen, so der CDU-Sprecher. "Das Gleiche gilt für das Schul- und Vereinsschwimmen." Zudem forderte Knecht keine Verkehrspolitik gegen das Auto zu machen und Investitionen auf alle Verkehrsarten zu verteilen.

"Keine 'Gürtel-enger-schnallen'-Diskussionen"

Auf „tiefschürfende Haushaltsanalysen“ könne man von Seiten der „aktiven“ in diesem Jahr verzichten, betonte Stadtrat Hermann Fülberth. Nach Meinung der Wählerinitiative sei man mit dem Haushaltsentwurf in „voller Übereinstimmung mit der Gemeindeordnung“. Man verzichte bei der heutigen Aussprache auch auf die "populistischen ‚Gürtel-enger-schnallen‘-Diskussionen" und setze darauf, „dass die Verwaltung die durch den Haushalt gestellten Aufgaben zügig in Angriff nimmt – speziell im Hinblick auf die investiven Vorgaben im Finanzhaushalt.“

Soll Hebelschule eine Etage des neuen Bronnerbaus bekommen?

Auch die Grünen halten den Gesamthaushalt der Stadt Bretten „angesichts der unsicheren Gesamtlage dennoch für verantwortbar“, betonte Stadträtin Ute Kratzmeier. Nichtsdestotrotz müsse im laufenden Haushaltsjahr der Fokus wieder darauf gerichtet sein, einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt zu erzielen. In diesem Zusammenhang gebe es aufgrund der kräftigen Erhöhung der Energiepreise auch keine Alternative zum weiteren Energiesparen. Beachtlich gestiegen seien auch die Aufwendungen für Personal. „Was ebenfalls wächst, sind die Ansprüche an die Kommunen und der Zuwachs an Aufgaben. Neben der Betreuung der Kinder werden die Gartenschau, die Maßnahmen in den Klima-, Arten- und Biodiversitätsschutz oder die Stadtentwicklung inklusive Mobilität auch mehr Menschen benötigen“, so Kratzmeier. Beim Thema Schulen, betonte die Grünen-Politikerin, habe man bei der Haushaltsklausur der geplanten Aufstockung der Fachräume der Hebelschule aus finanziellen Gründen eine Absage erteilt. „Was liegt näher, als dass die Hebelschule Räume des kleiner gewordenen Melanchthon-Gymnasiums mit nutzt?“ Und weiter: „Wir treten dafür ein, der Hebelschule eine Etage des sanierten Bronnerbaus zu geben“, schlug Kratzmeier vor.

"Wachstum hat seinen Preis"

Bernd Diernberger (FWV) kritisierte in seinem Statement, dass Gemeinderat und Verwaltung im Haushaltsjahr 2021/22 einen Antrag der Freie Wählervereinigung abgelehnt hätten, eine mittel- und langfristige „Wachstumsstrategie Bretten“ zu erarbeiten. „Heute sehen wir, steigende Bevölkerungszahlen bedeuten: mehr Arbeit, mehr Wohnen, mehr Leben. Es bedeutet aber auch: noch mehr Straßen, noch mehr Schulen, noch mehr Kindergärten und Kitas“, so Diernberger. Wachstum habe eben seinen Preis, und schon jetzt gebe es, zum Beispiel bei den Straßen und in vielen städtischen Bereichen, einen Sanierungs- und Unterhaltstau. Darum müsse man die Frage stellen: „Wieviel Wachstum verträgt Bretten?“ Der FWV sei es indes besonders wichtig, „dass bei allen zukünftigen Neubau- und Sanierungsprojekten eine umfassende Ermittlung des Investitionsbedarfs und der Kosten erfolgt. Diese Transparenz ist unbedingte Voraussetzung für verantwortungsvolle Entscheidungen des Rats“, so Diernbeger. Auch das Thema „Klimawandel“ müsse bei der Stadtplanung Berücksichtigung finden.

"Wir wollen Bildungseinrichtungen auf Top-Niveau"

Für die SPD-Fraktion betonte Edgar Schlotterbeck, man habe erkannt, „dass wir nicht alles erledigen können und haben uns deshalb für Prioritäten entschieden.“ Die wichtigen Themen seien daher der Unterhalt der Schulen, die Kleinkindbetreuung und man müsse in Zukunft wieder mehr in die Infrastruktur wie Straßen investieren. Denn alles in die Folgejahre zu schieben, werde langfristig nur noch teurer. Bei den Schulen fordere die SPD eine energetische Renovierung aller Brettener Bildungseinrichtungen auf „Top-Niveau“. In Diedelsheim werde sich allerdings noch zeigen, ob ein Neubau nicht die bessere Lösung wäre. Ein Plädoyer gab Schlotterbeck auch noch einmal für die Gartenschau ab. Diese würde nicht nur viele Besucher anziehen, sondern die Stadt könnte durch sie auch „wichtige Impulse für den Naturschutz und die Nachhaltigkeit setzen.“ In diesem Zusammenhang müsse Bretten auch alle Maßnahmen ergreifen, um die Stadt klimaneutral aufzustellen. Und auch die Windkraft sei ein wichtiger Baustein dieser Transformation: „Wenn wir auch in Bretten auf Windkraft setzen, können wir die CO2-Emissionen drastisch reduzieren und unseren Beitrag zum Klimaschutz leisten. Gleichzeitig können wir auch Arbeitsplätze in der Region schaffen und die Wirtschaft stärken", so Schlotterbeck.

Große Bedeutung des Klimawandels

Auch die fraktionslose Stadträtin Ariane Maaß betonte in ihrem Statement die große Bedeutung des Klimawandels. Für die Mobilitätswende sei es wichtig, Fahrradwege auszubauen und den ÖPNV zu stärken, etwa durch das Rendezvous-System. „Wichtig ist, dass dieses System auch genutzt wird und wir, nach einer Evaluation mit negativem Ergebnis, nicht eine Kosten- und damit Taktreduktion vornehmen müssen. Meine Hoffnung ruht auf der Einführung des 49-Euro-Tickets“, so Maaß. Ein weiteres Thema sei der Fachkräftemangel. Neben der Möglichkeit, ausländische Arbeitskräfte zu integrieren, könne man auch auf eine zweite, hochqualifizierte Gruppe setzen: die Frauen. „Wir können es uns nicht leisten, diese nur in 520-Euro-Jobs oder in Teilzeit zu beschäftigen, sondern müssen ihnen die Möglichkeit geben, mehr zu arbeiten, auch als Schutz vor Altersarmut“, so Maaß.

"Stadt darf nicht stagnieren, sondern muss sich weiterentwickeln"

Den Abschluss der Redner bildete AfD-Stadtrat Andreas Laitenberger. Er betonte, welche Gratwanderung der Haushalt in diesen schwierigen Zeiten sei und gab zu: "Der Blick auf die Finanzen der Stadt ist nicht mehr so entspannt wie früher". Immer noch stünden, so Laitenberger, große wirtschaftliche Probleme bevor. "Die Stadt darf deshalb aber nicht stagnieren, sondern muss sich weiterentwickeln." swiz

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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