Bürgermeister Michael Nöltner will sich für Forderung einsetzen
Grüne fordern Bahnschrankenöffnung für Fußgänger und Radfahrer in Diedelsheim
Bretten-Diedelsheim (ger) Seit Anfang April ist der Bahnübergang im Brettener Stadtteil Diedelsheim geschlossen. Auf die andere Seite kommt man nur über eine acht Meter hohe Brücke mit steiler Treppe. In der Bürgerversammlung im Vorfeld der Schließung sei der Eindruck entstanden, dass die Schließung der Bahnschranken „für die Dauer der Sanierung der Schnellbahntrasse unumgänglich sei“, schreiben die Grünen-Ortschaftsräte Renate Müller, Harald Müller und Marion Günderth aus Diedelsheim in einem Brief an Oberbürgermeister Martin Wolff, der der Brettener Woche/kraichgau.news vorliegt. Ganz anders sei es aber jetzt am Bahnübergang in Gondelsheim, wo trotz der Brücke die Bahnschranken für den Fußgänger- und Radverkehr öffnen und schließen.
"Arzt und Apotheke werden auch von Rinklingern und Dürrenbüchigern besucht"
„In Diedelsheim sind die Menschen westlich der Bahnlinie von der Lebensmittelversorgung, von Apotheke, Arzt, Sparkasse und ähnlichem abgeschnitten, beziehungsweise sind diese nur durch weite Autofahrten oder durch Erklimmen einer hohen Brücke zu erreichen. Gerade Arzt und Apotheke werden auch von Kunden aus Rinklingen und Dürrenbüchig aufgesucht. Hier geht unter Umständen die Kundenbindung verloren, was durchaus existenzgefährdend sein kann“, beklagen die Ortschaftsräte weiter. Ferner beziehen sie sich auf das vorliegende Mobilitätskonzept der Stadt, aus dem hervorgehe, dass Radfahren und Zu-Fuß-Gehen in Bretten attraktiver gestaltet werden muss: „In Diedelsheim ist für viele Monate das Gegenteil der Fall! Hier könnten jetzt konkret, kurzfristig und kostengünstig Verbesserungen für Fußgänger und Radfahrer erzielt werden.“ Daher appellieren sie an Wolff, sich dafür einzusetzen, dass Radfahrer und Fußgänger auch in Diedelsheim den Bahnübergang passieren können.
Schließung auf Anraten der Bahn
Auf die Forderungen angesprochen, betont der Brettener Bürgermeister Michael Nöltner, dass die Stadtverwaltung die Schließung des Bahnübergangs auf Anraten der Deutschen Bahn vorgenommen habe. „Zugrunde lagen die Schließzeiten, die in Stoßzeiten bei bis zu 53 Minuten liegen würden.“ Man habe ein Verkehrschaos durch lange Auto-Schlangen und eine Gefährdung von Radfahrern und Fußgängern befürchtet.
Besondere Situation in Gondelsheim
In Gondelsheim sei die Situation besonders: Dort gebe es keine Auto-Brücke in erreichbarer Nähe. Auf der einen Seite seien 900 Einwohner abgeschnitten vom Rest des Dorfes und dort liege auch die Mühle. Sowohl der landwirtschaftliche Verkehr zur Mühle als auch die Erreichbarkeit des abgeschnittenen Ortsteils durch die Feuerwehr im Notfall, sorge für eine andere Gemengenlage. Dass in Gondelsheim der Bahnübergang nicht komplett außer Betrieb genommen sei wie in Diedelsheim und übrigens auch in Helmsheim und Heidelsheim, beruhe wohl auf einem Gentleman-Agreement des Gondelsheimer Bürgermeisters Markus Rupp. „Das wurde vorher nicht kommuniziert“, sagt Nöltner.
"Bürgerfreundliche Position in Gondelsheim"
Bürgermeister Markus Rupp stellt die Sachlage aus Gondelsheimer Sicht dar: Die Deutsche Bahn wollte ursprünglich die Fußgängerbrücke in Gondelsheim wie in Heidelsheim und Helmsheim direkt über den Bahnübergang bauen. Das hätte jedoch dazu geführt, dass der Bahnübergang zum einen schon vier Wochen früher hätte geschlossen werden müssen, zum anderen dass auch in Großschadenslagen der Gondelsheimer Osten nicht vom Westen durch die Feuerwehr hätte erreicht werden können. Er habe deshalb den Bahn-Verantwortlichen bei einem Vor-Ort-Termin im Oktober 2019 einen alternativen Brückenstandort gezeigt, wo das Bauwerk jetzt auch steht. Mit dem Landratsamt Karlsruhe zusammen habe man am gleichen Tag entschieden, dass der Bahnübergang „nur“ straßenverkehrsrechtlich geschlossen wird. Die Schranken öffnen und schließen dadurch weiterhin ganz normal. Somit war klar, dass Fußgänger – zumal mobilitätseingeschränkte und Radfahrer – den Bahnübergang und nicht die Brücke nutzen können. Durch die coronabedingte Ausdünnung des Bahnverkehrs ist dies zumindest momentan eine beliebte Alternative zur Brücke. "Unsere bürgerfreundliche Position in Gondelsheim war also seit Herbst 2019 bekannt", bekräftigt Rupp.
Weniger Züge als angekündigt?
Doppelt ärgerlich findet Nöltner die Situation auch, weil „gefühlt“ nicht so viele Züge über die Ausweichstrecke fahren würden wie angekündigt. „Wenn wir das gewusst hätten, hätten wir auf eine andere Lösung gedrängt.“ Für den Handel sei man bereits aktiv geworden: Die Stadt habe für die Bäckerei Stiefel, die jenseits der Bahnschranken einen Verkaufscontainer für die Zeit der Schließung eingerichtet hat, die Standortfrage mit der Bahn geklärt.
Stadt will sich einsetzen
Selbstverständlich setze man sich für eine ähnliche Lösung wie in Gondelsheim auch für Diedelsheim ein, verspricht Nöltner. Große Chancen sieht er aber nicht. „Der steuertechnische Aufwand, einen Bahnübergang wieder in Betrieb zu nehmen, ist groß“, habe er bei dem Prozedere bisher gelernt. Und er habe sich auch schon vergebens dafür eingesetzt, dass die Schienen, die auf den Brückentreppen für Fahrräder und Kinderwägen montiert sind, weiter nach innen gesetzt werden. Bisher bleibe man, wenn man ein Fahrrad darin schiebt, nämlich mit Pedal oder Lenker am Geländer hängen. „Selbst das hat die Bahn abgelehnt, mit der Begründung, dann wäre die Stolpergefahr zu groß.“
Bahnen fahren wieder planmäßig
Anke England, zuständige Projektleiterin bei der Deutschen Bahn, kann den Diedelsheimern in der Tat keine großen Hoffnungen machen. "Die Sonderregelung in Gondelsheim haben wir uns abringen lassen, obwohl wir uns mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hatten", sagt sie. Sie sei nicht glücklich damit, weil es so immer wieder zu Gefährdungen kommen könne, wenn unbesonnene Menschen die Gleise querten. Zumal die anfangs coronabedingten Einschränkungen in der Taktung aufgehoben seien. "Inzwischen fahren die Bahnen wieder planmäßig."
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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