Kämmerer der Stadt Bretten wird in den Ruhestand verabschiedet / 40 Jahre im Dienst der Stadt
Herr der Zahlen geht von Bord

Der Brettener Kämmerer Wolfgang Pux geht in Pension. swiz

Bretten (swiz) Sein Gesicht stand immer stellvertretend für die Finanzen und Haushaltspläne der Stadt Bretten. Nun wird Kämmerer Wolfgang Pux nach 40 Jahren im Dienst der Melanchthonstadt offiziell am 30. Juni in Pension gehen. Seinen letzten Arbeitstag hatte er allerdings schon am 27. April. Seine Nachfolge wird Matthias Enz antreten (wir berichteten). Im Interview mit der Brettener Woche verrät Pux unter anderem seinen ursprünglichen Berufswunsch und blickt auf die finanziellen Herausforderungen der Stadt in der Zukunft.

Herr Pux, viele kindliche Berufswünsche haben mit Polizei oder Feuerwehr zu tun. Wollten Sie Kämmerer werden?
Pux: Nein, definitiv nicht. Nach meiner Schulzeit wollte ich etwas ganz anderes werden, nämlich Sportreporter. Ich war schon immer ein sportbegeisterter Mensch und daher hat es mich eher in dieses Berufsfeld gezogen. Ich hatte sogar einen regen Schriftwechsel mit dem bekannten Sportreporter und „Mister Sportschau“ Ernst Huberty über die Chancen, in diesem Berufszweig. Aber leider wurde damals kein entsprechender Studiengang angeboten und ich habe mich anderweitig orientiert.

Wie ging es dann für Sie weiter?
Ich habe mich nach meiner Schulzeit beim Regierungspräsidium Karlsruhe für die Ausbildung im gehobenen Dienst beworben und war schließlich für drei Jahre bei der Gemeinde Oberderdingen in der, wie man heute sagen würde, dualen Ausbildung. Danach ging es noch zum Studium für zwei Jahre an die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl. Im Anschluss bin ich 1978 zur Stadt Heilbronn, wo ich übrigens unter anderem für den Schulsport verantwortlich war. Als dann aber 1981 eine Stelle in der Kämmerei in Bretten frei wurde, habe ich mich dorthin beworben und habe meinen Dienst unter dem späteren Bürgermeister und damaligen Kämmerer Willi Leonhardt angetreten. Als Herr Leonhardt 1991 Bürgermeister wurde, stieg ich dann zum Amtsleiter des Kämmereiamts auf.

Die Corona-Pandemie hat auch die Arbeit des Kämmerers massiv erschwert. Wie schwer war die Erstellung eines soliden Haushaltsplans in diesen Zeiten und wie ist Bretten bisher finanziell durch die Corona-Zeit gekommen?
Das Problem in der Corona-Pandemie war vor allem der städtische Haushalt 2020, denn dieser ist noch vor der verheerenden Auswirkung der Pandemie verabschiedet worden. Da mussten wir dann reagieren, da das Virus völlig neue Rahmenbedingungen geschaffen hat. Wir haben aber durch verschiedene Einsparungen und vor allem die Gelder aus den Bundes- und Landeshilfen sogar noch ein Plus im Haushalt 2020 erreichen können. Bei der Aufstellung des Haushalts 2021 hatten wir dann schon eine relative Planungssicherheit, was die Auswirkungen der Pandemie angeht.

Fürchten Sie noch kommende finanzielle Folgen durch die Pandemie für die Stadt?
Der Haushalt 2022 wird in der Tat richtig schwer. Das Problem ist unter anderem, dass die Bundes- und Landeshilfen für die weggebrochenen Gewerbesteuereinnahmen in diesem Haushalt dann als Gewerbesteuerreinnahmen angerechnet werden. Dies bedeutet wiederum weniger Zuweisungen und höhere Umlagen aus dem Finanzausgleich für die Stadt. Daher denke ich, dass eine Neuverschuldung für die Stadt Bretten in 2022 unumgänglich ist.

In der bisherigen Amtszeit von Oberbürgermeister Martin Wolff stand auf der Haushaltsseite immer der Schuldenabbau im Mittelpunkt. Ein Weg, den sie immer widerspruchslos unterstützt haben?
Absolut, diesen Weg habe ich immer unterstützt. Wir hatten unter anderem durch das Industrie-Karussell und die zweifellos notwendigen strukturellen Investitionen unter dem damaligen Oberbürgermeister Paul Metzger Schulden aufgebaut. Dies war zu dieser Zeit aber auch unerlässlich, um in Bretten Arbeitsplätze zu schaffen und das Standbein Gewerbesteuer auf eine breitere Basis zu stellen. Danach war es an der Zeit für eine Dekade des Durchschnaufens und des Schuldenabbaus. Dabei hat natürlich auch geholfen, dass wir in den vergangenen Jahren die Früchte der Investitionspolitik der 1990er Jahre in Bretten ernten konnten. Heute kommt uns der Schuldenabbau im Übrigen zugute, da wir jetzt trotz der Pandemie wieder Luft für künftige Investitionen haben. Aber es wird in der nächsten Zeit sicher im Blick auf die weitere Stadtentwicklung mit der Ausrichtung der Gartenschau 2031 einer neuen Strategie bedürfen, die dann auch wieder Schulden bedeuten wird.

Von vielen Kritikern der Brettener Haushaltspolitik wird gerade die Höhe der Schulden immer wieder bezweifelt. Kritik gibt es vor allem an der Nichteinberechnung der Schulden der städtischen Töchter-GmbHs Städtische Wohnungsbau, Stadtwerke Bretten und Kommunalbau. Was sagt der Kämmerer dazu?
Zwischen den Städten in Baden-Württemberg werden nur die Schulden des Kernhaushalts und der Eigenbetriebe miteinander verglichen, die Tochtergesellschaften, also die GmbHs, werden in diese Schulden nicht miteinberechnet, da diese privatwirtschaftlich organisiert sind. Für Bretten heißt das, es zählen im Vergleich nur die 17,5 Millionen Euro Schulden aus dem Kernhaushalt und die 17,9 Millionen Euro Schulden aus dem Eigenbetrieb. Nicht mitgezählt werden die Gesamtschulden von 63 Millionen Euro der Städtischen Tochtergesellschaften. Und auch wenn diese Summe beachtlich ist, muss man bedenken, dass diesen Schulden auch Vermögenswerte von 116 Millionen Euro gegenüberstehen.

Sie sind seit vielen Jahren aktiver Rennradfahrer und auch im RSV Sulzfeld engagiert. Was macht für Sie die Faszination Rennrad aus?
Ich fahre seit dem Jahr 1991 im Sommer Rennrad und im Winter dann Mountainbike. Beim Radfahren faszinieren mich dabei vor allem die Bergtouren, da habe ich einen richtigen Ehrgeiz entwickelt. Es ist schon ein erhebendes Gefühl, wenn man nach mehreren Stunden einen Alpenpass erklommen hat.

Was waren Ihre größten Erlebnisse und Herausforderungen mit dem Rad?
Also der Berg der Berge ist für mich immer noch das Stilfser Joch im Vinschgau in Südtirol. Da fährt man mit dem Rennrad eine Strecke von 28 Kilometern und 2.000 Höhenmetern. Im Gedächtnis geblieben ist mir aber auch eine siebentägige Alpenüberquerung mit dem Mountainbike bis zum Gardasee.

Die Fragen stellte Brettener Woche-Redaktionsleiter Christian Schweizer.

Autor:

Christian Schweizer aus Bretten

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