"Betonklotz mit Denkmalcharakter"
Leserbrief zum geplanten Dienstleistungszentrum auf der Sporgasse in Bretten

Foto: Michael J Berlin - stock.adobe.com

Leserbrief zum geplanten Dienstleistungszentrum auf der Sporgasse in Bretten

In Bälde ist die große Kreisstadt Bretten reif für die zweifelhafte Ehre der Aufnahme ins Buch der Rekorde. Unser Kleistädtchen ist dann wohl das Einzige im Südwesten mit drei Ärztehäusern, respektive Gesundheitszentren. Applaus.

Die Situation in Brettens ärztlicher Versorgung ist in der Tat schwierig, weil wir am absoluten Rand des KV-Gebietes Karlsruhe-Land liegen und direkter Nachbar von Pforzheim-Land sind. Die tatsächliche, in diesem Gesamtgebiet zugelassene Arztdichte liegt über 100 Prozent, deswegen werden hier auch keine weiteren Ärzte zugelassen. Schlimm für uns, weil wir im Versorgungsrandgebiet eigentlich ärztlich unterversorgt sind. Zusätzlich gibt es in Bretten einen „Haus“-Arzt, der sich seit Jahren weigert, regelmäßig Besuche in Pflegeeinrichtungen und auch Privatwohnungen zu machen. Gelegentlich müssen die übrigen Hausärzte auf Bitten des Pflegepersonals ebenfalls mit betreuen.

Noch schwieriger dürfte die Situation in den nächsten Jahren werden, wenn vier „alte Hausdokters“ ihre Praxistätigkeit beenden. Diese haben bisher trotz intensiver Bemühungen keinen geeigneten Nachfolger nach ihren Vorstellungen gefunden, mit Anwesenheitspflicht und regelmäßiger Hausbesuchstätigkeit. Wohlgemerkt: Geeignete Räumlichkeiten zum fairen Preis sind vorhanden.
Deswegen ist der Bau eines weiteren Ärztehauses oder, von mir aus auch, eines Gesundheitszentrums mit Arztpraxen, eine völlige Fehlplanung. Und ich weiß aus eigener Erfahrung und der älterer Kollegen und Kolleginnen, dass die maßgeblichen Leute der Stadt Bretten nicht einmal nachgefragt haben, wie aus Ärztesicht die hausärztliche Basisversorgung weiterentwickelt werden kann. Auf jeden Fall muss aber erst einmal ein Betonklotz gebaut werden, der für manche Denkmalcharakter bekommt. Und die Zustimmung trotz Bedenken (ich habe den O-Ton noch im Ohr) von wenigstens zwei Stadtratsfraktionen zu diesem Plan hat ein deutliches „Geschmäckle“.

Schade! Eigentlich hätte die Stadt Bretten unter Einbeziehung dieses zentralen Sporgassenplatzes in das neu entstehende Altenheim eine völlig neue Form der Altenpflege installieren können. Voraussetzung wäre natürlich eine ausgiebige Beratschlagung gewesen, mit der gesamten katholischen Kirchengemeinde samt Vorstand und dem Investor Cura, dem Erbauer des neuen Altenheims am alten Platz. Und durch eine Brückenverbindung und/oder Aufzug zu einem Begegnungshaus auf dem Sporgassenplatz mit vielfältigen Veranstaltungsmöglichkeiten, auch am Wochenende, hätte man auch eine überregional wirkende Aufmerksamkeit auslösen können und durch eine wesentlich bessere Integration natürlich auch eine erheblich verbesserte Lebensqualität der alten Mitbürger. Und eine auch vom Stadtrat und OB so gewünschte Belebung der Innenstadt durch ein neues Zentrum.
Durch Visionen könnte unsere zukünftige Lebensqualität erheblich verbessert werden. Wir als Bürger sollten uns mit mehr Mumm und Zivilcourage in die Politik einmischen, denn es ist letztlich unser Ding und möglicherweise respektieren uns dann die Politiker als mündige Bürger und nehmen unsere Kritik endlich ernst.

Stellen Sie sich bitte mal ein Gemeinschafts- oder Bürger- oder Begegnungshaus, eine Markthalle inmitten einer Parkanlage mit Bäumen und Wasser und einem Spielplatz mit Matsch für die Kleinen vor!? Dann hätten wir zusätzlich auch die Gewissheit, dass eine Verwaltung endlich angefangen hätte, den verpflichtenden Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes aufzugreifen, nach mehr Schutz und Erhalt der Natur auch für nachfolgende Generationen.

Immer mehr Gemeinden bieten einen kostenlosen, öffentlichen Personennahverkehr zur Entlastung der Innenstädte an. Wenn man das geschickt und richtig getaktet macht, könnten Millionen auch an Nachfolgekosten eingespart (was kostet die Tiefgarage?) und die Luft reiner gehalten werden. Die Pandemie hat auf Bundesebene gezeigt, wie fatal es ist, wenn ein Politiker, der uns unbeschadeter durch diese bedrohliche Situation hätte führen sollen, nicht mit der Materie betraut ist.

Dr. Friedrich Brüggemann
Bretten

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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