Schüler gedenken an Opfer des Nationalsozialismus
Am 9. November vor genau 80 Jahren bekamen auch die jüdischen Bürger in Bretten die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten zu spüren. Eben dieser Opfer haben am vergangenen Freitagabend die Schülerinnen und Schüler mehrerer Geschichtskurse des Melanchthon-Gymnasiums Bretten gemeinsam mit ihren Lehrern gedacht.
Bretten (hk) Am 9. November vor genau 80 Jahren bekamen auch die jüdischen Bürger in Bretten die Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten zu spüren. Eben dieser Opfer haben am vergangenen Freitagabend die Schülerinnen und Schüler mehrerer Geschichtskurse des Melanchthon-Gymnasiums gemeinsam mit ihren Lehrern gedacht. Mit der Mahnwache setzten sie ein Zeichen für die demokratische Gedenkkultur.
Mahnwache an Stolpersteinen
In der ganzen Innenstadt, wo auch viele jüdische Bürger wohnten, brachten die Nazis ihre Zerstörungswut zum Ausdruck. Ein Gedenkstein am Parkplatz am Engelsberg erinnert an die zerstörte Synagoge, Schule, Rabbinat und Mikwe der jüdischen Einwohner, die durch den NS-Terror vertrieben oder deportiert wurden. Auch die vom Künstler Gunter Demnig verlegten Stolpersteine, die in den Bürgersteig vor jenen Häusern eingelassen wurden, in denen die Opfer ihr zuhause hatten, wirken dem Vergessen der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft entgegen. In der Pforzheimer Straße wohnten zum Beispiel Pauline Rösner, Wilhelm Hauser und Emma Weixel. Sie alle wurden in einer „Heilanstalt“ ermordet. Auch über das Schicksal dieser Opfer berichteten Schülerinnen und Schüler des Melanchthon-Gymnasiums. Zwischen 18 und 18.30 Uhr brachten sie Dutzende Kerzen an den 33 Stolpersteinen zum Leuchten. „Wir wenden uns mit dieser Mahnwache gegen jede Form von Menschenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus und rufen dazu auf, für ein demokratisches Miteinander einzutreten“, hatten die Schülerinnen und Schüler zuvor angekündigt.
Rund 40 Schülerinnen und Schüler nahmen teil
An der Mahnwache nahmen rund 40 Schülerinnen und Schüler des Melanchthon-Gymnasiums teil, darunter die Schülerinnen Mona Landes (J1) und Lara Kersch (J1), die einiges über "Moses Lichtenberger" zu berichten hatten. Moses Lichtenberger kam im Jahre 1865 auf die Welt. Gemeinsam mit seinem Bruder führte er die Firma Adolf Lichtenberger & Söhne. Die Firma war eine der größten und bedeutendsten Viehhandlungen im damaligen Deutschland. Im Zuge der systematischen Verfolgung des NS-Regime wurde die blühende Firma zerstört. Durch die Nazi-Verfolgung, den Boykott seines Geschäfts sowie eine Hausdurchsuchung in den Brettener Geschäftsräumen war Moses Lichtenberger seelisch so zerüttet, dass er sich 1933 in den Stallungen erhängte.
Taten sollen nicht in Vergessenheit geraten
Selina Özdemir (10b), Deniz Dereli (10b) und Sera Aydogan (10b) waren an den Stolpersteinen des Ehepaars Karl Veis und Nanette Veis anzutreffen. Karl Veis hatte in der Pforzheimer Straße ein Geschäft, das auf den Handel mit Textilien, zum Beispiel Seide, spezialisiert war. Als das Geschäft von den Nazis verwüstet wurde, flüchtete er mit seiner Familie nach Großbritannien und entkam der Schreckensherrschaft. "Wir haben bei dieser Aktion gerneg mitgemacht", sagte Selina Özdemir, "um den jüdischen Bürgern unseren Respekt zu zollen und damit die Taten der Nazis nicht in Vergessenheit geraten."
Immer weniger Zeitzeugen
Philipp Schafe (J2C), Leon Steinbrenner (J2C) und David Koch (J2D) standen in der Pforzheimer Straße 1 vor dem ehemaligen Haus von Pauline Rösner, geboren 1893. 1944 wurde Pauline Rösner in das Vernichtungslager Hadamar verschleppt, wo sie mit 51 Jahren ermordet wurde. "Pauline Rösner war vermutlich gehandicapt, das war auch der Grund warum sie als nicht lebenswert angesehen wurde", erklärte David Koch die menschenverachtende Denkweise der Nationalsozialisten. Nicht nur im Fach Geschichte haben sich die Schüler auf die bedeutende Altion vorbereiten können, auch im Fach Religion habe man die Reichskristallnacht ausführlich besprochen. "Zeitzeugen, die das Geschehen aus erster Hand erlebt haben, sterben langsam aus. Deshalb ist es wichtig, dass wir das Thema aufarbeiten und es weitergeben", sagten die Schüler, vor allem im Hinblick darauf, dass es Menschen gibt, die den Holocaust leugnen. "Es ist zu beobachten, dass sich immer mehr Menschen mit rechtem Gedankengut identifizieren."
"Eine Demonstration gegen die Novemberpogrome finde ich pietätslos und geschichtsvergessen"
Mathes Fütterer und Maximilian Spin standen in der Pforzheimer Straße 42 am Stolperstein von Wilhelm Hauser, der aufgrund einer Erbkrankheit und somit "unwerten Lebens" von den Nazis verschleppt und in der Heilanstalt Grafeneck durch Vergasung ermordet wurde. "Uns ist dieses Thema deshalb so wichtig, weil es auch unsere Gegenwart so stark prägt", sagte Maximilian Spin. "Deshalb finde ich diese Aktion super, damit wir daran erinnern können", erklärte Mathes Fütterer. Rechte Demonstranten, die sich bundesweit zu diesem Tag angekündigt haben, kann Maximilian Spin nicht verstehen: "Natürlich dürfen sie ihre Meinung kundtun. Aber eine Demonstration gegen die Novemberpogrome finde ich pietätslos und geschichtsvergessen."
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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