Diese Frage hat schon die Macher des „Brettener Blättle“ vor 40 Jahren umgetrieben
Wie sauber ist der Saalbach heute?
BRETTEN (ch) „Bretten war und ist keine Industriestadt, die ihre Umwelt mit Abgasen, Abwässern u. ä. belastet, dennoch gibt es auch hier Probleme bei der Vermeidung und Verringerung von Umweltbelastungen“ heißt es zu Beginn eines kurzen, namentlich nicht gekennzeichneten Artikels im Brettener Woche-Vorläufer „Brettener Blättle“ am 4. Juni 1980 über die Wasserqualität des Saalbachs. Eine Aussage, deren erster Teil sicher auch 40 Jahre später noch Gültigkeit hat, wenn man als Vergleichsmaßstab Industriestandorte wie Ludwigshafen oder Mannheim zugrundelegt. Deutlich schwieriger wird es, wenn man versucht, den zweiten Teil der Aussage mit der heutigen Situation zu vergleichen, die erst jüngst infolge von Verunreinigungen am Saalbach-Zufluss Mühlgraben in Ölbronn-Dürrn wieder ins Gerede gekommen ist.
Abwasserrohre am Bach
In besagtem Artikel wird eine Zeichnung aus früheren Zeiten mit einem vermutlich 1980 aufgenommenen Foto konfrontiert. Auf der laut Bericht „von Walter Dittes aus Gondelsheim“ zur Verfügung gestellten Zeichnung ist ein beidseitig eng bebautes Bachufer mit zahlreichen Abwasserrohren zu sehen, deren Inhalt sich direkt ins Gewässer ergießt. Zur Person des Malermeisters Walter Dittes aus Gondelsheim ist auf Nachfrage von Bürgermeister Markus Rupp nur zu erfahren, dass er von 1975 bis 1980 dort Gemeinderat war. „Ob er selbst gezeichnet hat, wissen wir nicht“, so Rupp. Auch die Datierung und genaue Verortung der Darstellung bleiben unklar. Vielleicht handele es sich um eine Szene aus dem alten Seedamm-Viertel, wagt der Gondelsheimer Schultes einen Tipp.
Fäkaliengeruch bei Dauerregen
Aus der Gegenüberstellung der Zeichnung mit der Nahaufnahme eines Abwasserrohrs leitet der damalige Autor die Folgerung ab: „Gelegentlich scheinen auch heute (1980, die Red.) noch Abwässer bzw. Fäkalien in den Saalbach zu gelangen.“ Dies sei „vor allem bei stark anhaltenden Regenfällen“ gegeben. „Je stärker der Regen, desto stärker scheint sich eine entsprechende Geruchsentwicklung bemerkbar zu machen“, so der Autor. Die Ursache des Problems solle „bei Baumaßnahmen“ seitens der Stadtverwaltung liegen, die „bis spätestens September 80 beendet“ seien, wird eine Mitteilung zitiert. Um welche Art Baumaßnahmen es sich handelte, kann die Brettener Stadtverwaltung nach eigener Aussage heute nicht mehr ermitteln. Die älteste im Stadtarchiv Bretten überlieferte Entwässerungsordnung der Stadt stamme aus dem Jahr 1892, teilt Stadtarchivar Alexander Kipphan mit. Spätestens seit einer ortspolizeilichen Anordnung vom 20. März 1929 durften nach seinen Worten keine Abwässer von Hausanschlüssen mehr ungeklärt in fließende Gewässer abgeführt werden.
Erweiterung der Kläranlage
Bleibt die Frage, was sich seit Erscheinen des „Brettener Blättle“-Artikels zur Verbesserung der Wasserqualität am und im Saalbach getan hat. Wer nach Antworten sucht, muss sich allerdings auf eine Odyssee durch verschiedene Behörden gefasst machen. Erste, vom Stadtarchivar empfohlene Adresse ist der 1971 gegründete Abwasserverband Weißach- und Oberes Saalbachtal (AVW). Dieser hatte ein Jahr nach seiner Gründung mit dem Bau der auf 100.000 Einwohnerwerte ausgelegten Verbandskläranlage in Heidelsheim begonnen, die 1977 in Betrieb ging. 1990 bis 1992 erstmals umgebaut, um Nitrate und Phosphate aus dem Abwasser zu filtern, wurde ihr Fassungsvermögen 2006 bis 2007 an die gestiegene Einwohnerzahl angepasst. Von 2020 bis 2025 steht nach Auskunft von Bertram Heil vom AVW eine erneute Kapazitätserweiterung auf 170.000 Einwohnerwerte an, was unter anderem die verbesserte Beseitigung von Chemikalien- und Medikamentenrückständen einschließt.
Wasserqualität „gut bis mäßig“
Auf Brettener Gemarkung sorgen mehrere AVW-Regenüberlaufbecken, darunter das beim Hundesportplatz, dafür, dass die Heidelsheimer Anlage nicht überlastet wird. Ähnlich in allen AVW-Mitgliedskommunen, die darüber hinaus weitere Abwasserbehandlungsanlagen betreiben. Bezüglich der Wasserqualität verweist Bertram Heil jedoch an das Amt für Umwelt und Arbeitsschutz des Landratsamts Karlsruhe. Der zuständige Dezernent Professor Dr. Jörg Menzel ruft nach schriftlicher Anfrage persönlich zurück, hat aber – mit Hinweis auf die aktuelle Arbeitsbelastung infolge der Corona-Epidemie – nur eine knappe Antwort parat: Die Wasserqualität des Saalbachs sei „gut bis mäßig“.
Keine Details wegen Corona-Krise
Was das bedeutet, dazu könne die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) mit Sitz in Karlsruhe sicher mehr sagen, reicht Menzel den Stab weiter. Die LUBW wiederum reagiert noch am selben Tag per Rückruf auf eine entsprechende Anfrage. Allerdings bittet der zuständige stellvertretende Abteilungsleiter des Referats Fließgewässer und Ökologie, Uwe Bergdolt, um Verständnis, dass wegen der internen Umorganisation infolge der Corona-Krise eine rasche und genaue Aussage zur Qualität des Saalbachwassers momentan nicht möglich sei. Nur so viel: Die alle sechs Jahre überprüfte Wasserqualität sei erst kürzlich neu vom Landratsamt erhoben worden. Dabei wurden Fische, Kleinlebewesen am Gewässerboden und Wasserpflanzen untersucht und die Ergebnisse nach einem „komplizierten Bewertungsverfahren der Europäischen Union“ in fünf Qualitätsstufen eingeteilt. Mehr war nicht zu erfahren. Die Beantwortung weitergehender Fragen, beispielsweise welche Schadstoffe welcher Herkunft sich wie auf die Lebewesen und die Wasserqualität des Saalbachs auswirken, harrt daher weiter einer Klärung in – hoffentlich – wieder ruhigeren Zeiten.
Mehr lesen Sie auf unserer Themenseite 40 Jahre Brettener Woche.
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.