Interview mit Wolfgang Halbeis zu seinem Abschied von der Johann-Peter-Hebel Gemeinschaftsschule
Ein "Reformator" geht seiner Wege

Heute hat Wolfgang Halbeis vom Schulleitungsteam der Johann-Peter-Hebel-Gemeinschaftsschule seinen letzten Arbeitstag in Bretten. | Foto: bea
  • Heute hat Wolfgang Halbeis vom Schulleitungsteam der Johann-Peter-Hebel-Gemeinschaftsschule seinen letzten Arbeitstag in Bretten.
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Bretten (bea) Zwei Schuljahre lang arbeitete Wolfgang Halbeis im Schulleitungsteam der Johann-Peter-Hebel-Gemeinschaftsschule (JPH) in Bretten mit. In dieser Zeit krempelte er die Schule komplett um und stellte sie auf neue Beine. Dank ihm gilt inzwischen der Leitsatz: „Werde zu Deiner besten Version“. Dies sollte jedoch nicht nur auf Schüler und Lehrer zutreffen, sondern am Ende auch auf Halbeis selbst. Doch wie heißt es so schön: wenn es am Schönsten ist, soll man aufhören. Das macht nun auch der passionierte Religions- und Englischlehrer und hinterlässt der Schule nicht nur ein Stück seiner selbst, sondern mit der Umstrukturierung der Schule und der Atmosphäre sowie Präsentation nach Außen auch ein großes Vermächtnis.

Jetzt ist es also soweit, Sie werden die JPH und somit auch Bretten verlassen. Wie geht es ihnen dabei?
Ich werde Bretten und die Schule natürlich vermissen. Mit den Brettenern habe ich wirklich gerne zusammengearbeitet. Ich habe immer gehofft, dass ich bleiben kann, daher finde ich es traurig, dass es anders gekommen ist, als ich es mir vorgestellt habe. Zudem habe ich meine Stelle als wissenschaftlicher Miratbeiter an der Pädagogischen Hochschule zum letzten Jahr gekündigt, um mich ganz auf die Hebelschule konzentrieren zu können.

Die JPH war nicht Ihre einzige Wirkungsstätte, wo waren Sie noch unterwegs und welchen Stellenwert hatte die JPH für Sie?

Schon während meines Referendariats war mir klar, dass ich promovieren will. Nachdem ich ein Jahr an der Schillerschule gearbeitet hatte, wurde ich von der Pädagogischen Hochschule wegen einer Promotion angefragt. So konnte ich je zur Hälfte an der Schillerschule arbeiten und an der Hochschule promovieren. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter habe ich Kongresse organisiert, in der Institutsleitung mitgearbeitet, Veröffentlichungen publiziert und Vorträge gehalten. Auch habe ich viel beim Verein eVOCATIOn, der personenorientierten Begabtenförderung, mitgearbeitet. Weiterhin haben Projektmanagement, Stressmanagement, und Schulentwicklung sowie alle weiteren schulischen Themen zu meinen Kernthemen gehört. Ursprünglich komme ich aus der Pädagogik und Hochschuldidaktik und weiß daher, wie man Strukturen verändern kann. Schließlich habe ich über Bildungsphilosophie promoviert. Dann wurde ich vom Schulamt angefragt, ob ich nicht in der Hebelschule mitarbeiten möchte. Und dann hieß es für mich: Volle Kraft voraus.

Was haben Sie an der JPH geschaffen? An welchen Stellen haben sie der Schule ihren persönlichen Stempel aufgedrückt?
Eine Gemeinschaftsschule bietet viel Potential für innovative Konzepte und das Schulteam an der JPH war sehr motiviert. Nach eineinhalb Jahren wurde mir klar, was wir alles geleistet haben: wir haben die Schule komplett umgestellt. Immer aufs Neue war ich überrascht, wie sehr sich die Kollegen eingesetzt haben. Doch alles hat irre viel Spaß gemacht und wir sind super vorangekommen. Dabei haben wir alles auf zwei Prinzipien aufgebaut: Die Verbesserung der Struktur, an die sich jeder halten muss und eine durchsichtige Kommunikation, die alle mitbekommen. Danach haben wir alles ausgerichtet und eine Atmosphäre der Wertschätzung erschaffen, in der sich alle wohlfühlen. Ich habe am Anfang jeder Woche einen Wochenplan erstellt und öffentliche E-Mails an das Kollegium geschrieben, in denen ich diejenigen erwähnt habe, die in der Schule geholfen haben. Die Kollegen sollten diesen bei Bedarf ergänzen. So wusste jeder, dass am Sonntagabend immer etwas Schönes kommt. Das alles hat viel Zeit gekostet, die ich mir aber gerne genommen habe. Auch jeder Schüler hat ein Knoppers und einen Brief bekommen, wenn er mitgeholfen hat. Geben ohne Zurückzufordern hat mir viel Spaß gemacht und so habe ich mich auch selbst weiterentwickelt. Denn ich arbeite schon seit 20 Jahren daran ich selbst zu werden. Auf diesem Weg sind die Leute schnell aufgetaut und haben gerne mitgeholfen.

Wie haben Sie das geschafft?
Wir haben Aktionskarten eingeführt, in die wir alles eingetragen haben, wer beteiligt war, wer verantwortlich ist und wer welche Materialien mitbringt. Das große Kick-off Event, das wir mit der Brettener Firma Jobs Advision organisieren konnten, war ein wichtiger Tag für uns, da wir uns hier präsentieren konnten und plötzlich war die Hebelschule in aller Munde. Die Stadt, allen voran Bürgermeister Michael Nöltner, hat mich immer in allen Angelegenheiten unterstützt. So sind viele Kooperationen wie mit der Bäckerei Stiefel und vielen weiteren Kooperationspartnern entstanden. Dabei habe ich selbst auch unheimlich viel gelernt. Zum Beispiel, dass es sehr wichtig ist den Dialog zu suchen und so Dinge gemeinsam zu erarbeiten. Und so haben wir an der Hebelschule gemeinsam das Rad neu erfunden.

Was hat Ihnen dabei geholfen?
Der Glaube und meine Familie. Ich habe einfach gut lachen. Ich glaube eben an einen guten Gott, der mich liebt und mich gut versorgt. Ich habe den Eindruck, ich bin auf dem richtigen Weg. Außerdem traue ich mir viel zu und bin zuversichtlich, dass ich das hinbekomme. Wenn ich ein Ziel vor Augen habe, will ich es auch erreichen. Glücklicherweise bin ich gut darin, Potentiale zu entdecken, von Kollegen und der Schule. Dinge, die nicht gut sind, muss man ändern. Unterm Strich war mir klar, welch wahnsinniges Potential in der Hebelschule steckt. Zwei wichtige Kriterien waren dabei, dass ein von uns angebotenes Projekt die Schüler unterstützen und gleichzeitig herausfordern muss. So haben wir viele Projekte gestrichen und neu aufgelegt. Für eine Schule ist im Übrigen auch wichtig, dass man das Motto „tu Gutes und sprich darüber“ im Hinterkopf behält.

Wie kam es dann dazu, dass Sie die JPH verlassen?
Die Schulleiterin, Gabriele Erdel, hat sich dafür entschieden ihre Tätigkeit an der Schule wieder aufzunehmen. Und da ich keine offizielle Funktionsstelle an der Hebelschule hatte, habe ich mich dazu entschieden, einen neuen Weg zu gehen.

Wo werden sie jetzt hingehen und welche Ziele haben Sie für die Zukunft?
Ich werde nun eine Stelle als stellvertretender Schulleiter an einer anderen Gemeinschaftsschule in der Region antreten.

Man kennt Sie als sehr positiv eingestellten Menschen. Wie sehr wurde diese Haltung in der Corona-Krise strapaziert?

Das Gute an den Schulschließungen durch Corona war, dass ich bereits wusste, dass ich die Schule verlassen werde und somit schon mal etwas Abstand gewinnen und Abschied nehmen konnte. In diesem Schuljahr musste ich wegen meinen Schulleitungstätigkeiten nur eine sechste Klasse in Englisch und eine Grundschulklasse in Religion, was entfallen ist, betreuen. Wir haben sehr gute Rückmeldungen von den Eltern bekommen und mich hat beeindruckt, wie sehr sich viele Kollegen eingebracht haben und wie wichtig es ihnen ist, dass es den Schülern gut geht.

Ich will mich aus dem Fenster lehnen und sagen, dass die gesamte Schule Sie vermissen wird. Geht es ihnen auch so und planen Sie eine Rückkehr?
Es ist cool, wenn man sieht, dass sich Dinge so schnell verändern können. Unterm Strich habe ich unfassbar viel gelernt. Ich würde mir schon wünschen, eines Tages wieder an die Hebelschule zurückzukommen.

Vielen Dank, Herr Halbeis, ich wünsche ihnen alles Gute und besuchen Sie uns mal wieder in Bretten.
Spätestens zu Peter und Paul werde ich mit meiner Familie wieder in Bretten sein, das ist sicher.

Autor:

Beatrix Drescher aus Bretten

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