Vom Mini-Max-Prinzip und der "Zuvielisation" der deutschen Lehrpläne
Gesamtelternbeirat der Stadt Bretten lud Jutta Wimmer mit ihrem "Lernlust statt Lernfrust"-Vortrag in die Stadtparkhalle
BRETTEN Die Stadtparkhalle verwandelte sich in ein Klassenzimmer. Auf der Bühne die "Lehrerin" Jutta Wimmer, Lern- und Bildungsexpertin aus dem bayerischen Peiting, im ausverkauften Saal rund 500 "Schüler", bestehend aus Eltern und Lehrern. Nach den ersten Fragen ins Publikum mit zaghaften Reaktionen stand die Note für mündliche Mitarbeit auf drei minus. "Ich merk genau, wer aufpasst und wer nur so tut", rief Wimmer in ihrem oberbayerischen Dialekt ins Plenum. Eingeschüchtertes Gelächter. Ohne dass man es wollte, hatte man sich wieder in den Schüler, der man einmal war, verwandelt.
Lernlust-Killer
Und hinein ging es in die "Kampfarena des täglichen pädagogischen Wahnsinns". Wimmers Vortrag mit kabarettistischen Einlagen verdeutlichte, was vielen im Publikum aus dem Alltag nur allzu bekannt ist. Hausaufgaben- und Lernstress, der nicht selten den Familienfrieden belastet. Zehn Lernlust-Killer entlarvte sie, von der vergeblichen Suche nach dem Sinn des Lernstoffs - oder wie ihr eine Freundin neulich geschrieben hatte: "Wieder einen Tag im Leben überstanden ohne Anwendung der Kurvendiskussion." - bis hin zur "Zuvielisation" der überfrachteten Lehrpläne.
Lösungsansätze, die helfen können
Charmant, humorvoll und abwechslungsreich stellte die studierte Diplom-Pädagogin, Mutter eines 16jährigen Sohnes, aber nicht nur klar, was möglicherweise schief läuft in der deutschen Bildungspolitik, sondern brachte auch eine ganze Reihe von Lösungsansätzen für den täglichen Gebrauch. Kostprobe gefällig? Zum Beispiel das Mini-Max-Prinzip: Ich muss nach dem Kochen die Küche aufräumen, das kostet mich mindestens eineinhalb Stunden. Ist mir zu lange. Also mache ich einen Deal mit mir: Eine viertel Stunde Küche aufräumen, in der ich mein Maximum an Leistung gebe, den Rest lasse ich liegen und mache es später. Zwei Vorteile: In einer Viertelstunde kommt man viel weiter, als man denkt. Und man sieht, es ist ja gar nicht mehr viel, den Rest kann man dann auch gleich machen. Funktioniert auch bei einem Berg Lernstoff.
Perspektivwechsel
Mit ihrem Ansatz, sich "in die Mokassins" der Schüler zu stellen und damit den Schul-Alltag aus der Sicht der Kinder zu zeigen, gelang es Jutta Wimmer auch, die emotionale Seite der Zuhörer anzusprechen, und machte damit ihr eigentliches Anliegen deutlich: Dass Eltern, aber auch Lehrer zwischen all den Ansprüchen, die heute an die Schüler gestellt werden, nicht den Blick auf das Kind als Mensch verlieren sollen. Am Schluss hatte sich die Mitarbeits-Note auf eine eins mit Stern gebessert. Wenn das nicht motiviert!
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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