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Retardiertes Melatonin – endlich gut schlafen
Mit Chronobiologie zu gesundem Schlaf

Dipl.-Psychologe Werner Cassel, Schlafmedizinisches Zentrum am Klinikum der Philipps-Universität in Marburg. | Foto: Freya Altmüller
  • Dipl.-Psychologe Werner Cassel, Schlafmedizinisches Zentrum am Klinikum der Philipps-Universität in Marburg.
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Region (kn) Die Zusammenhänge zwischen erholsamem Schlaf und einem gesunden Organismus werden in den letzten Jahren durch Forschungsergebnisse immer deutlicher. Wir sprachen mit Dipl.-Psychologe Werner Cassel vom Schlafmedizinischen Zentrum am Klinikum der Philipps-Universität in Marburg über den Einsatz von retardiertem Melatonin zur chronobiologisch fundierten Harmonisierung gestörter Schlaf-Wach-Zyklen.

Herr Cassel, wie groß ist der Leidensdruck, dem Menschen mit einer länger andauernden Schlafstörung ausgesetzt sind?
W. Cassel: Man kann ohne Übertreibung sagen, dass solche Schlafstörungen massiv sowohl in die körperliche als auch die seelische Gesundheit der Menschen eingreifen. Es verschlechtern sich nicht nur Reaktionszeit, Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnisleistung, sondern Betroffene werden oft gereizt, teils aggressiv und chronisch schlecht gelaunt. Was wir erst seit Kurzem in voller Tragweite sehen: Das Langzeitrisiko für Depressionen steigt, genauso wie für Gewichtszunahme, Diabetes, Herzinfarkt und Schlaganfall.

Wollen Sie eine Auswirkung besonders hervorheben?
W. Cassel: Schlafstörungen können sich zum Beispiel sehr negativ auf den Zustand der Blutgefäße auswirken. Während bei gesunden Menschen beispielsweise der Blutdruck nachts um etwa 10 Prozent abfällt, schüttet der Organismus bei massiven Schlafstörungen weiterhin Stresshormone wie Cortisol und Adrenalin aus und belastet das Herz-Kreislaufsystem. In der Folge erhöhen sich die Risiken für kardiovaskuläre Erkrankungen, für Herzinfarkt und Schlaganfall. Selbst Diabetes und Krankheiten wie Alzheimer und Altersdemenz werden mit Schlafstörungen in Zusammenhang gebracht.

Nun ist Schlaf ja kein einheitlicher Zustand. Wenn man gesunden Schlaf fördern will, in welcher der unterschiedlichen Schlafphasen setzt man am besten an?
W. Cassel: Schlafende durchlaufen neben der Einschlafphase mehrere aufeinander folgende und unterschiedlich tiefe Schlafzustände sowie häufige kurze, uns meist nicht in Erinnerung bleibende Aufwachvorgänge. Wir nennen dies Schlafarchitektur. Wenn sich dann solche strukturierte Nächte mit Wachphasen abwechseln, in denen Stimmung, Konzentration und Leistungsfähigkeit gut sind, erleben wir einen guten „circadianen Rhythmus“. Es gilt ja nicht, eine der Schlafphasen zu vertiefen oder zu beeinflussen, sondern den ganzen Ablauf, die gesamte innere Uhr über längere Zeit wieder in Takt zu bringen. Und hier kommt für eine moderne Therapie chronischer Schlafstörungen das Hormon Melatonin ins Spiel.

Melatonin steuert den Schlaf?
W. Cassel: Das ist etwas vereinfacht, aber Melatonin ist extrem wichtig für einen korrekt ablaufenden Schlaf-/Wach-Rhythmus. Das Hormon wird mit dem Einsetzen der Dämmerung in der Zirbeldrüse des Zwischenhirns gebildet. Etwa zwei Stunden später setzt im Normalfall ein Müdigkeitsgefühl ein, das uns auf den kommenden Schlaf einstimmt. Sein Maximum erreicht der Melatonin-Spiegel zwischen drei und vier Uhr. Gegen Ende der zweiten Nachthälfte sinkt er wieder ab, das Aufwachen beginnt.

Wäre es bei Schlafstörungen dann nicht sinnvoll, dem Körper dieses Hormon zuzuführen?
W. Cassel: Durchaus! Allerdings muss im Verlauf der Nacht eine naturidentische Wirkstoff-Freisetzung gewährleistet sein. Nur dann kann Melatonin den natürlichen Schlaf mit seiner Abfolge von Leicht-, Tief- und Traumschlaf fördern. Zu viel davon oder in nicht retardierter Formulierung zur falschen Zeit eingesetzt, kann die innere Uhr aus dem Takt bringen. Eine Eigentherapie mit Melatonin-Präparaten bspw. aus dem Internet ist daher nicht ratsam.

Also kommt es auf die Zubereitung des Wirkstoffes an?
W. Cassel: Aber sicher! Diese naturidentische Wirkstoff-Abgabe kann nur durch eine sogenannte retardierte Zubereitung sichergestellt werden, die Melatonin während der gesamten Schlafphase so abgibt, wie es der natürlichen Melatoninfreisetzung eines jungen, gesunden Menschen entspricht. Diese retardierte Form wird gerne auch als „Chronotherapeutikum“ bezeichnet. Denn es stellt in der Tat ohne das Risiko einer Abhängigkeit den natürlichen Ablauf von Schlaf- und Wachphasen, also eine gute circadiane Rhythmik, wieder her.

Warum ist dieser Wirkstoff rezeptpflichtig? Es entfallen doch die Neben- und Wechselwirkungen klassischer Schlafmittel weitgehend.
W. Cassel: Weil circadiane Störungen ernsthafte Erkrankungen sind, deren Behandlung in die Hände erfahrener Ärzte gehört. Sie können sehr gut die Therapiefortschritte beurteilen, bei denen die Patienten auch etwas Geduld mitbringen sollten. Denn auch wenn sich die ersten Anzeichen einer Besserung oft recht schnell einstellen, benötigt die Behandlung etwa 14 Tage, bis sich der Schlafrhythmus normalisiert und die innere Uhr wieder im Takt ist. Aber dieser Zeitaufwand lohnt auf jeden Fall.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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