35 Jahre Torbogen und Wehrgang in Obergrombach
(kk) Wer heute in Obergrombach nach dem Passieren der Rathaus-Durchfahrt den Torbogen zum mauerumwehrten „Städtl“ durchschreitet, ahnt im ersten Moment nicht, dass der Bogen samt angefügtem Wehrgang erst 35 Jahre „jung“ ist.
Bei genauem Hinsehen ist auf dem Schluss-Stein die Jahreszahl „1982“ zu erkennen. Wie kam es zu diesem Torbau?
Große Herausforderung für einen Kunstlehrer
In den 1970iger Jahren überließ die Stadt Bruchsal dem Ehepaar Helmut und Bärbel Neumann das Anwesen Brunnenstraße 2 für den symbolischen Kaufpreis von einer D-Mark mit der Auflage, das Haus nach Auflagen des Denkmalschutzamtes zu renovieren. Dies war für den Kunstlehrer eine große Herausforderung. Bei Recherchen stellte er fest, dass an einer Außenmauer seines Anwesens Reste eines Torbogens vorhanden waren, der auf der anderen Straßenseite im Mauerwerk der Stadtmauer seine Fortsetzung fand. Der Heimatforscher Bruno Janzer bestätigte, dass hier bis 1788 das innere Stadttor der Stadt gestanden habe, sogar mit einem Torhaus.
“Wer ein Bögele bauen will, dem gehört das Gehirn angebohrt“
Helmut Neumann hatte eine Idee: “Warum den Torbogen nicht wieder aufbauen?“ - und wandte sich an den damaligen Ortsvorsteher Ernst Willy. Dieser war von dem Ansinnen sehr angetan. Doch erhielt seine Begeisterung schnell einen Dämpfer. „Bei einer Info-Veranstaltung lehnten rund 70 Prozent der Anwesenden das Vorhaben ab“, berichtet Ernst Willy. So war von einem „Aprilscherz“ die Rede, jemand meinte: “Wer ein Bögele bauen will, dem gehört das Gehirn angebohrt.“ Doch Willy ließ sich nicht entmutigen und brachte die Sache im Ortschaftsrat vor. In der Sitzung vom 27. November 1979 wurde die Sache zur Abstimmung gebracht und mit knapper Mehrheit befürwortet.
Stadt zeigte wenig Begeisterung für Wiederaufbau
Der Obergrombacher Bauunternehmer August Speck erbot sich, für 50.000 DM den Bogen zu bauen. Ortsvorsteher Willy wandte sich mit diesem Baugebot an die Stadt Bruchsal, wo man wenig Begeisterung zeigte und für das „Bögele“ lediglich 12.000 DM zuzuschießen bereit war.
Aus Gegnern wurden Unterstützer
Da fasste Ernst Willy den Entschluss: „Das schaffen wir nach guter Obergrombacher Sitte in Eigenregie und mit Eigenarbeit!“ Mit den zugesagten 12.000 DM wurde der Zement finanziert; und die benötigten „rauen Steine“ wurden mühsam bei abgebrochenen Scheunen und Häusern in der Umgebung zusammengesucht. Am 25. Oktober 1981 wurde die Baugenehmigung erteilt, und Obergrombacher Handwerker, vor allem erfahrene Maurer, machten sich an die Arbeit. Langsam gedieh das Werk, und so mancher, der vorher strikt gegen den Bau war, änderte seine Meinung. Ernst Willy: „Einer der ursprünglichen Gegner trat an mich heran, drückte mir 50 DM in die Hand und meinte: Macht weiter so.“
Einweihung beim zweiten Burgfest
Schließlich konnte am 18. Dezember mit dem Setzen des Schluss-Steins der Bauab-schnitt „Torbogen“ als beendet angesehen werden. Doch die Obergrombacher machten weiter: Das dem Neumann’schen Haus gegenüberliegende Stück Stadtmauer mit geborstenen Stützbögen vom ehemaligen Wehrgang sollte ebenfalls instand gesetzt werden. Die gemauerten Stützbögen wurden wieder erneuert und der historische Wehrgang angepasst. Am 12. August 1982 war auch dieser zweite Bauabschnitt abgeschlossen – rechtzeitig zum 2. Obergrombacher Burgfest. Denn ein Jahr zuvor hatten zehn Obergrombacher Ortsvereine das erste „Obergrombacher Burgfest“ ausgerichtet – mit geradezu sensationellem Erfolg. Vor lauter Euphorie wurde 1982 das Zweite Burgfest angesetzt – und bei der Eröffnung konnten Torbogen und Wehrgang präsentiert werden. Die Kritiker waren rasch verstummt, und heute sind die mit 900 ehrenamtlichen Stunden errichteten Bogen und Wehrgang aus dem Obergrombacher Ortsbild nicht mehr wegzudenken.
Fotos: kk
Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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