1250 Jahre Heydolfesheim
Nachtwächter und Türmer in Heidelsheim unterwegs
Bruchsal-Heidelsheim (kk) Anno Domini 29.Juni 1992: die „Bürgerwehr Heydolfesheim“ führt anlässlich der zehnten Wiederkehr ihrer Gründung auf dem Marktplatz von Heidelsheim mit über 40 Darstellern das Historienstück „Heidelsheimer Bauerntrutz“ auf. Unter den Schauspielern: Erich Bannholzer in einer Rolle als Nachtwächter. Er findet Gefallen in seiner Rolle und mimt fortan bei Umzügen und historischen Treffen den „Nachtwächter“. Ein weiteres Mitglied der Wehr, Peter Schwedes, hat eine
besondere Beziehung zu dem in einer großen Bürgeraktion restaurierten „Katzenturm“ und schlüpft in die Rolle eines „Türmers“. Die beiden Heidelsheimer werden auf die „Europäische Nachtwächter- und Türmerzunft“ aufmerksam, bestehen den Aufnahme-Ritus und sind fortan Mitglieder der erlauchten Zunft – mit einer Besonderheit: Heidelsheim ist der einzige Ort, der europaweit einen Nachtwächter und einen Türmer in dem Gremium hat.
Zunft-Geburtsstunde in Heidelsheim
Zehn-Jahre-Zeitsprung: die BürgerwehrHeydolfesheim feiert ihr 20-jähriges Bestehen und Bannholzer und Schwedes ist es gelungen, das jährliche Zunfttreffen der europäischen Nachtwächter und Türmer nach Heidelsheim zu holen – über 140 Gewandträger folgten dem Ruf der Zunft und präsentieren sich in Bruchsal und Heidelsheim. Als Ergebnis dieses Treffens beschließen die beiden Heidelsheimer Vertreter, eine „Baden-Württembergische Nachtwächter- und Türmer-Zunft“ ins Leben zu rufen. Peter Schwedes entwarf eine „Zunftsatzung“ und 2003 schlug tatsächlich die Geburtsstunde der Vereinigung der baden-württembergischen Nachtwächter und Türmer.
Nachwuchs übernimmt die Führung
2016 verstarb vielbetrauert der ehrenamtliche Nachtwächter Erich Bannholzer,den seine Berufung bis auf die „Chinesische Mauer“ bei Peking führte. 2020 feiert Heidelsheim nun sein sein 1250-jähriges Jubiläum. Dies nahmen die Nachtwächter und Türmer aus dem „Ländle“ zum Anlass, an die Stätte ihrer Gründungsväter Bannholzer und Schwedes zurückzukehren. In der Zunftsitzung wurde der Heidelsheimer Julius Metzger, der schon als Schuljunge Erich Bannholzer als „Nachwuchs-Nachtwächter“ bei seinen Rundgängen begleitete, als vollwertiges Mitglied in die Zunft aufgenommen. Der Türmer Peter Schwedes hat in Petra Heermann ebenfalls eine würdige Nachfolgerin als Türmerin gefunden. Somit verfügt Heidelsheim wieder über sein Alleinstellungsmerkmal: Nachtwächter und Türmerin in den Mauern. In einer historischen Stunde präsentierten sich zwei Dutzend Nachtwächter und Türmer beim Stadttor der Öffentlichkeit, Willkommen geheißen von der Bruchsaler Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick.
"Im Dunkeln ist gut Munkeln“
In verschiedenen Instrumental- und Liedbeiträgen vermittelten die Nachwächter und Türmer einen Eindruck über ihr Berufsleben in den vergangenen Jahrhunderten. Die Türmer hatten nicht nur auf herannahende Feinde zu achten, sondern auch auf Feuersbrünste. Den Nachtwächter zeichneten drei Symbole aus: Horn, Hellebarde und Laterne. Er hatte ebenfalls drei Ordnungsfunktionen: er hatte auf lichtscheues Gesindel zu achten, den Bürgern zu verkünden, was die Uhr geschlagen hat und natürlich auf die Anzeichen eines aufflackernden Feuers. Da „im Dunkeln gut Munkeln“ ist, bekamen die Nachtwächter übrigens auch so manches Beischlaf- und Liebesgeheimnis ihrer lieben Mitbürger mit. Über derlei Eskapaden wussten die Nachtwächter aus Dilsberg und Eberbach, Burladingen und Weil der Stadt in Heidelsheim einer interessierten Zuhörerschar zu berichten. Am Sonntagmorgen umrahmten die Nachwächter und Türmer einen evangelischen Gottesdienst, um anschließend auch noch dem Heidelsheimer Neujahrsempfang eine historische Note zu verleihen.
Autor:Christian Schweizer aus Bretten |
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