"Die Hütte brennt"
Flüchtlingssituation und Politikverdrossenheit waren Thema in der Bürgermeisterrunde

Die jüngste Bürgermeisterversammlung fand in den Tagungsräumen der Villa Medici in Bad-Schönborn statt. | Foto: Landratsamt Karlsruhe
  • Die jüngste Bürgermeisterversammlung fand in den Tagungsräumen der Villa Medici in Bad-Schönborn statt.
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Region (red) Zur Herbst-Kreisversammlung des Gemeindetags Baden-Württemberg hatte der Kreisvorsitzende, Bürgermeister Thomas Nowitzki (Oberderdingen), die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister im Landkreis Karlsruhe am 27. September nach Bad Schönborn eingeladen. Und wieder stand die Flüchtlingssituation ganz oben auf der Tagesordnung.

Aktuelle Flüchtlingszahlen im Landkreis Karlsruhe

Die Leiterin des Amtes für Integration im Landratsamt Karlsruhe, Kathrin Haas, stellte die aktuellen Zahlen vor: So ist die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die in den Landkreis kommen, weiter gestiegen. Monatlich kommen rund 100 Menschen an, es gibt aber auch Abgänge. Mehr als 5.550 Menschen sind derzeit in den Städten und Gemeinden gemeldet - Tendenz weiter steigend. Deutlich erhöht haben sich die Zugangszahlen aus anderen Ländern: Sie haben sich im Vergleich zum Vorjahr glatt verdoppelt, im September werden es 155 im Landkreis sein. Mit bis zu 300 pro Monat muss bei den Zugangszahlen für das Land Baden-Württemberg gerechnet werden, im laufenden Monat sind es rund 7.000. Die Asylsuchenden werden zunächst in Gemeinschaftsunterkünften des Landkreises vorläufig untergebracht und nach spätestens zwei Jahren in die Anschlussunterbringung in die Kommunen verlegt.

Derzeit müssen noch keine Menschen in Hallen oder Zelten untergebracht werden

„Der wesentliche Unterschied zu 2015/16 sind die Ukraineflüchtlinge“, so der Erste Landesbeamte Knut Bühler, „auch wenn 60 Prozent privat untergebracht sind, sind diese 'da' und müssen wie die anderen Geflüchteten auch verwaltet und betreut werden“. Dies werde gerne vergessen. Der Kreisvorsitzende Thomas Nowitzki begrüßte die Anstrengungen der Landkreisverwaltung zur Schaffung von Platzkapazitäten und wertete es als positiv, dass im Landkreis Karlsruhe derzeit noch keine Menschen in Hallen oder Zelten untergebracht werden müssen wie andernorts. Dennoch müsse der Situation entschieden entgegengewirkt werden, zumal viele Integrationsleistungen gar nicht mehr erbracht werden könnten. Er verwies auf das aktuelle Papier des Gemeindetags Baden-Württemberg, das die Forderungen an die Bundes- und Landespolitik auflistet und appellierte an die Bürgermeisterrunde, das Thema und die Zahlen in den Gemeinderäten zu diskutieren, um sich klar zu positionieren. “Die Hütte brennt!“, fasste Nowitzki die momentane Situation zusammen.

Einzelne Bauvorhaben nicht mehr zulässig

Auch eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Paragraf 13b des Baugesetzbuches nicht EU-konform und damit nicht anwendbar ist, hat das Potenzial, Politik- und Verwaltungsverdrossenheit auszulösen. Er sollte angesichts der Wohnungsknappheit Wohnnutzungen auf Flächen rechtfertigen, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen. Das Gericht rügte das Fehlen einer Umweltprüfung, die im Hinblick auf mögliche schutzwürdige Außenbereichsflächen erforderlich ist. Folge des Urteils ist, dass neue Bebauungspläne nach dieser Vorschrift nicht mehr aufgestellt werden dürfen und einzelne Bauvorhaben in solchen Gebieten möglicherweise nicht mehr zulässig sind.

Siedlungsentwicklung nicht zum Stillstand bringen

Für den Kreisvorsitzenden Bürgermeister Thomas Nowitzki ist diese Entscheidung für die Bürgerinnen und Bürger, die bereits Bauplätze erworben haben, eine "Katastrophe", weshalb er an die Kreisverwaltung appellierte, die entsprechenden Prüfungen im Sinne des Vertrauensschutzes der Grundstückseigentümer bzw. Bauwilligen vorzunehmen. Nowitzki wies auch auf die vielschichtigen Zielkonflikte hin, die im Hinblick auf die nicht vermehrbaren Grundstücks- bzw. Gemarkungsflächen bestehen. Es gelte, die Bedürfnisse für Wohnen und Gewerbe, Verkehr, Landwirtschaft, Forst, Windkraft und erneuerbare Energien unter einen Hut zu bringen, ohne die notwendige Siedlungsentwicklung zum Stillstand zu bringen.

Autor:

Kraichgau News aus Bretten

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