Interview mit Brettener Revierleiter Brenner
"Straftaten haben querbeet zugenommen"

Bernhard Brenner, der Revierleiter der Polizei Bretten. Foto: privat
  • Bernhard Brenner, der Revierleiter der Polizei Bretten. Foto: privat
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Bretten (kuna) Das Jahr neigt sich dem Ende zu. Neben den weltpolitischen Ereignissen wie dem Krieg in der Ukraine oder der anhaltenden Corona-Pandemie sind es vor allem die Geschehnisse vor Ort, die im Gedächtnis bleiben. Im Interview mit der Brettener Woche/kraichgau.news spricht der Leiter des Brettener Polizeireviers, Bernhard Brenner, über besondere Erlebnisse und zieht ein vorläufiges Fazit des ausklingenden Jahres 2022.

Wie viele Einsätze und Straftaten gab es im Jahr 2022?
Ich darf zu diesem Zeitpunkt noch keine Zahlen nennen, solange sie vom Innenministerium nicht freigegeben sind. In Bretten stellen wir aber fest, dass die Anzahl der Straftaten nach einem gewissen coronabedingten Rückgang querbeet deutlich zugenommen hat.

Was waren die häufigsten Straftaten in Bretten?
Der klassische Diebstahl war sicher die häufigste Straftat, die wir zu bearbeiten hatten. Auch der Bereich der Vermögensdelikte, also Betrug in allen Farben und Formen, ist immer stärker vertreten. Aktuell haben wir einen Höchststand bei den sogenannten „Anrufstraftaten“, bei denen falsche Polizeibeamte auftreten oder angebliche Verwandte Schockanrufe tätigen. Alles mit dem Ziel, an das Geld der Opfer zu kommen. Viel läuft auch im Bereich „falsche Gewinnversprechen“ oder mit WhatsApp-Betrügereien.

Erkennen Sie einen Trend, dass Gewalt und Kriminalität in Bretten ansteigen?
Die Gewaltkriminalität im öffentlichen Raum stagniert derzeit glücklicherweise auf einem Niveau, das uns nicht groß aus der Ruhe bringt. Insbesondere während der Corona-Einschränkungen hatten wir jedoch eine starke Zunahme von Gewaltdelikten im Privatbereich zu verzeichnen. Fälle von häuslicher Gewalt haben uns über die Maßen beschäftigt und dazu bewogen, unsere Maßnahmenpakete, also Platzverweise, Rückkehrverbote, Ingewahrsamnahmen oder Maßnahmen zum Opferschutz, restriktiver zu gestalten und die Abstimmung mit den zuständigen Ämtern und Gerichten zu intensivieren.

Auf ein Ereignis haben sich die Brettener dieses Jahr besonders gefreut. Wie lautet Ihr Fazit zum Peter-und-Paul-Fest 2022?
Das Peter-und-Paul-Fest war aus unserer Sicht taktisch anspruchsvoll, da wir uns auf neue Abläufe und organisatorische Änderungen einstellen mussten. Außerdem mussten wir nach der längeren Pause auf alle möglichen Szenarien punktgenau vorbereitet sein, angefangen von Wetterphänomenen bis hin zu großen Schadenslagen oder lebensbedrohlichen Einsatzlagen. Die intensive Vorbereitung hat sich aus unserer Sicht aber gelohnt, insgesamt war das Fest sehr geordnet und meistens friedlich. Auch die Zusammenarbeit mit unseren Ansprechpartnern beim Veranstalter, bei Feuerwehr und Rettungsdienst war hervorragend.

Gab es besonders einsatzintensive Phasen?

Es ist niemandem entgangen, dass uns die Corona-Leugner-Szene personell zum Jahresbeginn noch ganz schön beschäftigt hat. Als Garanten des Rechtsstaats müssen wir bei Versammlungen auf der einen Seite versammlungsfreundlich auftreten, zugleich haben wir darauf zu achten, dass Teilnehmer sich an die gesetzlichen Regelungen halten. Nun hatte man es im Leugner-Lager hin und wieder darauf abgesehen, die Behörden mit nicht angemeldeten Versammlungen zu beschäftigen. In der aktuellen zweiten Jahreshälfte ist es aber so, dass der Rechtsstaat sich revanchiert, da einige der Straf- und Bußgeldverfahren bei den Gerichten verhandelt und Geldstrafen und Bußgelder fällig werden.

Gab es Geschichten, die die Polizei besonders berührt oder geärgert haben?
Ärgern lassen wir uns zum Glück nicht, man erwartet von uns zurecht, dass wir objektiv und handlungsfähig sind. Das funktioniert nicht, wenn man sich im Dienst schlechten Gefühlen hingibt. Allerdings gibt es Einsätze, wie der tödliche Verkehrsunfall einer jungen Frau zwischen Berghausen und Jöhlingen vor einigen Wochen, die einen nicht kaltlassen können und die sehr belastend sind. Oder auch der Brand eines Doppelhauses am 9. Februar, bei dem zwei Familien nachts ihr gesamtes Hab und Gut verloren haben und vor dem Nichts standen. Einige Bewohner mussten von der Feuerwehr über die Drehleiter gerettet werden, glücklicherweise kam niemand körperlich zu Schaden. In der Folge haben auch Beamtinnen und Beamte meines Reviers für die Familien gespendet, das war schon bemerkenswert.

Was war der spektakulärste Einsatz des Jahres?

Der spektakulärste Einsatz war mit Sicherheit die Bedrohungslage in Jöhlingen am 11. Oktober, als ein 44-Jähriger seinen Suizid ankündigte und damit drohte, das gesamte Wohnhaus in die Luft zu sprengen, sollte die Polizei sich nähern. Die Einsatzbewältigung war daher besonders kritisch und es waren starke Nerven gefragt. Wir waren mit einem Großaufgebot vor Ort und mussten dabei alle taktischen und technischen Ressourcen nutzen, die wir in solchen Fällen zur Verfügung haben. Man musste stets die Lage neu bewerten, Entscheidungen treffen: Geht man in das Gebäude rein oder nicht? Welcher Zeitpunkt ist der beste? Welche taktischen Manöver setzt man ein? Letztlich konnten wir den Mann widerstandslos in Gewahrsam nehmen und er wurde nur leicht verletzt. Danach braucht man schon ein paar Stunden, um wieder runterzukommen.

Autor:

Kathrin Kuna aus Bretten

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