Ein Schuhlöffel kehrt zurück

Seit 1890 bestand das Schuhhaus Dorwarth in der Weißhofer Str. 32. Der schön gestaltete Schuhlöffel hat eine weite Reise hinter sich, ehe er wieder nch Bretten kam.
  • Seit 1890 bestand das Schuhhaus Dorwarth in der Weißhofer Str. 32. Der schön gestaltete Schuhlöffel hat eine weite Reise hinter sich, ehe er wieder nch Bretten kam.
  • hochgeladen von Heidemarie Leins

Ein Schuhlöffel geht auf Reisen

Ich packe meinen Rucksack und tue hinein, dieses Spiel für das Gedächtnistraining, stellt sich jeder, der vereisen, auswandern will oder gar fliehen muss. So fragte ich eine Freundin, die sich entschloss, mit ihrer Familie nach Deutschland zu kommen. Was hattest Du in Deinem Gepäck, einem Gepäck, das keine Rückkehr möglich macht? 20 kg sind nicht viel für ein rückwärts bzw. in die Zukunft gerichtetes Leben. Sie zählte auf, Fotos, Unterwäsche zum Wechseln und u. a. einen Dosenöffner. Ja, um Himmels Willen, einen Dosenöffner. Es könnte sein, dass wir Dosen bekommen, meinte sie, dann hat wenigstens jemand einen Dosenöffner. Sie hat ihn heute noch im Gebrauch.
Warum erzähle ich diese Geschichte?

Ins Archiv kam eine Anfrage aus London. Zachy Beeris Urgroßvater, Alfred Tiefenbrunner, hatte ein Wäsche- und Kleidergeschäft in der Pforzheimer Straße. Das Haus steht heute noch fast unverändert. Es ging bei der Korrespondenz dann um Unterlagen und um einen Besuch in Bretten. Heidi Leins übernahm die Vorbereitung, als irgendwann aus London die Frage auftauchte, gibt es das Schuhgeschäft Dorwarth noch. Der Grund für diese Frage war ein „shoehorn“. Der Schuhlöffel, auf dem das Schuhgeschäft Dorwarth als eines der größten in der Gegend gepriesen wird, hat demnach einen langen, langen Weg hinter sich.

Karl Tiefenbrunner, der Sohn des Alfred Tiefenbrunner, war Diamantschleifer, hatte die badische Staatsangehörigkeit, wie die ganze Familie. Die Familie zog nach Karlsruhe. Karl heiratete, der Sohn Wolfgang wurde geboren, und die Familie flüchtete vor den Nazigreueltaten 1936 nach Palästina. Mit im Gepäck - ein Brettener Schuhlöffel. Ein Schuhlöffel ist ein wichtiges Hilfsmittel, denn die Schuhe waren meistens nur mit einem Schuhlöffel anzuziehen. Einfach nur hineinschlüpfen war da nicht möglich.
Jahrzehnte war er nun in Israel, hatte wahrscheinlich längst ausgedient, wurde aber als Erinnerungsstück aufbewahrt. Nun zogen Teile der Familie nach London, und der Schuhlöffel ist wieder dabei. Als Erinnerung an die Zeit in Bretten oder an die Familie? Vielleicht beides, denn durch den Besuch der Familie hat Bretten als Wohnort der Familie auch ein Gesicht bekommen. Heidi Leins freute sich über das Fundstück in zweierlei Hinsicht. Zum einen demonstriert er ein Stück Brettener Werbegeschichte und zum anderen ist er ein Stück aus einem jüdischen Haushalt. Sie bat die Familie in London, dieses kostbare Stück wohl zu behüten. Doch was geschah beim Besuch der Familie in Bretten? Nachdem alle Fragen zur Familie Tiefenbrunner im Stadtarchiv geklärt werden konnten, zog Zachy Beeri ein Päckchen aus der Tasche und übergab es - den Schuhlöffel mit Werbeeindruck des Schuhgeschäftes Dorwarth, das von 1890 – 1951 in der Weißhofer Str. 32 seinen Sitz hatte.
Mehr als gerührt, wurde das Original bestaunt. Warum behaltet Ihr es nicht selbst? Der Schuhlöffel ist besser im Archiv aufgehoben als bei den Nachfahren. Das Geschenk ist als Dank für alle Freundlichkeit der Betreuung zu verstehen.

Autor:

Heidemarie Leins aus Bretten

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