Peter-und-Paul-Samstag 2018: Schlachtenlärm mit komödiantischer Einlage am Simmelturm
Wieder einmal ist Brettheim erfolgreich gegen die Württemberger verteidigt worden. Doch diesmal erfuhr die Schlacht am Simmelturm eine unerwartete komödiantische Einlage mit aktuellem Bezug.
BRETTEN (ch) Die nachgestellte „Schlacht um Brettheim“ ist wegen ihrer filmreifen Inszenierung unter Beteiligung zahlreicher in- und ausländischer Mittelaltergruppen alljährlich einer der Hauptanziehungspunkte auf dem Peter-und-Paul-Fest am Samstagabend. Auch diesmal waren die Tribünen in der Simmelturm-Arena schon lange vor Beginn gut gefüllt.
Ohren zu und durch
Das Spektakel begann mit leichter Verspätung, die Truppen trafen erst nach und nach vom Kriegsrat auf dem Marktplatz am Simmelturm ein. Die Regie gab das Zeichen und die Kanonen donnerten. Die Zuschauer waren zuvor gewarnt worden, besser die Finger in die Ohren zu stecken. Nachdem sich der Pulverdampf ein wenig verzogen hatte, rückten die ersten Fähnlein vor, das Hauen und Stechen nahm seinen Anfang. Lautstark und drohend wurden die Spieße und Schwerter gezückt und gepolsterte Pfeile auf den Gegner abgeschossen. Vorderladerbüchsen krachten. Den ersten „Verwundeten“ wurden vom Feldscher an Ort und Stelle Pfeile aus dem Fleisch geschnitten und imaginäre Wunden ausgebrannt, dass das Theaterblut spritzte und manchem Zuschauer angenehm gruselte.
Ein Rumpelstielzchen im Schweden-Trikot
Ein Erzähler hielt das Volk jeweils auf dem Laufenden über die dargestellten Szenen, deren Ablauf auf der Chronik des Georg Schwartzerdt über die Ereignisse im Jahre 1504 basiert. Sie schildert unter anderem die Belagerung durch den württembergischen Herzog Ulrich und den erfolgreichen Ausfall der Belagerten. Die drohende Meuterei von Albrecht Schedels Fähnlein wegen ausbleibenden Solds und zwei gefallenen Kollegen konnte von den reichen Bürgern gerade noch abgewendet werden. Doch was war das? Ein einzelner Verteidiger schlich sich übers Schlachtfeld zum Lager der Württemberger, förderte unter seinem Wams einen veritablen Fußball zutage und riss sich die Rüstung vom Leib, sodass darunter ein gelbes „Schweden-Trikot“ sichtbar wurde. Der überraschte Gegner war baff. „Hinaus, hinaus, du bist raus“, schrie der Spaßvogel in Anspielung auf das frühzeitige deutsche Aus bei der Fußball-WM in Russland, gebärdete sich wie Rumpelstielzchen und hatte prompt die Lacher im Publikum auf seiner Seite.
Action-Cams und eine Mahnung
Doch nach dieser komödiantischen Einlage wurde die Sache gleich wieder ernst. Hin und her wogte das Gefecht. Die einen gebrauchten List, die anderen witterten Verrat. Gerade noch rechtzeitig traf Verstärkung ein. Am Ende war das Feld übersät mit Opfern. Nicht nur ein professionelles Kamerateam filmte das erschröckliche Schauspiel, auch manch einem Laiendarsteller war das persönliche Erleben nicht genug, wie auf Helme und Rüstungen montierte Action-Cams erahnen ließen. Und damit auch die Zuschauer ein Gefühl dafür bekämen, wie es sich vor 500 Jahren anfühlte, einem mord- und plünderungslüsternen Landsknechtshaufen gegenüber zu stehen, rückte die vereinte Theatertruppe zum Schluss noch mit lautstarkem Gebrüll und gezückten Spießen auf das versammelte Publikum vor. Ein Spiel nur, gewiss. Aber wer weiß, vielleicht auch eine Mahnung an die schlafende Bestie im Menschen.
Alle Fotos: ch
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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