Peter-und-Paul-Sonntag 2017: Beim Scharfrichter fließt Theaterblut
(ch) „So, jetzt noch ein Gruppenbild fürs Archiv.“ Das fotogene Lächeln einiger Mitglieder der Scharfrichter-Gruppe kontrastierte mit dem grausamen Gegenstand, den sie darstellten.
Im Scharfrichter-Lager vor dem Brettener Rathaus gingen am Sonntagvormittag die Vorbereitungen für den Festumzug in die Endphase: „Die scharfrichterlichen Werkzeuge werden geölt und auf ihre Funktion geprüft, um sie dem Volk vorzuführen“, erläuterte „Hexenriecher“ Peter Fernsel.
Darstellung der dunklen Seite des Mittelalters
Hexenriecher? „Ja, seit ich als städtischer Schwertträger und Folterknecht im Ruhestand bin, habe ich mich auf die Hexenriecherei verlegt“, erzählte Fernsel und fügte hinzu: „Ich kann feststellen, ob jemand eine Buhlschaft mit dem Teufel eingegangen ist.“ Wahrlich finsterster Aberglaube, der bis Ende des 16. Jahrhunderts auch im Kraichgau seine Opfer fand. Peter Fernsel und seine Leute stellen diese dunkle Seite des Mittelalters schon seit 26 Jahren während des Peter- und Paul-Fests dar. Den Scharfrichter verkörpert seit sechs Jahren Matthias Fenchel.
"Wir wollen nicht schockieren, sondern aufklären"
Jede Menge Utensilien, die Passanten erschaudern ließen, hatten die 16 Gruppenmitglieder ausgestellt: In Griffweite, direkt hinter der Kette, die das Lager von der Flaniermeile auf dem Seedamm trennte, stand zum Beispiel der blutige Richtblock. Darauf eine „abgehackte Hand“, eine damals übliche Bestrafung für Diebe. Daneben baumelte in einem Holzgestell ein eiserner Käfig mit Gefangenen, im Hintergrund ein Gehenkter. „Wir wollen nicht schockieren, sondern aufklären, wie es damals war“, beteuerte Peter Fernsel. Dabei gewähre man den Zuschauern auch einen Blick „hinter die Kulissen“: Die „abgehackte Hand“ war aus Gummi, der Gehenkte war eine Puppe, das überall verschmierte Blut kam aus einer Tube mit „Theaterblut“ und die „Gefangenen“ waren Kinder, die von Vorübergehenden keck „einen Taler“ für ein Foto verlangten.
Im schlimmsten Fall Genickbruch
Allerdings ist die Darstellung der aus heutiger Sicht unmenschlichen mittelalterlichen Justiz noch heute gefährlich. Vorsorglich verband ein Büttel den Frauen, die als „Schandweiber“ an eisernen Ketten beim Umzug durch die Gassen geschleppt wurden, die Handgelenke, um sie vor Schaden zu bewahren. Auch Marco Weber, der es als bedauernswerter „Schandmaskenträger“ beim Umzug nicht an dramatischen Szenen fehlen lässt, hatte beileibe keinen einfachen Job. „Wenn er sich falsch bewegt, könnte er sich im schlimmsten Fall das Genick brechen“, meinte Peter Fernsel, um sogleich zu beruhigen: „Aber wir passen aufeinander auf.“ Und noch etwas verriet der Spezialist für mittelalterliche Hexerei: Nach vielen Jahren der Beschäftigung mit dem Thema sei er "ein vehementer Gegner der Todesstrafe".
Alle Fotos: ch
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Autor:Chris Heinemann aus Bretten |
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