Schadenfreie Jahre sind das A und O bei der Kfz-Versicherung
Expertentipps für Fahranfänger und zum Versicherungswechsel
(pr-nrw) Wenn es um die Höhe des Beitrags für die Kfz-Versicherung geht, spielt ein Faktor eine besonders große Rolle: die Schadenfreiheitsklasse oder SF-Klasse. Fahranfänger bekommen das besonders zu spüren, weil sie noch keinen Rabatt für schadenfreien Jahre bekommen und in eine teure SF-Klasse eingestuft werden. Doch auch Autofahrer, die schon lange unfallfrei fahren, sollten bei einem Versicherungswechsel auf die Bedingungen der verschiedenen Anbieter achten. Weder die Einstufung in eine SF-Klasse noch die zugeordneten Rabatte sind einheitlich geregelt. Eine Rückstufung wegen eines Schadenfalls wirkt sich je nach Versicherer unterschiedlich stark auf den Versicherungsbeitrag aus. Wie Fahranfänger eine teure Einstufung vermeiden können und worauf man mit Blick auf die SF-Klasse bei einem Wechsel der Versicherung achten sollte, dazu informierten Kfz-Versicherungsexperten am Lesertelefon. Hier die wichtigsten Tipps zum Nachlesen.
Einstufung bei Fahranfängern
Kann ich als Fahranfänger die Einstufung in eine teure SF-Klasse überhaupt vermeiden?
Ralf Dünow: Wenn Sie gerade Ihren Führerschein gemacht haben und Ihr eigenes Auto selbst versichern, werden Sie wegen fehlender schadenfreier Jahre aufgrund der fehlenden Fahrpraxis normalerweise in die SF-Klasse 0 eingestuft. Dann können Sie den Versicherungsbeitrag vor allem senken, indem Sie ein Auto mit günstiger Typklasse fahren. Eine Alternative kann zudem eine so genannte Familienversicherung sein, also wenn mehrere Fahrzeuge einer Familie bei ein und demselben Anbieter versichert werden.
Ich will das Auto meiner Eltern mitnutzen. Wird die Versicherung für sie dadurch teurer?
Thomas Jäckel: Wenn bei einem Fahrzeug ein neuer Fahrer hinzukommt, muss die Kfz-Versicherung geprüft werden und soweit erforderlich eine Anpassung der Tarifmerkmale erfolgen. Insbesondere wenn ein junger Nutzer hinzukommt, kann der Beitrag erheblich steigen. Genau hier setzen neue Modelle wie Start & Drive von AXA an: Der Fahranfänger darf dort versicherte Pkw fahren, ohne dass er in der Kfz-Versicherung als Nutzer angegeben werden muss. Die Kfz-Versicherung bleibt für die Eltern unverändert günstig. Gleichzeitig baut der Fahranfänger einen eigenen Schadenfreiheitsrabatt in Form einer Sondereinstufung auf: Die erste Einstufung erfolgt in SF-Klasse 3.
Eine eigene Versicherung kann ich mir für mein Auto nicht leisten. Kann ich den Wagen als Zweitwagen meiner Eltern anmelden?
Norbert Roemers: Das ist eine bewährte Möglichkeit, von Anfang an eine bessere SF-Klasse zu erhalten, allerdings stufen Versicherungen Zweitwagen, die auch von Fahranfängern gefahren werden, sehr unterschiedlich ein. Hier lohnt es sich also, genau zu vergleichen. Es kann sinnvoll sein, wenn mehrere Fahrzeuge bei einem Unternehmen versichert werden, weil es dann einen besonderen Rabatt geben kann. Schadenfreie Jahre kann ein Fahranfänger so übrigens auch sammeln: Der für den Zweitwagen – oder für weitere zusätzliche Fahrzeuge – eingeräumte Schadenfreiheitsrabatt kann nach einigen Jahren auf den jungen Fahrer übertragen werden. Voraussetzung ist, dass der bisherige Vertragsinhaber auf den Schadenfreiheitsrabatt für diesen Vertrag verzichtet. Seinen SF-Rabatt für alle anderen Verträge behält er.
Welche Möglichkeiten gibt es für Fahranfänger noch, die Versicherungsprämie zu senken?
Knut Schubert: Zum einen lässt sich über die Wahl eines Fahrzeugs mit günstiger Typklasse sparen, zum anderen durch den Versicherungsumfang: Bei einem älteren Fahrzeug kommt man zum Beispiel eher mit einer Teilkasko aus. Einen Nachlass bei der Versicherung gibt es häufig auch für die Teilnahme am begleiteten Fahren. Ein erhebliches Einsparpotenzial bieten so genannte Telematik-Modelle, bei denen das Fahrverhalten bewertet und bei einem guten Ergebnis ein Nachlass eingeräumt wird.
Wie funktioniert ein Telematik-Tarif?
Knut Schubert: Das kommt auf den Anbieter an. Manche Versicherer verlangen den Einbau einer Telematik-Box im Auto, bei anderen – darunter die AXA – laden Nutzer eine kostenlose App auf ihr Smartphone. Die App analysiert, wie oft und stark der Fahrer beschleunigt oder bremst, wie schnell er unterwegs ist, und ob er eher Kurz- oder Langstrecken fährt. Aus den anonymisiert übertragenen Daten wird ein Score-Wert errechnet, der den Bonus bestimmt. Bei AXA beispielsweise können sich Kunden In einem selbstgewählten Zeitraum von maximal zwölf Wochen für einen Bonus von bis zu 15 Prozent qualifizieren und ihre Versicherungsprämie dadurch dauerhaft deutlich senken. Das Angebot richtet sich an junge Fahrer bis einschließlich 29 Jahre oder an den jüngsten Mitnutzer bis einschließlich 22 Jahren.
Ich habe gehört, dass ich mir schadenfreie Jahre „übertragen lassen“ kann. Wie funktioniert das?
Ralf Dünow: In der Regel ist die Übertragung eines SF-Rabatts nur an Verwandte ersten Grades möglich. Und es können nur so viele schadenfreie Jahre übernommen werden, wie ich sie seit Aushändigung des Führerscheins hätte „erfahren“ können. Bei der Einstufung spielen aber auch eventuelle Vorschäden eine Rolle. Auch Sondereinstufungen gehen normalerweise verloren, manche Versicherer machen aber auch Ausnahmen. Versicherungsvergleichsportale können solche Feinheiten übrigens nicht berücksichtigen. Es lohnt es sich also, sich rechtzeitig individuell beraten zu lassen.
Einstufung bei Schaden oder Wechsel der Versicherung
Ich überlege, die Kfz-Versicherung zu wechseln. Wie kann ich die Rückstufungsregelungen von verschiedenen Versicherungen vergleichen?
Norbert Roemers: Hier hilft nur eigene Recherche. Vergleichsportale helfen Ihnen hier nicht weiter. Am besten ist es daher, einen Blick in die jeweiligen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kfz-Versicherung (AKB) zu werfen. Die jeweiligen Tabellen mit den Beitragssätzen und Rückstufungen sind im „Anhang 1“ abgebildet. Die meisten Versicherungen halten ihre Bedingungen im Internet zum Herunterladen breit. Auf Nummer sicher gehen Sie, wenn ein zugelassener Versicherungsberater die Konditionen für Sie vergleicht.
Lohnt es sich, einen Schaden „zurückzukaufen“, um eine schlechtere Einstufung zu vermeiden?
Knut Schubert: Die Übernahme des Schadens kann billiger sein als die in manchen Fällen jahrelange Steigerung der Versicherungskosten durch eine Rückstufung. In der Kfz-Haftpflichtversicherung kann man übrigens die Regulierung getrost dem Versicherer überlassen. Bei Schäden bis zu einem Betrag von 500 Euro teilt einem der Versicherer nach der Regulierung die Höhe der Entschädigung mit und man kann dann den Betrag erstatten, um die Rückstufung zu vermeiden. Oft gelten auch höhere Grenzen. Der Vorteil dieser Regelung ist, dass man sich nicht selbst mit dem Unfallgegner auseinandersetzen muss. Die Prüfung der Haftung und der Schadenhöhe übernimmt der Versicherer. Übrigens: In der Vollkasko ist dieser „Rückkauf“ oft nicht möglich. Auch hier lohnt es sich rechtzeitig in die jeweiligen Bedingungen zu schauen.
Was ist ein so genannter Rabattschutz oder ein Rabatt-Retter?
Thomas Jäckel: Gemeinsam ist beiden, dass sie die Rückstufung im Schadenfall während der Laufzeit des Vertrages beim aktuellen Versicherer zu verhindern helfen. Wechselt man den Versicherer, geht die Wirkung verloren. Der Rabatt-Retter ist meist direkt in die Rückstufungstabellen integriert: Hat man eine sehr hohe SF-Klasse, wird der Vertrag bei einem Schaden zwar zurückgestuft, aber der Beitragssatz bleibt unverändert. Durch die Rückstufung wird es also nicht unmittelbar teurer. Der Rabatt-Retter war früher sehr verbreitet, heute gibt es ihn aber kaum noch. Der Rabattschutz verhindert ebenfalls die Rückstufung im Schadenfall. Der Vorteil: Er wirkt nicht erst bei sehr hohen SF-Klassen, sondern kann meist schon ab SF-Klasse 4 abgeschlossen werden. Allerdings gibt es den Rabattschutz nicht ohne Mehrbeitrag – man muss ihn hinzubuchen.
Kann ich eine Rückstufung wegen eines Schadens verhindern, wenn ich den Versicherer wechsele?
Ralf Dünow: Nein, das System lässt sich nicht umgehen. Um den Schadenverlauf – also die schadenfreien Jahre – bei einem Wechsel übernehmen zu können, nennt man im Antrag den früheren Versicherer. Dann erfolgt ein Datenaustausch zwischen den Versicherern, bei dem mitgeteilt wird, wie der Vertrag bisher verlaufen ist und welche Schäden zuletzt angefallen sind. Auf dieser Basis erfolgt dann die Einstufung beim neuen Versicherer. Wichtig: Bei diesem Datenaustausch werden Sondereinstufungen nicht berücksichtigt. Man sollte vorher prüfen, welche SF-Klasse an den neuen Versicherer bestätigt wird und bei Bedarf rechtzeitig das Gespräch mit dem neuen Versicherer suchen.
Ich hatte jahrelang einen Dienstwagen. Kann ich die unfallfreien Jahre auch privat nutzen, um in eine günstigere SF-Klasse zu kommen?
Thomas Jäckel: Nur wenn ein konkreter Schadenverlauf vorhanden ist, der Ihnen zugeordnet werden kann, ist es möglich diesen auf Sie zu übertragen. Ihr Arbeitgeber muss dazu auf diese schadenfreien Jahre verzichten. Das macht nicht jeder. Außerdem gibt es in vielen Unternehmen spezielle Kfz-Versicherungen für die Absicherung der Flotten. Auch dann gibt es diese Möglichkeit nicht. Ich empfehle Ihnen in diesem Fall, sich an Ihren Versicherungsvermittler zu wenden und sich beraten zu lassen. Manchmal sind günstigere Einstufungen möglich, zum Beispiel aus alten Kfz-Versicherungen, die man vor dem Dienstwagen hatte.
Ich bin über 70 Jahre alt und benötige gesundheitsbedingt ein rollstuhlgerechtes Auto. Worauf sollte ich bei der Versicherung achten?
Norbert Roemers: Das Fahrzeug kann auf Sie als Halter angemeldet werden, Versicherungsnehmer sollte allerdings nach Möglichkeit eine jüngere Person sein, wenn Sie das Auto nicht selbst fahren. Der Grund: Viele Gesellschaften verlangen ab einem Alter von 70 Jahren eine deutlich höhere Prämie – unabhängig von Ihrem Schadenfreiheitsrabatt. Achten Sie übrigens auch darauf, dass die eingebaute Sonderausstattung mitversichert ist.
Autor:Havva Keskin aus Bretten |
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