Post aus Bretten für Volker Wissing
Aktionsbündnis fordert Einstellung der Planungen für Ortsumfahrung

Beim Infotag des Aktionsbündnisses am Rinklinger Grillplatz am 3. Oktober informierten sich viele Besucher über die Südwestumgehung und unterschrieben den offenen Brief.  | Foto: privat
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  • Beim Infotag des Aktionsbündnisses am Rinklinger Grillplatz am 3. Oktober informierten sich viele Besucher über die Südwestumgehung und unterschrieben den offenen Brief.
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Bretten (ger) Die Argumente gegen die geplante Ortsumfahrung in Bretten werden nun an das Bundesverkehrsministerium in Berlin herangetragen. Die Südwestumgehung soll von der B294 über den Rechberg nahe an Rinklingen vorbei auf die B35 führen. Sie ist im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 mit vordringlichem Bedarf gelistet und wird vom Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe im Auftrag des Bundes geplant. Das Aktionsbündnis Klima – Natur –Verkehr, zu dem sich Einzelpersonen, Vereine und Organisationen zusammengeschlossen haben, namentlich die Ortsvereine von BUND, NABU und Omas for Future, Grüne Jugend Kraichgau, der Obst- und Gartenbauverein Rinklingen sowie die Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten (BIVEB), fordert in einem offenen Brief Bundesverkehrsminister Volker Wissing auf, die Planungen für die Südwestumgehung einzustellen und „stattdessen den Umstieg auf eine klima- und umweltfreundliche sowie soziale Mobilität entschlossen voranzubringen.“

"Naturschädlichste Variante"

Volker Behrens ist Mitglied im Vorstand des NABU Bretten und hat den Brief mitformuliert. Die Liste der aufgeführten Argumente wird von Klimakrise, Natur- und Wasserschutz angeführt, weiter spielen die Auswirkungen auf die Landwirtschaft und konkret auf die Verkehrssituation in Bretten eine wichtige Rolle. Mit Blick auf den Naturschutz sei gerade die Südwestumfahrung im Vergleich zu einer ortsnahen Umfahrung die mit Abstand am naturschädlichste Variante, erläutert Behrens auf Nachfrage. Die Trasse führt durch ein FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat), das zu einem Netz aus Schutzgebieten in Europa gehört. Dabei plant das RP, das FFH-Gebiet zu seinem Erhalt zu untertunneln. Ob das überhaupt technisch möglich sei, müsse erst geprüft werden. Um einen Tunnel im Untertagebau erstellen zu können, müssen, so Behrens, bestimmte Bedingungen gegeben sein. So muss zum Beispiel die obere Erdschicht eine bestimmte Stärke aufweisen. Wie die Untersuchungen dafür ausgehen, sei unklar. Ferner führe die Trasse nicht nur durch ein FFH-, sondern auch durch ein Wasserschutzgebiet, in dem Tunnelarbeiten formal gar nicht erlaubt seien.

Mobilitätskonzept für Verkehrsentlastung

Weiter sei die Umgehung nicht hilfreich für eine nötige Verkehrswende aus Klimaschutzgründen. Neben guten, umweltfreundlichen Angeboten für die private Mobilität wie den Ausbau des Personennahverkehrs und besserer Bedingungen für Radfahrer und Fußgänger müsse der Güterverkehr mehr auf die Schiene verlegt werden, um den Schwerlastverkehr auf der Straße insgesamt zu verringern. „Das geht natürlich nicht kurzfristig, aber auch die Umgehung wird erst in zehn Jahren da sein“, stellt Behrens klar.
Thomas Holland-Cunz, der den offenen Brief für die Bürgerinitiative Verkehrsentlastung Bretten (BIVEB) unterzeichnet hat, betont, dass das Mobilitätskonzept der Stadt Bretten schon viel für Verkehrsentlastung vorsehe. Mit Blick darauf, dass das Hauptverkehrsaufkommen in Bretten Ziel- und Quellverkehr sei, müsse man in erster Linie hier ansetzen. Zudem weist er wie auch Behrens darauf hin, dass der Bund die Südwestumgehung zusammen mit den Umfahrungen um Bauschlott und Bruchsal als ortsfreie Verbindung zwischen den Autobahnen 5 und 8 plane, was laut Prognosen mehr Verkehr in die Region bringen werde. In der Brettener Innenstadt selbst geht die vom RP beauftragte Verkehrsuntersuchung von einer Entlastung von höchstens 15 Prozent durch die Umfahrung aus.

Flurbereinigung als Folge

Der Straßenbau werde auch landwirtschaftliche Flächen und Streuobstwiesen versiegeln. „Bei Ausbruch des Ukraine-Kriegs hatten wir sofort auch eine Lebensmittelkrise“, verweist Holland-Cunz auf den hohen Stellenwert der regionalen Nutzflächen. Und schließlich werde der Trassenbau auch zur Flurbereinigung führen und ein Naherholungsgebiet mit Tierpark, Kletterwald sowie der Rinklinger Grillhütte beeinträchtigen.

Ist Fernstraßenausbau mit Urteil des Bundesverfassungsgerichts vereinbar?

Wie steht es nun aber um die Erfolgsaussichten des Ansinnens, die Südwestumgehung zu verhindern? Behrens sieht durchaus Chancen. Schließlich habe das Bundesverfassungsgericht mit seinem Beschluss im April 2021 die Klimaschutzvorgaben deutlich geschärft. Der Bundesverkehrswegeplan stamme von 2016 und beruhe auf Prognosen von 2014, da sei es fraglich, ob gerade der Fernstraßenausbau mit dem Urteil vereinbar sei. Der Abschnitt der A20 zwischen Bremen und Hamburg sei auf Klage des BUND gekippt worden. Und die B10-Umgehung in Enzweihingen ruht derzeit nach einer einstweiligen Verfügung nach Eilanträgen von Naturschutzverbänden. „Was untypisch ist: Hier hat das Gericht gesagt, dass die Klage voraussichtlich Erfolg haben wird“, so Behrens. „Und in der Güterabwägung wird festgestellt, dass ein Tunnel zumutbar ist.“ Falls der Auto- und Schwerlastverkehr weiter zunehme, weil politisch nicht gegengesteuert werde, brächte in Augen des NABU auch in Bretten eine Tunnellösung unter den Scheuerwiesen im Südosten der Stadt am wenigsten Schaden an der Natur. Diese Variante werde vom RP aber nicht weiterverfolgt.

Der offene Brief kann entweder online auf der Internetseite des Bündnisses www.klima-natur-verkehr.de oder an Infoständen bei Aktionen vor Ort unterzeichnet werden, so am 7. und am 21. Oktober beim Abendmarkt in Rinklingen oder am 22. Oktober beim Mostfest des OGV Rinklingen am Grillplatz. Ende Oktober schickt ihn das Aktionsbündnis an Wissing und seine Staatssekretäre sowie zur Kenntnis an einige Adressaten des Bundestags, der baden-württembergischen Landesregierung, des RP Karlsruhe und der Stadtverwaltung Bretten.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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