Emotionale Gemeinderatssitzung zum Sachstand
"Das Bad gehört zu Diedelsheim"

Setzt sich mit seinem Ortschaftsrat für den Erhalt des Schwimmbads im Ort ein: Der Diedelsheimer Ortsvorsteher Martin Kern. | Foto: ger
  • Setzt sich mit seinem Ortschaftsrat für den Erhalt des Schwimmbads im Ort ein: Der Diedelsheimer Ortsvorsteher Martin Kern.
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Bretten (ger) "Dass unser Schwimmbad dringend renovierungsbedürftig ist, weiß man nicht erst seit heute." Mit diesem Satz legte der Diedelsheimer Ortsvorsteher Martin Kern in der gestrigen Sitzung des Gemeinderats den Finger in die Wunde. Schon vor 20 Jahren sei das Gebäudedach undicht und der technische Zustand des Bades – wie die ganze Schule 1968 fertiggestellt – nicht mehr auf der Höhe der Zeit gewesen. Aber bereits die damalige Verwaltung habe beschlossen, zu reparieren statt zu sanieren, so Kern weiter und bemängelte mit Blick auf die durch Energiekrise und Pandemie jetzt klammen Kassen: „Damit hat man den Zeitpunkt verpasst, an dem eine Sanierung finanziell möglich gewesen wäre.“

"Das Erbe für die Kinder weitertragen"

Das derzeitige Top-Thema der Brettener Kommunalpolitik hatte viele Diedelsheimer in die Sitzung getrieben, die in der Fragestunde etliche Argumente für den Erhalt des Bades aufzählten. Der Vorwurf, dass die Stadtverwaltung beim Erhalt des Bades Wichtiges versäumt habe, und zwar mit Absicht, schwang bei vielen Äußerungen mit. Alexandra Grenzhäuser vom Verein Lasso, wie auch der ehemalige Stadtbaudirektor Gunter Lange betonten die Wichtigkeit des Bades für den Gesundheitssport. Der frühere Grünen-Stadtrat Harald Müller argumentierte wie Ortsvorsteher Kern damit, dass Diedelsheim bei seiner Eingemeindung nach Bretten 1975 eine moderne Schule mit Schwimmbad mitgebracht habe. Bei deren Bau sei die damals noch eigenständige Gemeinde auch nicht in Geld geschwommen. „Warum sieht sich die Stadt nicht in der Pflicht, dieses Erbe für die Kinder weiterzutragen?“, fragte er. Auf die Frage von Verena Foos vom Förderverein der Schwandorfschule, warum man sich nicht um die Fördergelder für Sportstätten bemüht habe, erwiderte der OB, dass das Bad dann auch barrierefrei werden und für die Öffentlichkeit offenstehen müsse.

"Das Bad gehört zu Diedelsheim"

Monika Czolk, Rektorin der ebenfalls auf dem Gelände ansässigen Pestalozzischule, einer Förderschule für Kinder mit Lern- und Entwicklungsverzögerungen, machte deutlich, dass ihre Schüler bisher das Glück hatten, im angegliederten Bad schwimmen zu lernen, eine Fähigkeit, die ihnen die Eltern aus finanziellen oder anderen persönlichen Gründen oft nicht ermöglichen können und für die sie auch kontinuierliche Übung über mehrere Schuljahre brauchten. „Hier geht es um mehr als Geld, nämlich um die Chance auf Teilhabe an der Gesellschaft“, sagte sie. Und Birgit Wendnagel, Rektorin der Schwandorfgrundschule Diedelsheim, ergänzte, dass das Bad bis zu seiner Schließung im April dieses Jahres werktags durchgehend von 7.30 bis 20.45 Uhr und auch an Samstagnachmittagen belegt war und zweifelte an, dass das alles in der Brettener Bäderwelt aufgefangen werden könnte. „Das Bad gehört zu Diedelsheim und zu unserem Schulprofil“, betonte sie.

Sanierungskosten von 24 Millionen Euro

Der aktuelle Sachstand, den Fabian Dickemann, Leiter des Amts Bauen, Gebäudemanagement und Umwelt, dann vorstellte, bezog sich auf die ganze Schwandorfschule: Auf den Bau A mit den Klassenzimmern, den Bau B aus Turnhalle und Schwimmbad sowie den Bau C, in dem die Schulverwaltung untergebracht ist. Die Gebäude bestehen aus Stahlbetonskeletten mit Flachdächern, alles ungedämmt. Die Fenster wurden vor zehn bis 20 Jahren umfassend erneuert. Im Bau B ist auch die Energieversorgung für den Komplex untergebracht. Der Schulstandort, inklusive Pestalozzischule soll an das Nahwärmenetz der Stadtwerke angeschlossen werden. Die grobe Kostenschätzung, der weder abgestimmte Pläne noch Bauteiluntersuchungen zugrunde liegen und die auch keiner Grundsanierung entspricht, kommt auf Sanierungskosten von 18 Millionen Euro. Dabei entfallen auf das Bad allein fünf Millionen Euro. Enthalten wären darin Brandschutzmaßnahmen, vollständige Dachsanierung inklusive Dämmung und Photovoltaik-Anlagen, die Erneuerung der Elektrik sowie der Wasserleitungen, Sanierung der Sanitärräume und kleinere Maßnahmen an der Fassade. Außerdem der Austausch des Heizungsverteilers, die Anbindung an das Nahwärmenetz und die Sanierung des Bades. Letztere besteht im Austausch des Beckens, des Hubbodens und der Schwimmbadtechnik. Würde man weitere energetische Maßnahmen vornehmen, käme das Vorhaben auf über 24 Millionen Euro, so die Verwaltung.

Stiftungsverein für das Bad?

Die Gemeinderäte hatten nachmittags Gelegenheit gehabt, die Schule samt Bad in Augenschein zu nehmen, was, wie Wolff betonte, auch die Öffentlichkeit bald tun könne. Bernd Neuschl (CDU) bekundete, seine Fraktion habe wahrgenommen, dass das Bad den Bürgern wichtig sei. Würde man das Geld für die Sanierung zusammenbekommen, bliebe aber die Frage, wer in Zeiten steigender Energiekosten und drohenden Wassermangels für den Unterhalt aufkäme. Daher schlage die CDU vor, einen Stiftungsverein für das Bad zu gründen. Hermann Fülberth (aktive) fragte angesichts der anfallenden Millionen, die für die Sanierung nötig seien: „Was versteht man in Bretten unter Gebäudemanagement?“, und forderte die Verwaltung auf, immer drei Monate vor der Haushaltsklausur einen Bestandsbericht über die wesentlichen Immobilien der Stadt vorzulegen.

"Priorität auf Funktionieren der Schule"

Otto Mansdörfer (Grüne) gab zu verstehen, dass bei der kameralistischen Haushaltsführung, wie sie bis vor zwei Jahren üblich war, Instandsetzungen als Haushaltspuffer oftmals ausgesetzt worden seien, was der Schule offensichtlich nicht gut getan habe. Er plädierte für die energetischen Maßnahmen und wünschte realistische Zahlen. Insgesamt seien alle Varianten zu diskutieren, wobei eine Priorität auf dem Funktionieren der Schule liege. Edgar Schlotterbeck (SPD) merkte an, es nutze ja nichts herauszufinden, ob in der Vergangenheit etwas versäumt worden sei oder nicht. Man müsse nach vorne schauen und "an alles richtig rangehen". Dabei könne man dann auch an das Bad denken, dass ja dann nur ein Fünftel des Geldes in Anspruch nehme. Andreas Laitenberger (AfD) warf der Verwaltung vor, Gelder nur in der Kernstadt und nicht in den Stadtteilen auszugeben. „Dabei sollte Schule, Bildung und Kultur so wichtig sein wie alles, was mit Blaulicht zu tun hat.“ Bürgermeister Michael Nöltner, der für die Schulen zuständig ist, wies das zurück, mit dem Hinweis, dass im Haushalt 2023 von den 11,25 Millionen Euro Gesamtinvestitionen des Bauamts allein 7,61 Millionen Euro für Schulen vorgesehen seien.

Autor:

Katrin Gerweck aus Bretten

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