Fipronil-Skandal: Regionale Eier stärker gefragt

Heimische Betriebe vom Skandal um belastete Eier nicht betroffen.

Bretten/Knittlingen/Oberderdingen (hk) Ein Vorfall beschäftigt zurzeit die europäischen Behörden und sorgt für große Besorgnis bei Verbrauchern: Anfang vergangener Woche entdeckten Lebensmittelkontrolleure, dass niederländische Hühnerställe mit einem Anti-Läusemittel („Dega-16“) desinfiziert wurden, dem ein belgischer Hersteller das für Nahrungsmittel verbotene Gift Fipronil beigemischt hatte. Dieses Gift haben die Hennen beispielsweise über die Haut aufgenommen, Rückstände wurden auch in den Eiern dieser Tiere nachgewiesen. In der Regel setzt sich das Anti-Läusemittel lediglich aus ätherischen Ölen wie Menthol und Eukalyptus zusammen. Nach dem Befund ließ man Millionen von verseuchten Eiern aus Supermärkten zurückrufen. Die Brisanz um den Vorfall nahm zu, als das niedersächsische Landwirtschaftsministerium mitteilte, dass das Mittel auch in mindestens fünf deutschen Betrieben zum Einsatz kam. Nun soll untersucht werden, ob die Betriebe davon Bescheid wussten. Inzwischen geht man davon aus, dass mehr als zehn Millionen potentiell belastete Eier in Deutschland im Umlauf sind.

Regionale Betriebe bleiben von Skandal verschont

Während große Supermarketten wie Aldi Nord und Süd momentan sogar komplett auf den Verkauf von Eiern verzichten, bleiben regionale Betriebe von dem Skandal verschont. „Da wir nur Eier aus der eigenen Freilandhaltung, maximal noch von einem Partnerbetrieb aus der Region verkaufen, betrifft uns der Skandal um das Insektizid Fipronil glücklicherweise nicht direkt“, versichert Klaus Dobler, Geschäftsführer der Störrmühle in Knittlingen. Die Reinigung und Desinfizierung der Ställe liege in der eigenen Verantwortung, der Kot werde jede Woche entfernt: „Dabei verwenden wir nur Reinigungsmittel, die in Deutschland produziert und DLG geprüft sind“, erklärt Dobler. Nach Bekanntwerden des Skandals hat sich auch Tobias Burkhard vom gleichnamigen Hühner- und Pferdehof nochmals vergewissert, dass die eigenen Reinigungsmittel und die seiner Zulieferer „zugelassen und unbedenklich“ seien. Der Betrieb und die Ställe selbst, werden dabei mit einem Desinfektionsmittel gereinigt, das über den Geflügelgesundheitsdienst Karlsruhe bezogen wird. Auf dem Bauernhof von Heiko Leis geht das Tagesgeschäft ebenso weiter wie bisher. Er benutze nur Reinigungsmittel, die im Bio- und Ökobereich zugelassen seien. „Das sind unter anderem Mittel gegen Milben, die keine chemische Wirkung haben.” Zum Beispiel komme ein Staubbad zum Einsatz: Hühner „baden“ sich in Staub und befreien sich so von Milben. Zudem halte er regelmäßig Rücksprachen mit einer Tierärztin.

"Keine Rücksicht auf Gesundheit der Kunden genommen"

Dass Spuren von Fipronil überhaupt im Desinfektionsmittel gefunden wurden, könne auch auf die schwache Wirkung von „Dega-16” zurückzuführen sein, sagt Dobler. „Da die Milben sehr hartnäckig sind und von den ätherischen Ölen wohl nicht befriedigend eliminiert wurden, hat der belgische Hersteller dem Dega-16 das in der Legehennenhaltung verbotene Insektizid Fipronil beigemischt“. Als Folge sehe es Dobler als sehr wahrscheinlich, dass Rückstände ebenso im Fleisch enthalten sein können. Burkhard äußert außerdem die Vermutung, dass der Einsatz von „Dega-16” auch auf die geringen Kosten dafür zurückzuführen ist. „In größeren Betrieben werden oft Subunternehmen beauftragt, die Ställe zu reinigen und zu desinfizieren. Um kostengünstiger zu arbeiten hat man wohl dieses Mittel verwendet, ohne Rücksicht auf die Gesundheit des Kunden zu nehmen“.

"Verantwortung liegt bei den Kunden"

Der Vorfall lenkt den Blick zudem auf das umstrittene Thema „Massentierhaltung“, dass auch von den heimischen Betrieben kritisch gesehen wird. Allerdings liege die Verantwortung auch in den Händen des Verbrauchers, so Burkhard. „Dieser sollte sich direkt beim Einkauf die Frage stellen, ob er diese Agrarriesen mit ihren Megaställen und der Massentierhaltung anschließt oder ob er die regionalen Familienbetriebe unterstützt, um die heimische Landwirtschaft zu stärken“. Laut Burkhard könne nur der Verbraucher selbst etwas verändern, um solche Skandale zu verhindern. Dobler sehe keinen direkten Zusammenhang zwischen der Anzahl an gehaltenen Legehennen und ihrer Lebensqualität. Sehr wohl können aber die Menschen, denen es hauptsächlich um das Wohl der Tiere gehen sollte, darauf Einfluss nehmen. „Es gibt viele Dinge, die der Hühnerhalter gut oder schlecht machen kann“, sagt er. Dazu gehöre gute Luft im Stall und gutes Futter, frisches Wasser, richtiges Licht, Auslauf auf die Wiese und eben auch „eine wirkungsvolle, aber zugelassene Milbenbekämpfung“. Eines jedenfalls ist sicher, der Skandal um Fipronil hat für eine verstärkte Nachfrage bei den regionalen Produkten gesorgt. „Die Verbraucher kaufen jetzt vermehrt regionale Eier. Was uns natürlich sehr freut“, so Dobler. Auch auf seinen Bauernhof kämen nun deutlich mehr Kunden, betonte Leis.

Autor:

Havva Keskin aus Bretten

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