"Sollten offener gegenüber EU sein"
Interview mit Europa-Gemeinderat Lübeck
Bretten (kuna) Der Brettener Stadtrat Wolfgang Lübeck (die aktiven) wurde im Januar zum ersten Europa-Gemeinderat der Melanchthonstadt gewählt. Damit ist er Teil eines Netzwerkes von Lokalpolitikern aus der Europäischen Union, das es seit 2022 gibt. Im Interview mit der Brettener Woche/kraichgau.news erklärt er, was es mit seiner neuen Aufgabe auf sich hat und wie die nächsten Schritte aussehen.
Herr Lübeck, können Sie erklären, was ein Europa-Gemeinderat ist?
Als Europa-Gemeinderat bin ich eines von derzeit 420 Mitgliedern in dem Netzwerk „Europa fängt in der Gemeinde an“. In Deutschland gibt es 27 Europa-Gemeinderäte, sechs davon kommen aus Baden-Württemberg. Unsere Aufgabe ist es, die Politik der EU in der Gemeinde zu kommunizieren. Gleichzeitig können wir innerhalb des europäischen Netzwerks die Stimme für die eigene Gemeinde erheben und auf die Situation vor Ort aufmerksam machen. Dazu muss ich allerdings sagen: Europa-Gemeinderat bin ich jetzt erstmal bis zu den Kommunalwahlen, die im nächsten Jahr stattfinden. Dann stellt sich heraus, ob ich wiedergewählt werde und diese Aufgabe weiterführen kann.
Im Januar wurden Sie vom Brettener Gemeinderat für das Amt gewählt. Was ist seitdem passiert?
Ich stehe bisher noch ganz am Anfang. Bislang gab es ein Online-Kennenlernen für die deutschen Europa-Gemeinderäte. Am 13. und 14. Juni steht ein Treffen in Brüssel an, zu dem die Mitglieder aus ganz Europa eingeladen sind. Ich werde dann natürlich auch dabei sein und im Anschluss im Brettener Gemeinderat davon berichten. Laut Einladung geht es bei dem Treffen darum, die Europäischen Institutionen besser kennenzulernen und eine Schulung mitzumachen. Dabei werden die genauen Aufgaben eines Europa-Gemeinderates sozusagen ihr Gesicht bekommen.
Laut Europäischer Kommission erhalten die Europa-Gemeinderäte Informationen zu verschiedenen Projekten der EU-Politik. Wie sieht das genau aus?
Zur Informationsweitergabe und internen Vernetzung gibt es das Online-Netzwerk "Futurium". Dort gibt es immer wieder Einladungen zu Veranstaltungen wie Webinaren und die Möglichkeit, sich zu Interessensgebieten auszutauschen, für die man sich vorab anmelden konnte. Mein Hauptfokus liegt auf den Themen „Soziales“ und „Integration“, daneben auf „Energie“ und „Klima“. Ich freue mich sehr auf den Austausch, auch wenn ich dann manchmal schauen muss, wie ich meine verschiedenen Aufgaben unter einen Hut bekomme. Denn ich bin ja nicht nur Europa-Gemeinderat, sondern auch Mitglied des Brettener Gemeinderats, was schon einiges an Zeit in Anspruch nimmt. Ich beteilige mich auch an verschiedenen Ausschüssen – und arbeite ja auch noch hauptberuflich in meinem Reisebüro. (lacht)
Laut Beschreibung der Europäischen Kommission heißt es, dass der Europa-Gemeinderat in seiner Gemeinde Informationen zu EU-bezogenen Themen verbreiten soll, die Bürger auf lokaler Ebene betreffen. Was heißt das konkret?
Als Europa-Gemeinderat sehe ich mich als Bindeglied zwischen der Stadtverwaltung, den Bürgern und der Europäischen Union. Ich möchte aus Brüssel berichten, dort aber auch lokale Themen einbringen und die Situation unserer Kommune darstellen. Im Sommer haben wir von "den aktiven" mehrere Termine auf dem Marktplatz in Bretten geplant – dort möchten wir mit einem Stand präsent sein und mit den Bürgern über Kommunal- und EU-Politik ins Gespräch kommen. Ich werde dort dann auch als Europa-Gemeinderat ansprechbar sein.
Als Europa-Gemeinderat nehmen Sie also eher eine kommunikative Rolle ein?
Ja, das ist richtig. Die Politik der EU stößt oftmals auf Frust, außerdem kursieren viele Falsch- und Desinformationen. Dem möchte ich als Europa-Gemeinderat entgegenwirken. Aus meiner Sicht ist diese Mittler-Position zwischen Gemeinde und EU-Kommission deshalb so wichtig, weil die Gemeinden die Basis unserer Gesellschaft bilden und der Schlüssel für die Entwicklung eines geeinten Europas sind.
Was ist für Sie das Gute an Europa?
Ich bin ja nicht nur Brettener, sondern auch Europäer. Aufgrund meines Berufs bin ich viel in Europa und darüber hinaus unterwegs. Dabei habe ich schon viel gesehen und weiß daher die Sicherheit und die Freiheiten, die wir in Europa genießen, besonders zu schätzen. Deswegen denke ich auch, dass man als Bürger offener gegenüber der EU sein und die positiven Seiten sehen sollte, die wir in Europa haben. Das Leben in der europäischen Gemeinschaft ist sehr gut – das zeigt sich beispielsweise daran, dass es innerhalb der EU keine Zollkontrollen gibt. Ich denke, als Europa-Gemeinderat hat man auch die Chance, Europa noch besser zu machen und Einfluss auf die Politik zu nehmen.
Die Fragen stellte Redaktionsvolontärin Kathrin Kuna.
Autor:Kathrin Kuna aus Bretten |
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