Interview mit Fahrlehrer Christian Knösel: „Das Interesse ist stark gesunken“
Bretten/Region (ger)
Immer mehr Fahrschüler rasseln durch ihre Prüfungen: Laut einer Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes lag die Theorie-Durchfallquote 2018 bei 37,8 Prozent (2016: 35,8 Prozent) und die Praxis-Durchfallquote bei 24,1 Prozent (2016: 22,4 Prozent). Die Brettener Woche hat bei Christian Knösel, Inhaber der Fahrschule Hauber in Bretten, nachgefragt.
Können Sie den Eindruck bestätigen, dass die Durchfallquote tatsächlich steigt?
Bundesweit trifft diese steigende Durchfallquote bestimmt zu. In unserer Region und in unserer Fahrschule ist die Quote der bestandenen Prüfungen konstant hoch, zumindest bei der praktischen Prüfung. Bei der theoretischen Prüfung ist ein negativer Trend zu beobachten.
Welche Gründe könnte es haben, dass junge Menschen die Prüfungen als zu schwer empfinden bzw. bei den Prüfungen statistisch gesehen öfter durchfallen?
Das Interesse am Führerschein ist stark gesunken, hat nicht mehr die Priorität wie früher. Die Fahrschule wird eher als Nebensache angesehen, die neben Freizeit, Sport und anderen Hobbys herläuft. Viele Schüler kommen völlig ohne Vorkenntnisse, da sie noch kein Kontakt zu anderen Fahrzeugen wie Mofas hatten. Viele wissen nicht einmal, wo welches Pedal ist.
Tatsächlich ist die Prüfung auch gar nicht schwerer als früher. Die Theorie ist nur um weniges komplexer und die Fragenanzahl ist gleich geblieben. Gerade die Theorieprüfung ist eine reine Lernsache. Ich habe auch oft den Eindruck, dass es die Schüler nicht einmal stört, wenn sie durchfallen. Manche melden sich auch gar nicht aus freien Stücken an, sondern werden von den Eltern dazu gedrängt, den Führerschein zu machen. Da ist dann natürlich auch kein Zug dahinter. Und gerade beim Führerschein mit 17 sind einige noch gar nicht selbstständig genug.
Was können Sie Fahranfängern empfehlen, die große Angst vor den Prüfungen haben?
Von Angst würde ich nicht sprechen, eher vielleicht von Unsicherheit. Hier ist es auch die Aufgabe des Fahrlehrers zu entscheiden, wann der Schüler bereit ist, wann er genug Übung hat. Je nach Vorkenntnissen, Auffassungsgabe, Talent zum Autofahren und dem eigenen Willen kann es ganz unterschiedlich sein, wie viele Stunden ein Schüler vor der Prüfung benötigt. Wichtig ist hier auch die Kontinuität, also dass man regelmäßig Fahrstunden nimmt und nicht alle zwei Wochen mal eine.
Können Sie der Aussage „Handy und Internet haben dem Führerschein den Rang abgelaufen“ zustimmen?
Zum Teil schon. Man darf sich den Neuheiten ja nicht verschließen und gerade für die Theorie ist es sehr nützlich, am PC oder Smartphone lernen zu können. Ich empfehle meinen Schülern immer, ab und zu mal drauf zu verzichten. Zum Beispiel auch, wenn ein Fahrschüler nach der Praxisstunde noch mitfährt, wenn ein anderer Schüler am Steuer sitzt. Statt auf der Rückbank nur ins Handy zu gucken, ist es sehr nützlich, dem anderen beim Fahren zuzuschauen.
Die Fragen stellte Katrin Gerweck
Autor:Katrin Gerweck aus Bretten |
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